Brenda Joyce
hatte überhaupt keinen Grund, sich aufzuregen oder sich betrogen zu
fühlen.
Die Haustür wurde geöffnet. Die Stimme einer Frau erklang – klar,
kultiviert, sanft ... hübsch. In ihrem Tonfall lag etwas Neckisches.
Francesca drehte sich um, als Braggs vertraute, ein wenig rauhe
Stimme antwortete: »Ich weiß nicht, was Mrs. Low beabsichtigt, Leigh Anne.«
Francescas Griff um das Geländer verstärkte sich. Sie war
innerlich aufgewühlt, denn sie vermochte ihre Gefühle für Bragg nicht einfach
so abzustellen wie einen Wasserhahn. Warum bloß hatte er es ihr nicht
gesagt?
»Francesca!«
Bragg blieb wie angewurzelt stehen.
Sie wollte lächeln, doch es gelang ihr einfach nicht, und so
starrte sie die beiden nur an.
Sie gaben ein umwerfendes Paar ab. Er groß und goldblond, sie
klein und dunkelhaarig.
»Miss Cahill!«, rief seine schöne Frau und
eilte auf sie zu. »Ist alles in Ordnung? Geht es Ihnen gut,
meine Liebe?«
Francesca erlangte ihre Fassung wieder. »Ich bin hier, weil ich
mit ... mit Ihrem Ehemann über eine neue Spur reden wollte«, erklärte sie
rasch. »Aber wie ich sehe, komme ich ungelegen.«
»Oh!« Leigh Anne war vor ihr stehen geblieben und reichte Peter
ihren silberfarbenen Chinchilla-Mantel. Sie trug darunter ein ebenfalls
silberfarbenes Kleid, dessen Schnitt ihre perfekte, wenn auch zierliche Figur
zur Geltung brachte – und einen erstaunlich üppigen Busen. Natürlich fühlte
sich Bragg weiterhin zu ihr hingezogen. Welcher Mann würde das nicht?
»Nun, warum gehen Sie und Rick nicht in den Salon? Ich werde Ihnen
ein paar Erfrischungen bringen lassen.« Leigh Anne lächelte freundlich. »Ich
weiß zwar nicht, was ich in der Küche vorfinden werde, da ich gerade erst
eingezogen bin, aber es wird mir schon etwas einfallen. Peter? Bitte helfen Sie
mir.«
Sie war eingezogen. Das überraschte Francesca
nicht. Es war ihr eigentlich schon in dem Moment klar gewesen, als sie die
Koffer gesehen hatte. Das war das Ende für Bragg und sie. Damit war tatsächlich
das geschehen, wovor sie sich immer so schrecklich geängstigt hatte.
Leigh Anne ging bereits auf das Esszimmer zu. Bragg trat vor und
legte seinen Mantel über den Stuhl, der neben dem Beistelltisch stand.
»Francesca«, sagte er mit dringlicher Stimme.
»Ich glaube, das hier kann bis morgen warten«, brachte sie heraus,
eilte an ihm vorbei zur Haustür und trat in die Nacht hinaus. Von Kummer
überwältigt schritt sie auf die wartende Kutsche zu. Was hatte sie sich nur
dabei gedacht, die Beziehung mit einem verheirateten Mann weiterzuführen –
wenn auch nur platonisch? Doch vermochte sie wirklich loszulassen? Wollte sie
es überhaupt?
»Francesca!«, rief Bragg, der ihr
nachgelaufen war.
Sie drehte sich zu ihm um. »Ich freue mich für Sie, Rick, ich
freue mich für Sie beide. Sie verdienen es, eine Ehe, eine Familie zu haben.
Ich hoffe, Sie werden glücklich.« Und ein Teil von ihr – der großmütige Teil –
meinte es auch wirklich so.
»Es ist
lediglich für sechs Monate«, sagte er.
»Wie bitte?« Hoffnung flackerte in ihr auf. Und über seine
Schulter hinweg sah sie Leigh Anne im Türrahmen seines Hauses stehen und sie
beobachten.
»Leigh Anne hat mir eine Vereinbarung vorgeschlagen. Die ich auch
noch schriftlich bekommen werde, Francesca«, sagte er mit leiser,
eindringlicher Stimme. »Sie wird sechs Monate mit mir zusammenleben und dann
bin ich frei. Dann ist sie bereit, in eine Scheidung einzuwilligen«, erklärte
er hastig.
Sie war fassungslos. »Ich glaube, ich
verstehe nicht ganz ...«
Er verzog das Gesicht. »Offenbar bildet sie
sich ein, dass ich nach sechs Monaten meine Meinung geändert haben werde.«
Francescas Gedanken überschlugen sich, doch nur einen vermochte
sie klar zu fassen: den Gedanken, dass Leigh Anne wahrscheinlich recht hatte.
»Natürlich werden Sie das. Sie lieben Sie immer noch.«
»Das ist nicht wahr«,
widersprach er hitzig und seine Augen funkelten. »Ich verachte sie. Sie ist
gerissen, das ist alles. Meine Gefühle für Sie haben sich nicht geändert.«
Sie starrte ihn an. Ein langer,
trauriger Moment verging, bevor sie antwortete. »Nein, Rick, ich glaube, Sie
sollten sich der Wahrheit stellen. Sie lieben sie, nicht mich. Und so sollte es
auch sein.«
»Sie wollen mir also sagen, wen ich jede Minute jedes verdammten
Tages in meinem Herzen trage? Sie sind es, Francesca. Sie sind die Frau, an die
ich denke, nach der ich mich sehne, von der ich träume. Sie sind die Frau, die
mich
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