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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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einer Biegung die Sicht wieder frei war, erblickten sie ungefähr zweihundert Schritt vor sich einen befestigten Hof. Etwas abseits von ihm befand sich ein langgestrecktes Gebäude, vor dem zahlreiche Menschen standen.
    Im Schritt ritten sie weiter. Ein Hund stürmte auf sie zu, umkreiste sie kläffend und lief zurück. Kurz darauf sprengte ein Reiter aus dem Tor. Einen Steinwurf von ihnen blieb er stehen und schaute ihnen, auf den Sattelknauf gestützt, entgegen. Er war jung, noch fast ein Knabe; sein rundes, bartloses Gesicht verriet unverhohlene Neugier.
    »Willkommen allerseits!« sagte er, als sie heran waren, errötend. »Ich wollte mich nur davon überzeugen, daß du es bist, Herr Graf.« Er war barfuß, und da ihm offenbar die Abendkühle zusetzte, preßte er seine Sohlen gegen den Leib des Pferdes.
    »Wer zum Kuckuck sollte es sonst sein?« erwiderte Thietmar. »Für gewöhnlich«, er tätschelte seinem Rappen den Hals, »erkennst du ihn doch auf eine Meile im Dunkeln … Wie ist es, sind bereits viele eingetroffen?«
    »Alle, Herr. Die ersten kamen gegen Mittag, und von da an ging es Schlag auf Schlag.«
    »Nun, dann troll dich wieder … Halt, warte! Sag, habt ihr schon von diesem Wein gekostet?«
    Der Bursche nickte. »Ein Maß zur Begrüßung gab es für jeden«, antwortete er fröhlich.
    »Und? Wie schmeckt er?«
    »Ein Teufelszeug ist das, Herr! Man könnte darüber glatt seine Seligkeit vergessen.«
    Thietmar zwinkerte Ratibor zu. »Lästere nicht, du Lump!« sagte er hierauf mit gespielter Strenge zu dem Reiter. »Und jetzt schere dich fort und melde uns Graf Gero.«
    Während sie sich dem Hof näherten, begannen die Fürsten zu murmeln. Auch unter ihren Knechten entstand Unruhe; sie stießen einander an und zeigten nach vorn. »Was ist denn das für eine Burg?« hörte Ratibor jemanden flüstern. »Sie hat ja nicht einmal einen Wall. Viel scheint dieser Gero bei ihnen nicht zu gelten.«
    Ratibor drehte sich um und gewahrte Miloduch, der ihn teils spöttisch, teils vorwurfsvoll ansah. Obzwar selbst von der geringen Größe des Anwesens ein wenig verblüfft, sagte er abweisend: »Täusche dich nicht.«
    »Wollen wir den Hof nicht lieber stürmen, Brüder?« drang, nun schon etwas lauter, eine andere Stimme an sein Ohr. »Ich schwöre euch, noch bevor es finster ist, haben wir ihn erobert.«
    Übermütiges Gelächter erscholl.
    Vorsichtig schaute Ratibor zu Thietmar. »Ah, jetzt tauen sie endlich auf«, sagte dieser schmunzelnd. »Du hast ihnen gewiß vom Wein erzählt, wie? Oder«, er blähte seine Nasenflügel, »sind es die Essensdüfte, die ihnen die Zunge lösen?«
    »Ja, ich glaube«, erwiderte Ratibor. Er musterte Thietmar scharf, doch dessen Gesicht zeigte lediglich jenen Ausdruck zärtlicher Rührung, den es stets annahm, sobald von Wein die Rede war.
    Als sie den Graben erreicht hatten, ertönten im Inneren des Hofes Trittgeräusche. Das Tor wurde geöffnet, und auf der Brücke erschien ein Mann, der Ratibor sogleich bekannt vorkam. Der schmächtige, fast zierliche Körper, der unverhältnismäßig große, sonderbar geformte Schädel, die pechfarbenen glänzenden Augen – einen Menschen mit einem solchen Äußeren vergaß man nicht so rasch. Ja, er hatte ihn bereits einmal gesehen, gesprochen, da war er sicher, hatten sie einander jedoch noch nicht.
    »Graf Gero«, sagte Thietmar leise, »der Legat. Er wird zu euch reden. Wünschst du, daß einer unserer Leute übersetzt oder –«
    »Nein«, unterbrach ihn Ratibor nach einem Blick auf Pribislaws versteinerte Miene, »ich werde machen.«
    Sie stiegen von den Pferden und gingen auf Gero zu. Zwei Schritte vor ihm straffte sich Thietmar und sagte: »Dies, Herr Legat, ist der edle Ratibor, Gaufürst der Ploni.«
    »Sei mir gegrüßt und willkommen!« sagte Gero, sich verneigend.
    »Ich danke dir, Herr Legat«, entgegnete Ratibor, sich ebenfalls verneigend.
    »Weshalb stellst du mich nicht zuerst Herzog Pribislaw vor?« wandte sich Gero hierauf an Thietmar.
    »Nun, unser Gast hat sich bereit erklärt, deine Worte in die slawische Sprache zu übersetzen, und da –«
    »Ein Fürst als Dolmetscher?« Gero schüttelte langsam den Kopf. »Ich muß dich für Graf Thietmar um Verzeihung bitten, geschätzter Freund. Trage ihm, wenn du es vermagst, seine Unvernunft nicht nach.«
    »Aber ich habe Graf Thietmar darum gebeten«, sagte Ratibor. »Deswegen, weil ich eure Sprache üben will.«
    »Wirklich? Ja, wenn es sich so verhält … Übrigens sind

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