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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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eingebracht hatte.
    Die andere Möglichkeit bestand darin, den Wald so lange zu besetzten, bis Verstärkung eintraf. Das war riskant, versprach aber den ganzen Erfolg, wenn es gelang, die Heveller in dem Glauben zu wiegen, ihr Anschlag sei unbemerkt geblieben. Die zweite Gruppe, entschied Siegfried, sollte dort bleiben, wo sie sich gegenwärtig befand. Zwar waren vermutlich auch jenseits der Straße Bäume angesägt worden, doch vor der Biegung waren die Leute nicht unmittelbar bedroht, und wegen der Pferde konnten sie ohnehin nicht in den Wald.
    Ein Bote übermittelte ihnen den Befehl, beim Heer sofort Stoßtrupps anzufordern, die den Gegner umgehen und im Rücken angreifen sollten. Scheinbar ziellos drangen die Männer inzwischen weiter in den Wald vor. Siegfried hatte ihnen die Gefahr, in der sie sich befanden, nicht verheimlicht, denn ein erneuter Auflauf mußte unbedingt vermieden werden. Falls die Slawen irgendwo Späher postiert hatten, sollten die den Eindruck gewinnen, daß ihr Feind im dunkeln tappte, und sich an seiner vermeintlichen Ahnungslosigkeit ergötzen. Geräuschvoll bewegten sich die Leute vorwärts, riefen sich dann und wann zu, daß diese Hunde offenbar die Erde verschluckt habe. Dabei standen ihnen die Haare zu Berge. Auf Schritt und Tritt bestätigte sich, daß dieser Gero nicht übertrieben hatte.
    Auch Otto war, als liefe er über dünnes Eis. Es kostete ihn alle Kraft, nicht bei jedem Baum stehenzubleiben und, sofern dieser die teuflischen Merkmale aufwies, an einem der immer nachlässiger getarnten Einschnitte herumzupolken. Wohin er auch blickte, ständig peinigte ihn die Vorstellung stürzender Wipfel, splitternder Stämme, aus dem Boden schnellender Wurzeln. Zum ersten Mal seit langem empfand er wirkliche Angst.
    Ohne es zu merken, war er in eine sumpfige Stelle geraten. Umkehren mochte er nicht, er griff nach einem über ihm hängenden Ast und zog sich daran vorwärts. Vor ihm tauchte so etwas wie eine kleine Insel auf, eine Erhebung mitten im Morast, von Gebüsch fast zugewachsen. Er kroch hoch, wollte hindurch, doch die Zweige waren so ineinander verhakt, daß sie sich nicht lösen ließen. Er nahm das Schwert, setzte es unten an, ein Schnitt, und sie schnappten nach oben. Vor ihm öffnete sich das Innere einer Hütte.
    Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, wurde ihm der Mund trocken. Auf dem Boden lagen zwei Gestalten, mit dem Gesicht nach unten, die Hände über dem Kopf verschränkt und am ganzen Körper zitternd. Otto trat einen Schritt nach hinten, schämte sich jedoch sogleich seiner Furcht. »Los, aufstehen!« sagte er atemlos und schlug dem einen mit der flachen Klinge auf die Schulter. Beide zuckten zusammen, krümmten sich etwas, dann erhoben sie sich.
    Otto wurde leicht und fröhlich zumute. Vor ihm standen zwei Knaben, deutlich jünger als er und sich so ähnlich, daß es nur Brüder sein konnten. Entsetzt starrten sie auf die Spitze seines Schwertes, das er vor ihren Bäuchen hin und her schwenkte. Plötzlich knackte es hinter ihm. Er fuhr herum, sah Siegfried, der bereits bis zu den Knöcheln im Schlamm steckte und heftig fuchtelte.
    Otto begriff sofort, daß er einen Fehler gemacht hatte, er stieß einen Schrei aus, aber da war es schon zu spät. Er vernahm ein Rascheln, und im nächsten Augenblick konnte er sehen, wie die beiden durch ein Loch auf der gegenüberliegenden Seite der Hütte schlüpften.
    Siegfried, der um den Sumpf herumgerannt war, kam an, als sie ihn gerade durchquert hatten. Statt des Schwertes hielt er nun ein kurzes Dolchmesser in der Hand. Aus dem Lauf heraus sprang er den einen der Jungen an und riß ihn zu Boden; dann legte sich der schwere Mann über ihn, verschloß seinen Mund und preßte den schmächtigen Leib fest an die Erde.
    Währenddessen verfolgte Otto den zweiten Jungen. Dieser, schneller als er, sprang leichtfüßig zwischen den Bäumen hindurch und drohte ihm zu entwischen. Auf einmal schlug er einen Haken, prallte gegen einen Stamm und blieb betäubt stehen. Noch bevor Otto bei ihm war, drehte er sich um und sank auf die Knie.
    Neugierig betrachtete Otto das von der Jagd erhitzte, noch kindliche Antlitz. Es war beinahe so wie früher. Ein Kampf hatte stattgefunden, er hatte gesiegt. Gleich würde das verschwitzte und betrübte Gesicht seines Gefährten von einem Lachen überzogen werden, man würde Unterwerfung spielen, einen symbolischen Tribut verabreden, sich umarmen, danach gemeinsam nach Hause gehen.
    Doch der

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