Brenda Joyce
schnippisch.
»Na schön.« Er machte einen unglücklichen Eindruck. Ob es daran
lag, dass er ihr jetzt die Wahrheit sagen musste? Oder bereitete ihm allein das
Reden über seine unglückliche Ehe schon solchen Kummer?
»Sie stammt aus Boston«, begann Bragg mit bedächtiger Stimme zu
erzählen. »Ich habe sie im ersten Studienjahr in Harvard kennen gelernt und
mich Hals über Kopf in sie verliebt.« Er verstummte und verzog das Gesicht.
Francesca hatte das Gefühl, als würde ihr das Herz aus der Brust gerissen.
»Ich habe sie drei Monate nach unserer ersten Begegnung gebeten, meine Frau zu
werden. Rathe hat mich angefleht zu warten, aber ich habe nicht auf ihn
gehört.«
Jedes einzelne seiner Worte versetzte
Francesca einen Stich. »Sie muss ja eine ganz besondere Frau sein«, sagte sie
verbittert. »Wenn Sie sofort dermaßen vernarrt in sie waren.«
»Sie sieht wie ein Engel aus, ein blauäugiger,
dunkelhaariger Engel. Aber ich habe mich von ihrem Äußeren täuschen lassen,
Francesca. Sie hat wahrlich kein engelhaftes Wesen.«
Seine Frau sah also hinreißend aus. Wieder
ein Stich, noch tiefer diesmal. Aber das war Francesca mittlerweile gleichgültig.
Vielleicht würde sie diese Unterhaltung umbringen, das wäre dann wenigstens ein
passendes Ende für diese hässliche Geschichte.
Sie durfte jetzt auf keinen Fall weinen.
»Es tut mir Leid, wenn ich Ihnen wehtue.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Sie haben sie also gleich geheiratet.«
»Am Ende meines ersten Studienjahres.« Er blickte ihr in die
Augen. »Ich war ein Narr.«
Sie sah ihn an, hoffte auf weitere erklärende
Worte, und als diese nicht kamen, fragte sie: »Was ist dann geschehen?«
»Um es auf den Punkt zu bringen, ich habe ein
Angebot von einer der führenden Anwaltskanzleien dieses Landes abgelehnt, ein
Angebot, das uns nach Washington geführt hätte. Stattdessen habe ich eine
eigene Kanzlei eröffnet, und zwar für Strafrecht – was natürlich nicht sehr
lukrativ ist.« Er brachte ein verkrampftes Lächeln zustande. »Die Armen und
Bedürftigen können es sich eben nicht erlauben, hohe Honorare für ihre
Verteidigung zu bezahlen.«
Francesca spürte, wie sich die Liebe und das Mitgefühl für diesen Mann
wieder in ihr zu regen begannen, doch sie kämpfte dagegen an. »Und?«
»Leigh Anne hat mich einen albernen Narren geschimpft und mich
verlassen. Sie hat ihre Koffer gepackt und ist nach Europa gereist, wo sie
sich heute immer noch aufhält.«
Francesca starrte ihn an. »Ich verstehe nicht ganz«, sagte sie
langsam.
»Sie hat ein Leben in Saus und Braus erwartet – schließlich hatte
sie ja einen Bragg geheiratet. Sie wusste auch, dass ich politische Ambitionen hatte. Irgendwie hat sie
mich nie wirklich verstanden. Sie kam nicht damit zurecht, wie wir lebten,
wollte nicht akzeptieren, dass ihr Mann oft bis tief in die Nacht arbeitete, um
Menschen zu verteidigen, bei denen sie lieber die Straßenseite wechselte, wenn
sie ihr begegneten. Es gefiel ihr auch nicht, allein auf Partys zu gehen und
sich die Frage anhören zu müssen, wo ihr Mann steckt. Als sie nach Europa ging,
hat sie mir in aller Deutlichkeit erklärt, dass sie erst zurückkommen würde,
wenn ich das Angebot der Kanzlei aus Washington angenommen hätte – oder eines,
das uns ein vergleichbares Ansehen und Einkommen sichern würde.«
Francesca starrte ihn überrascht an. »Sie hat Sie also erpresst?«
»Ja, das hat sie. Drei Monate nachdem sie mich verlassen hatte,
bin ich ihr in dem Glauben nachgereist, dass sie im Grunde ein gutherziger
Mensch ist, der eine Torheit begangen hat. Ich habe fälschlicherweise
angenommen, dass sie mich liebt und mich vermisst und dass sie zu mir
zurückkommen wird.« Er schwieg einen Moment. »Ich habe sie in Südfrankreich gefunden,
wo sie mit ihrem Liebhaber lebte. Daraufhin bin ich nach Hause zurückgekehrt.«
Francescas Mitleid gewann die Oberhand. »Oh,
Bragg!«, rief sie entsetzt. Sie streckte spontan die Hand nach ihm aus, ließ
sie jedoch wieder fallen, bevor es zu einer Berührung gekommen war.
»Sie müssen mich nicht bemitleiden. Ich zahle
einen hohen Preis für meine Dummheit und mein mangelndes Urteilsvermögen.« Er
zuckte mit den Schultern. »Leigh Anne bleibt in Europa. Wir stehen nicht
miteinander in Verbindung, aber wir haben eine Vereinbarung getroffen. Sie tut,
was ihr gefällt, und ich bezahle ihre Rechnungen.«
Francesca starrte ihn an. »Was für eine schreckliche Frau!«, hörte
sie sich flüstern.
»Kein
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