Brennaburg
sich auf ihn, schlug ihn nieder und begann ihn zu würgen. Seine Kameraden, die ihn gut genug kannten, um zu wissen, daß er in diesem Zustand zum Äußersten fähig war, überwältigten ihn und retteten ihn dadurch möglicherweise vor dem Henker.
Nach diesem Vorkommnis war ihm der Aufenthalt in Steele unwiderruflich verleidet. Die erzwungene Untätigkeit, die feindselige Kälte, mit der er und seine Leute ständig gemustert wurden, und schließlich die Erkenntnis, daß er gegen weitere Unbeherrschtheiten keineswegs gefeit war – all dies bedrückte ihn so, daß er glücklich war, als es endlich wieder nach Hause ging.
Mit Feuereifer machte er sich an die Aufgabe, die Befestigung des Hofes zu erneuern. Drei Dutzend Hörige, unterstützt von Teilen des Gesindes sowie der Gefolgschaft, fällten Eichen, schnitten aus ihren Stämmen Bohlen, rissen die alte Palisade heraus und errichteten eine, die beinahe doppelt so hoch war wie ihre verwitterte Vorgängerin.
Danach wurde der Graben, der derart verschlammt und verkrautet war, daß er kaum noch ein ernst zu nehmendes Hindernis darstellte, gereinigt, vertieft und um mehr als zwei Schritte verbreitert. Außerdem trieb man, um sein Durchqueren zu erschweren, Pfähle in den Grund, deren angespitzte Enden sich ungefähr einen Fuß unter der Wasseroberfläche befanden. Die Erde, die man beim Säubern und Vergrößern des Grabens gewann, wurde innerhalb der Umzäunung zu einem Damm aufgeschüttet. Hierzu ließ der Graf, der sich ansonsten nicht in die Arbeit einzumischen pflegte, in die Außenwand der Palisade eiserne Haken schlagen. Der Schlamm wurde unten in enggeflochtene, mit einer Kiesschicht ausgelegte Körbe geschaufelt, mittels eines um den Haken geschlungenen Seiles emporgezogen und dort so lange hängengelassen, bis das Wasser herausgelaufen war. Damit diese Vorrichtung auch künftig genutzt werden konnte, bestand Gero darauf, daß die Haken nicht entfernt wurden.
Schließlich ordnete er an, auf der Wiese jenseits des Grabens ein einfaches hölzernes Gebäude zu erbauen, in dem man Heu und Stroh aufbewahren, falls erforderlich jedoch ebenso die Mannschaften vornehmer Gäste unterbringen konnte. Der Boden sollte dann als Schlafstätte, der Raum darunter als Speisehalle dienen.
Da Gero seine Pflichten als Graf in den verflossenen Monaten notgedrungen vernachlässigt hatte, war er oft tagelang unterwegs, um das Versäumte nachzuholen. Reiste er durch die Dörfer seines Amtsbezirkes, leitete Otfried die Gefolgschaft, und nach Auskunft des Grafen machte er seine Sache gut. Konrad war dies recht, denn seine Tätigkeit füllte ihn ganz aus. Ein wenig erstaunt vermerkte er, daß er am Bau einer Festung offenbar mehr Gefallen fand als an ihrer Eroberung und daß er statt mit dem Schwert eigentlich lieber mit einer Säge hantierte, mithin wohl nicht der geborene Kriegsmann war, für den er sich bisher gehalten hatte.
In diese Zeit fiel die Nachricht, daß sich Thankmar und der Frankenherzog Eberhard gegen den König empört hätten. Da Konrad wußte, daß dies für den Grafen nicht ganz unerwartet kam, verblüffte ihn die Fassungslosigkeit, mit welcher er die Kunde hiervon aufnahm. Eine Woche lang zog er sich in seine Kammer zurück und war selbst für Konrad nicht mehr zu sprechen. Als er ihn endlich zu sich rief, sah er aus, als sei er in den wenigen Tagen um Jahre gealtert.
Immerhin schien er seine Niedergeschlagenheit überwunden zu haben. Seine Stimme klang fest, und seine Bewegungen strahlten wieder jene entschlossene Ruhe aus, die man von ihm gewöhnt war. Mit keinem Wort ging er auf die Ursachen seines eigentümlichen Verhaltens ein, sondern befahl lediglich, die Arbeiten zu beschleunigen. Die Umritte indes stellte er ein und setzte sie auch dann nicht fort, als im August gemeldet wurde, daß der Aufstand gescheitert sei. Statt herumzureisen, empfing er zahlreiche Leute, hiesige Slawen zumeist, deren er sich als Spione oder Boten bediente. Ebenso wie die Grafen Christian und Thietmar mußten sie unverzüglich bei ihm vorgelassen werden, einerlei, welche Stunde es gerade war. Was es mit diesen Besuchen auf sich hatte, darüber schwieg er sich aus, und Konrad, froh, daß er sich ungestört seiner Aufgabe widmen durfte, verspürte vorerst kein Verlangen, ihn danach zu fragen.
Gut tut es, sich ins hohe Gras zu legen, die von der Arbeit noch immer schweren Glieder zu dehnen und den würzigen Duft der blühenden Schafgarbe einzuatmen! Rauschend duckt sich die Wiese
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