Brennaburg
zurückerstatten. Gnade dir Gott, wenn mir Klagen über dich zu Ohren kommen. Und jetzt entferne dich.«
Heimo verbeugte sich schweigend und ging – ebenso langsam, wie er gekommen war.
Graf Siegfried schaute ihm hinterher. Dann senkte er die Augen.
»Weshalb lassen wir uns das gefallen?« murmelte er erbittert. »Ich hätte ihm den Schädel spalten sollen.«
Heinrich lächelte ihm beschwichtigend zu. »So nimm dich doch zusammen, man beobachtet uns! Weshalb erregst du dich eigentlich? Weil er geraubt hat? Das wäre töricht. In den nächsten Wochen sind wir ebenfalls Räuber, und zwar hoffentlich nicht weniger erfolgreiche als dieser Heimo und seine Leute. Er ist mutig, kaltblütig, geschickt; auf wen sollte ich mich stützen, wenn nicht auf Männer wie ihn? Die Starken sind nun einmal zumeist eigennützig und schwer zu lenken, den Selbstlosen hingegen gebricht es zumeist an Stärke. Wir aber brauchen jetzt die Starken.«
»Ich danke dir für die Belehrung«, sagte Siegfried trocken. Er war vom Pferd gestiegen und hielt das des Königs am Zügel. »Und wozu zählst du mich?« fügte er hinzu.
»Dich? Laß mich nachdenken … Nun, du bist zweifellos eine Ausnahme. Leider kriegt man mit Ausnahmen kein Heer zusammen.«
»Dann soll dieser dreiste Schuft also ungeschoren davonkommen?«
Siegfried spie auf die Erde.
»Daß es dich nicht eines Tages gereut! Bestrafe ihn doch, wenn wir zurück sind.«
»Das werde ich nicht«, sagte Heinrich beim Absitzen. »Vielleicht fällt er, dann mag der Teufel über ihn richten. Fällt er nicht, werde ich ihn beschenken, sofern er sich gut schlägt. Und verlaß dich drauf, er wird sich gut schlagen.«
Sie machten sich daran, die Ausrüstung der Ostfalen zu überprüfen. Bei Heimos Leuten gab es nichts zu bemängeln; lediglich das Flechtwerk einiger Schilde war zerfetzt, was indes nicht überraschte. Anders sah es bei dem zweiten Aufgebot aus. Schon am ersten Wagen fehlte die Lederbespannung, in der des folgenden klafften Risse. Siegfried winkte den Anführer heran. »Bist du blind? Bringe das sofort in Ordnung!«
»Wir haben keine Häute mit.«
»So zieh dir deine eigene ab … Halt, ich bin noch lange nicht fertig! In jedem Wagen sollten Beile, Hobel, Bohrer, Spaten und Schaufeln mitgeführt werden. Bei euch sieht man nichts davon. Kannst du mir erklären, warum?«
»Also ist es wahr? Und ich meinte schon, der Bote hätte sich geirrt«, sagte der Mann, einfältig lächelnd. »Schließlich war die Rede von einem Krieg. Und wenn es da ans Bohren geht, verlasse ich mich doch lieber auf mein Schwert als auf irgendwelches Werkzeug.« Er blickte beifallheischend zum König, und als der nicht reagierte, fügte er hinzu: »Daß wir die Slawen mit Hobeln besiegen können, wollte mir gleich gar nicht in den Kopf.«
»Laß die Albernheiten. Ich will dir sagen, weshalb ihr diese Dinge nicht mitgenommen habt: Weil ihr den Hals nicht voll genug bekommen könnt und jedes Fleckchen mit Beute vollstopfen wollt. Übrigens – als euch der Bote sagte, daß zur Ausrüstung auch Pfeil und Bogen gehörte, glaubtest du da ebenfalls, er habe sich geirrt?«
»Das sind doch Waffen für Kinder«, maulte der andere. »Von uns will niemand damit kämpfen.«
»Das hast du verdammter Hund nicht zu entscheiden«, schrie Siegfried.
Der Mann erbleichte und trat einen Schritt zurück. »Ein Hund, Graf Siegfried, bin ich nicht. Und wenn du mich noch ein einziges –«
»Nimm sofort die Hand vom Messer, oder ich haue dich zusammen«, rief Heinrich schneidend. »Nein, ein Hund bist du nicht. Du bist ein Mann, der seine Pflichten vernachlässigt hat, und das ist viel schlimmer. Außerdem ein Dummkopf, der törichte Späße mit Witz verwechselt. Drückt dich dein Lehen? Dann sag es, dir kann geholfen werden.«
Der Auftritt schien sich herumgesprochen zu haben. Als sie bei dem dritten Aufgebot eintrafen, waren die Leute ausschließlich damit beschäftigt, schadhaftes Gerät instand zu setzen. Auf Steinen wurden verbogene Speerspitzen geradegehämmert, an einem Schleifstein schartige Klingen und Schneiden geschärft. Knechte zogen neue Sehnen in die Bogen, trieben Keile in die Äxte; neben einem Zelt saß ein Junge, der einen Haufen Kittel und Wämser vor sich liegen hatte, auf die er Lederstreifen oder Metallstücke nähte. Kaum waren der König und der Graf herangeritten, lief ihnen schon ein Mann entgegen, nahm seinen Strohhut ab und verbeugte sich.
»Der Anblick so vieler fleißiger Leute ist dem
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