Brenda Joyce
anlog.
»Ich werde Andrew LeFarge einen Besuch abstatten und ihm meine
Position sehr deutlich machen«, sagte der Commissioner mit gedämpfter Stimme,
doch in seinen Augen lag eine stählerne Entschlossenheit. »Sollte er so dumm
sein, Ihrem Bruder jemals wieder auch nur ein Haar zu krümmen, werde ich ihm
die gesamte Polizei der Stadt auf den Hals hetzen.«
Sie
schmolz dahin. Augenblicklich war Hart vergessen. »Sie würden Ihre Stellung als
Commissioner dazu benutzen, ihm zu drohen? Und das alles nur meinetwegen?«
»Ja.«
Ihre Blicke senkten sich ineinander. Das war
der Grund, weshalb sie Rick Bragg liebte – er war immer für sie da, was auch
immer geschah.
Im nächsten Moment erschienen Sarah und ihre
Mutter auf der Türschwelle des Salons. Francesca eilte sogleich auf sie zu, um
die zierliche junge Brünette zu umarmen. Sarah sah viel besser aus als beim
letzten Mal. Die Farbe war wieder in ihre Wangen zurückgekehrt und der Glanz in
ihre dunklen Augen. Sie trug ihre wundervollen, taillenlangen,
präraffaelischen Locken zu einem strengen Knoten zurückgebunden, der aber ihren
schmalen, feinen Zügen keinen Abbruch tat. Wie immer trug sie ein Ensemble,
das ihr in keiner Weise zu Gesicht stand – dieses hier war ein dunkelgrünes
Kostüm, das sie unnatürlich fahl aussehen ließ. Schwarze Seidenborte überzog in
einem Kreuzmuster ihre kurze, taillierte Jacke und den Rock zierten
übertriebene Volants. Dazu trug sie eine cremefarbene Bluse, an deren Kragen
und Manschetten sich Spitze rüschte. Francesca wusste, dass sich Sarah nicht
um ihr Aussehen scherte und nichts auf Mode gab, und sie wusste auch, dass
Mrs. Channing die Kleider ihrer Tochter orderte. Aber auch wenn ein gewisses
Desinteresse in modischen Fragen durchaus Francescas Beifall fand, zuckte sie
doch beinahe jedes Mal innerlich zusammen, wenn sie Sarah sah. Sarah war
zierlich und zart und die Kleider, die sie trug, drohten sie zu erdrücken.
Francesca fragte sich, ob sie wohl ihre Schwester dazu überreden könnte, einmal
mit Sarah einen Einkaufsbummel zu unternehmen, denn Connie besaß einen überaus
guten Geschmack für elegante Kleidung.
Sarah lächelte. »Was für eine wunderbare
Überraschung, Francesca«, sagte sie leise. »Hallo, Commissioner. Wie geht es
Ihnen?«
»Sehr gut«, erwiderte er
ebenfalls lächelnd. »Wie ich sehe, haben Sie sich von Ihrem jüngsten
Fieberanfall erholt?«
»Ja, ich fühle mich schon viel
besser«, bestätigte Sarah gelassen. »Richten Sie Ihrem Bruder bitte meinen Dank
au wenn Sie ihn das nächste Mal sehen.«
»Er hat die ganze Nacht an ihrem Bett gewacht,
als si fieberte«, rief Mrs. Channing. »Ich dachte schon, es ging mit der armen
Sarah zu Ende, so krank war sie! Er hat mich auf mein Zimmer geschickt und mir
versichert, er werde sich um alles kümmern und ich solle mir kein Sorgen
machen. Und siehe da, als ich am nächsten Morgen aufstand, da war Sarah bereits auf dem Weg der
Besserung.« Abigail Channing strahlte, um gleich darauf unvermittelt einen
theatralischen Seufzer auszustoßen. »Wenn ich doch nur zehn Jahre jünger wäre.
Wissen Sie, dass Sie beide sich sehr ähnlich sehen, Commissioner Wie alt ist
Rourke eigentlich?«
Francesca unterdrückte ein Lächeln. Zehn Jahre würde da wohl nicht
ganz ausreichen!
Bragg erwiderte amüsiert: »Er ist zweiundzwanzig oder
dreiundzwanzig, glaube ich. Dürften wir kurz allein m Sarah sprechen, Mrs.
Channing? Es geht um eine offiziell polizeiliche Ermittlung.«
Mrs. Channing machte ein langes Gesicht und Sorgenfalten traten
auf ihre Stirn. »Oh, ich will doch hoffen, dass wir diese Geschichte mit dem
Wüstling, der meine Tochter s erschreckt und es gewagt hat, in unser Haus
einzudringen und ihr Atelier zu demolieren, bald hinter uns haben! Zwar ist es
mir durchaus ganz lieb, dass Sarah endlich einmal für eine Weile von ihrer
Kunst ablässt, aber solch ein Vorfall darf sich auf keinen Fall wiederholen!«
Francesca ergriff Mrs. Channings Arm und geleitete sie zur Tür.
»Es ist höchst unwahrscheinlich, dass dieser Verbrecher noch einmal
wiederkommt, Mrs. Channing«, sagte sie beruhigend. »Aber er muss seiner
gerechten Strafe zugeführt werden, finden Sie nicht auch?«
»O ja! Durchaus! Dem stimme ich von ganzem Herzen zu! Und ist es
nicht wundervoll, dass der Commissioner sich unseres kleinen Falles persönlich
annimmt?« Sie strahlte ihn von der Türschwelle aus an.
»Es ist mir ein Vergnügen«, versicherte Bragg
galant.
Als Francesca die Tür
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