Brenda Joyce
wie sie.
Er nahm ihr Gesicht erneut in beide Hände, diesmal jedoch, ohne
sie zu küssen. »Connie, ich liebe dich. Ich werde dir niemals wieder untreu
sein. Ich werde wie ein Mönch leben, wenn es das ist, was du willst.«
»Neil.« Tränen traten ihr in die Augen. Sie
hätte ihn beinahe verloren. Hätte beinahe alles verloren. »Lass uns nach oben
gehen.«
Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. »Aber die Dienstboten
– die Kinder ...«, setzte er an.
»Geh mit mir nach oben, Neil«, bat sie und
lächelte ihn an.
Er erwiderte ihr Lächeln, ergriff ihre Hand
und gehorchte.
Leigh Anne saß
an der Frisierkommode in ihrem kleinen, tristen Schlafzimmer und starrte mit
einer Haarbürste in der Hand ihr Spiegelbild an. Sie trug einen Satin-Morgenrock,
darunter ein Korsett, eine Spitzenunterhose und mit Strumpfbändern befestigte
Strümpfe. Der Morgenrock war nur sehr locker zugebunden, so dass viel von ihrem
Dekolleté zu sehen war, da das Korsett kaum ihre Brüste bedeckte. Es machte
ihre zierliche Taille, die nur fünfzig Zentimeter im Umfang maß, noch schmaler.
Außerdem trug sie Hausschuhe mit kleinen Absätzen, die sie gute zwei Zentimeter
größer machten. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, Rouge aufzutragen, da
sie wirklich kein Make-up benötigte, hatte sich aber etwas französisches Parfüm
hinter die Ohren und zwischen die Brüste getupft. Rick hatte ihr am Nachmittag
eine knappe Nachricht zukommen lassen, er werde um sieben zurück sein. Sie
rechnete jeden Moment mit ihm und war schon ganz atemlos vor Erwartung.
Warum bloß war sie vier lange Jahre
weggeblieben?
Sie war sehr wütend auf ihn gewesen, als er sich weigerte, die
Anstellung in einer der angesehensten Anwaltskanzleien in Washington, D. C. anzunehmen, und diese Wut hatte sich von Tag
zu Tag gesteigert, als er immer härter und länger arbeitete, sie dabei immer
ärmer wurden und ihr gesellschaftliches Ansehen Schaden nahm. Leigh Anne kam zu
dem Schluss, dass sie eine Närrin gewesen war. Sie hätte ihm glauben sollen.
Man brauchte sich ja nur anzuschauen, was aus ihm geworden war – und das nicht
nur in politischer Hinsicht!
Ein wohliger Schauer überlief sie.
In der Nachricht hatte er außerdem
angekündigt, dass er den ganzen Abend in seinem Arbeitszimmer verbringen werde,
und ihr geraten, eigene Pläne zu machen. Leigh Anne starrte in den Spiegel.
Ihre smaragdgrünen Augen funkelten vor Aufregung, vor Verlangen. Seit sie
Bartolla Beneventes Brief in Boston erhalten hatte, in dem diese andeutete,
dass ihr Ehemann sich mit einer anderen Frau eingelassen hatte, sie
möglicherweise liebte, hatte sie nichts anderes getan, als Pläne geschmiedet.
Dies war Leigh Annes dritter Tag unter einem
Dach mit ihrem Ehemann, aber sie waren Fremde geblieben – sie kam sich vor wie
ein Hausgast. Sie hatte ihr Vertrauen in die Macht ihrer Verführungskünste zwar
nicht verloren, aber Rick hatte sich verändert. Vier Jahre Zorn und Bitterkeit
hatten ihn härter gemacht, und es war nicht mehr so einfach, ihn zu beherrschen
und zu manipulieren. Er war zu einem resoluten, entschlossenen Mann geworden.
Sie fand diese Veränderungen faszinierend und erschreckend zugleich. Es gab
Augenblicke, in denen er sie wirklich einschüchterte. Und sie hatte völlig
vergessen, wie hinreißend er aussah – wie ein Blick in seine bernsteinfarbenen
Augen und der Anblick seines schlanken, muskulösen Körpers ihr den Mund
wässrig machte und eine unglaubliche Anspannung in jedem einzelnen ihrer
Muskeln auslöste.
Sie war unglaublich froh, dass er nicht mit Francesca Cahill
geschlafen hatte. Nicht etwa weil die andere Frau schöner war als sie – was nicht der Fall war –, sondern weil sie ihren
Mann sehr gut kannte und wusste, warum er sich so zu der hübschen Kriminalistin
hingezogen fühlte. Miss Cahill war genau wie Rick: eine leidenschaftliche
Reformistin mit hohen moralischen Wertvorstellungen, gleichgültig gegenüber
allem Materiellen und fasziniert von geistigen Herausforderungen. Zwei vom
selben Schlag, dachte Leigh Arme seufzend. Aber das war doch furchtbar
langweilig, oder etwa nicht?
Essig
verlieh dem Öl Geschmack.
Eine Mischung aus zwei Ölen dagegen war geschmacklos und fad.
Leigh Anne fuhr sich noch ein paarmal mit der Bürste durch ihr
rabenschwarzes Haar und bemerkte dann, dass sie im Spiegel beobachtet wurde.
Sie lächelte dem engelhaften Kleinkind zu, das im 'Türrahmen stand und am
Daumen lutschte. »Hallo, Dot«, sagte sie
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