Brenda Joyce
Schwester Verständnis für Hart zeigte. Doch als sie daran dachte,
dass Bragg sie verteidigt hatte, als Hart Anspielungen auf ihre Beziehung zu
ihm gemacht hatte, musste sie unwillkürlich lächeln.
Dann schoss ihr durch den Kopf, dass Bragg sicherlich nach ihr
suchen würde, und ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
»Komm mit, Con!«, sagte sie, packte ihre Schwester bei der Hand
und zerrte sie hinter sich her durch den Raum.
Doch es war bereits zu spät. Bragg stand mit vor der Brust verschränkten
Armen in der Eingangshalle und starrte zu Boden. Francesca verlangsamte den
Schritt und versuchte, ruhig zu atmen.
Als Bragg aufsah, blickte er grimmig drein. Francesca zuckte
zusammen, wich seinem Blick aber nicht aus. Sie ahnte, dass er in Gedanken noch
bei dem unangenehmen Wortwechsel mit Hart weilte, und beschloss, diesen Umstand
auszunutzen. Sanft berührte sie seinen Arm. »Ich muss mich entschuldigen. Ich
hatte ja keine Ahnung, dass Hart Randalls Sohn ist.«
Er blickte sie durchdringend an. »Das ist mir klar, Francesca. Ich
weiß, dass Sie keiner Fliege etwas zuleide tun könnten, wenn es sich vermeiden
ließe.«
Sie wagte ein kleines Lächeln. »Ist ... ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
»Mir geht es gut.«
Sie wusste, dass das eine Lüge war, und
berührte ihn erneut am Arm, wobei sie ihre Hand dieses Mal etwas länger dort
ruhen ließ.
Die Geste schien ihn zu überraschen. »Wie viel haben Sie mit
angehört?«, fragte er.
»Nur ein bisschen«, schwindelte sie. Sie hatte Mitleid mit Bragg,
der seinen Halbbruder nicht wirklich zu hassen schien. Aber Hart hasste Bragg –
oder gab sich zumindest Mühe, es zu tun. »Hart ist ganz offenbar eifersüchtig
auf Sie, Bragg«, sagte Francesca leise.
Seine Brauen wanderten in die Höhe. »Das möchte ich bezweifeln«,
erwiderte er. »Hart besitzt mehr, als ich jemals besitzen werde; er ist
Millionär. Ich dagegen habe vor meiner Ernennung zum Commissioner als Anwalt in
Washington gearbeitet, und es war keine besonders lukrative Praxis, Francesca.
In der Hälfte aller Fälle habe ich Menschen verteidigt, von denen ich glaubte,
sie seien unschuldig an den Taten, die man ihnen vorwarf.«
»Ich bewundere Sie, Bragg«, sagte sie und errötete prompt, da ihr
die Worte einfach so herausgerutscht waren. Aber sie entsprachen der Wahrheit
– sein nobler Charakter rührte sie, und vielleicht war das einer der Gründe,
warum sie ihn so attraktiv fand. Natürlich war er zudem ein außerordentlich gut
aussehender Mann.
Er fuhr zusammen, und ihre Blicke senkten sich ineinander. In
diesem Moment vergaß Francesca, dass sie nicht allein waren. »Heben Sie mich
nicht in den Himmel«, sagte Bragg schließlich leise.
»Das tue ich ja gar nicht«, gab sie ebenso leise zurück.
Daraufhin lächelte er, und sie erwiderte sein Lächeln.
Francesca nahm wahr, dass Connie sich hinter ihr räusperte, doch
sie blieb regungslos stehen. Ihr Herz raste. Sie hatte das Gefühl, als ob Bragg
jeden Moment die Hand nach ihr ausstrecken, sie vielleicht sogar berühren
würde.
Doch das tat er nicht; stattdessen steckte er die Hände in die
Hosentaschen. »Die Bewunderung beruht auf Gegenseitigkeit«, sagte er
schließlich, ganz so, als habe auch er Connies Anwesenheit vergessen. Aber dann
war es so, als käme er urplötzlich wieder zur Besinnung, und er runzelte die
Stirn. »Sie haben sich in meine Untersuchung eingemischt, Francesca. Das kann
ich einfach nicht dulden.«
Sie schluckte. »Ich weiß. Und es tut mir
Leid.«
»Wirklich? Offen gestanden glaube ich Ihnen in diesem Punkt
nicht«, sagte er, wobei er aber nicht wirklich verärgert wirkte.
Sie atmete tief durch, zog in Erwägung, ihm in
Erinnerung zu rufen, dass Georgette de Labouche ihre Klientin war, entschloss
sich dann aber, es nicht aufs Neue zu erwähnen. »Glauben Sie wirklich, dass
Calder Hart seinen eigenen Vater umgebracht hat?«
Braggs Gesicht nahm sofort einen verschlossenen Ausdruck an. »Es
ist meine Pflicht, unvoreingenommen zu sein und alle Möglichkeiten in Betracht
zu ziehen.«
Er hatte offenbar nicht vor, ihr seine wahren
Gefühle zu zeigen.
»Haben Sie Georgette de Labouche gefunden?«,
fragte Francesca.
»Nein.«
»Die Waffe?«
Er musterte sie. »Francesca, was muss ich tun, um Sie dazu zu
bewegen, sich wieder Ihrem Studium und Ihrem Leben als Reformverfechterin zu
widmen?«
Sie
erstarrte. »Wie bitte?«
»Sie haben
mich schon verstanden.«
»Wie ... wie haben Sie das mit ... mit meinem Studium
Weitere Kostenlose Bücher