Brenda Joyce
und sie hatten seit der
Geburt ihres zweiten Kindes tatsächlich nur noch selten miteinander geschlafen,
aber es war immer wundervoll gewesen. Doch während der Schwangerschaft hatte
sie es gehasst, wenn er ihren schrecklich fetten Körper ansah und berührte. Sie
wusste, dass Neil von ihr erwartete, dass sie schön war – wäre sie es nicht,
würde er sie nicht lieben. Sie mochte das intime Zusammensein mit ihm sehr
wohl. Mehr als das, wenn sie ehrlich war. Sie begann zu zittern, wann immer er
sie berührte, und er wusste, wie er ihren Körper in Ekstase versetzen konnte.
Das konnte ihm doch unmöglich verborgen geblieben sein, oder etwa doch? Ach, es
war so schwierig, die Grenze zwischen anständigem und unanständigem Verhalten
zu ziehen! Es fiel ihr nicht leicht, sich wie eine Dame zu benehmen, wenn Neil
sie berührte und küsste. Aber sie durfte sich doch nicht wie eine Dirne
aufführen!
Er starrte auf sie herab. Seine Wangen hatten
sich ebenfalls gerötet. »Connie, mir ist schon seit dem Beginn unserer Ehe
klar, dass du keinen Spaß daran hast, das Bett mit mir zu teilen. Aber ich habe
nun einmal gewisse Bedürfnisse, und es ist nicht leicht für mich gewesen, sie
zu unterdrücken. Ich wollte dich nicht betrügen und habe mir wirklich große
Mühe gegeben, enthaltsam zu leben. Aber ich habe versagt. Ich habe versagt, und
das tut mir unendlich Leid. Ich wollte dir wirklich nicht wehtun, Connie, und
ich verspreche dir, dass es nicht wieder vorkommen wird.«
Sie starrte ihn an und hätte ihm gern gesagt,
wie sehr sie seine Berührungen genoss und dass es ein himmlisches Gefühl war,
eins mit ihm zu sein. Doch sie wagte es einfach nicht, offen über diese Dinge
zu reden, und brachte keinen Ton heraus.
War das alles womöglich ihre Schuld?
Er hatte die zu Fäusten geballten Hände auf
die Hüften gestemmt und blickte sie mit ernstem Gesicht an. »Ich werde dieses
Versprechen halten. Es wird nicht wieder vorkommen – selbst wenn du mich aus
unserem Schlafzimmer verbannen solltest.«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und vermochte kaum zu
atmen. Doch irgendwie gelang es ihr zu lächeln. »Ich werde dich nicht aus
unserem Schlafzimmer verbannen, Neil.«
Sein Gesicht nahm einen erleichterten Ausdruck an. »Ich danke
dir.« Sein Blick wanderte an ihr vorbei, zu der geöffneten Tür des Zimmers
hinüber, das sie miteinander teilten, und das zu einem großen Teil von einem
mächtigen Himmelbett eingenommen wurde.
Sie wandte den Kopf zur Seite und folgte seinem Blick. Beim
Anblick ihres Ehebettes spürte sie, wie ihre Wangen zu brennen begannen. Was sollte sie jetzt nur sagen? Was
sollte sie tun?
Ihre Mutter hatte ihr geraten, sich so zu verhalten, als sei
nichts geschehen. Aber es war etwas geschehen – Neil hatte sich einer anderen
Frau zugewandt, weil sie selbst nun einmal doch nicht perfekt war.
Connie atmete tief durch. Sie verspürte einen bohrenden Schmerz in
ihrem Herzen.
»Alles in
Ordnung?«, fragte er.
»Es geht
mir gut«, antwortete sie.
Er blickte sie forschend an. »Warum sagst du mir nicht die
Wahrheit? Es wäre mir lieber, wenn du schreien und zetern und etwas nach mir
werfen würdest!«
Das konnte unmöglich sein Ernst sein. Sie starrte ihn an. Es würde
ihr niemals einfallen, sich zu einem solchen Verhalten hinreißen zu lassen.
Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wir sehen uns dann beim
Abendessen«, sagte er und warf noch einmal einen Blick zum Schlafzimmer
hinüber.
Sie spürte, was er wollte. Aber es war doch
erst Nachmittag, und sie war gerade erst nach Hause zurückgekehrt! Zudem hatte
Connie nicht den Hauch einer Ahnung, wie sie sich ihrem Mann hätte nähern
sollen.
Als Neil das Zimmer verließ, hätte Connie ihn am liebsten zurückgerufen,
doch sie tat es nicht. Stattdessen schloss sie die Augen, und es dauerte einige
Augenblicke, ehe sie bemerkte, dass ihr die Tränen über die Wangen liefen.
Hart war eine Dreiviertelstunde zu spät zu seinem Termin erschienen,
aber die beiden Gentlemen, mit denen er verabredet war, hatten auf ihn
gewartet. Um acht Uhr hatte er noch einen weiteren Termin – ein offizieller
Empfang, für den er sich vorher umziehen musste. Auf dem Weg nach Hause
stellte Hart fest, dass ihm der neue Frachtvertrag mit China, den er soeben an
Land gezogen hatte, völlig gleichgültig war.
Er befand sich in äußerst schlechter Stimmung, war aber nicht
imstande, den genauen Grund dafür zu benennen.
Als seine Kutsche gerade die Thirty-third Street und
Weitere Kostenlose Bücher