Brenda Joyce
Letitia war ihre Freundin. Andererseits
war ihre einzige richtige Freundin wohl ihre Schwester Fran und Connie
vermutete – auch wenn sie es nicht mit Sicherheit wusste –, dass Letitia
bereits mehrere Affären gehabt hatte.
»Connie«, ertönte plötzlich Neils überraschte Stimme hinter ihr.
Sie wurde ganz starr. All die Freude schwand dahin und stattdessen
verspürte sie Angst und Bestürzung, aber auch ein leises Gefühl von Hoffnung.
Sie drehte sich um in der Absicht, ihn anzulächeln, aber ihre
Gesichtsmuskeln wollten ihr einfach nicht gehorchen, schienen wie gefroren zu
sein. Doch ihr verräterisches Herz schlug schneller. Sie würde ihn immer
attraktiv finden. Kein Mann sah besser aus als er.
Neil lächelte sie an, aber sie las Furcht und Sorge in seinem
Blick. »Du siehst wunderschön aus«, sagte er.
»Guten Morgen«, sagte Connie gelassen. »Mir war nicht bewusst,
dass du zu Hause bist.«
Enttäuschung spiegelte sich in seinem Gesicht wider. Sie kannte ihn
gut und wusste, dass ihn ihr kühles Gebaren verletzte. Aber er hatte es nun
einmal verdient, oder etwa nicht? »Was für eine wundervolle Überraschung«,
sagte er mit rauher Stimme. »Ich freue mich, dich zu sehen. Fühlst du dich
besser?« Er hatte seine Hände in die Taschen seiner dunklen Hose geschoben,
als wisse er nicht, was er mit ihnen anfangen sollte.
»Ja, vielen Dank, ich fühle mich in der Tat besser.« Sie lächelte
verdrossen, wappnete sich gegen ihn.
»Das ist schön«, sagte er und schien es auch wirklich so zu
meinen. »Hast du schon gefrühstückt? Darf ich dir Toast und Tee bringen
lassen?«
»Ich bin nicht hungrig«, sagte Connie ausdruckslos. Sie blickte
ihrem Mann herausfordernd in die Augen, falls er es wagen sollte, ihre Worte in
Frage zu stellen.
Stille
trat ein.
»Wir haben heute Morgen Pfannkuchen gegessen, Mommy! Die waren
köstlich!«, rief Charlotte und zog an Connies Hand, blickte dabei aber
ängstlich zwischen ihren Eltern hin und her.
Connie biss sich auf die Lippe, als ihr klar
wurde, dass sich ihre Tochter der Anspannung zwischen Neil und ihr bewusst war.
Sie beugte sich hinab. »Weißt du was, mein Schatz? Ich hätte auch gern ein
paar Pfannkuchen mit Ahornsirup.«
»Ich sage
der Köchin, dass sie Ihnen ein gutes Frühstück zubereiten soll, Lady Montrose«,
erklärte Mrs. Partridge rasch.
»Danke«,
sagte Neil an sie gewandt.
Charlotte lief zu ihm hinüber. »Daddy isst noch ein Frühstück mit
dir, Mommy!«, verkündete sie.
Connie verkrampfte sich
sogleich. »Dein Vater muss sich gewiss um einige geschäftliche Angelegenheiten
kümmern.«
Charlotte setzte ein
störrisches Gesicht auf. »Nein, muss er nicht. Er frühstückt mit dir. Stimmt
doch, Daddy, oder?«
Connie mochte es kaum glauben,
aber ihre kleine Tochter spielte die Kupplerin.
»Wir alle werden eurer Mutter Gesellschaft leisten, während sie
isst«, erklärte Neil mit fester Stimme und seine türkisfarbenen Augen richteten
sich auf Connie.
Ihre Blicke trafen sich und Connie spürte, wie sie rot wurde. Sie
schaute als Erste weg.
»Ich habe dich vermisst, Connie«, sagte Neil
leise. Sie fuhr bestürzt zusammen, und wenn die Kinder nicht anwesend gewesen
wären, hätte sie sich wohl umgedreht und das Zimmer verlassen. Stattdessen
schenkte sie ihm ein sprödes Lächeln. »Nun, ich bin ja nicht aus der Welt
gewesen, Neil.«
»Die
Kinder haben dich auch vermisst.«
Sie
vermochte kaum zu atmen. »Tu das nicht.«
»Was soll ich nicht tun? Dir die Wahrheit sagen? Dass ich dich
liebe und dich vermisse?«, fragte er und seine strahlenden Augen schienen sie
zu durchbohren.
Connie
starrte ihn an und knetete ihre Hände. Wie konnte er es wagen, von Wahrheit zu
reden, wo er sie doch angelogen hatte! Am liebsten hätte sie ihn vor die Tür
gesetzt! Aber ein Teil von ihr wollte ihre Ehe retten. Wollte Neil zurückhaben.
Sein entschlossener Gesichtsausdruck schwand. »Wie ich sehe, rede
ich gegen eine Wand«, sagte er und wandte sich ab.
»Mommy ist doch keine Wand«, protestierte Charlotte verwirrt.
»Mommy liebt dich immer noch, Daddy. Das weiß ich!«
Neil
wirbelte entgeistert herum.
Connie war ebenso vom Donner gerührt wie er. Sie eilte auf ihre
Tochter zu. »Natürlich liebe ich deinen Vater!«, rief sie, und auch wenn sie
die Worte aus einem Reflex heraus gesprochen hatte, schloss sie entsetzt die
Augen. Denn sie hatte die Wahrheit gesprochen.
Sie liebte
ihren Mann. Trotz allem, was er getan hatte.
Und war sie nicht eigentlich
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