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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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daß ich ihn einfach so habe sitzenlassen, aber das ist mir egal.
     
    Ich gehe nach Hause und rufe einen Mann namens Peter Byatt an, der beim Bee für die Zusammenarbeit mit der Polizei zuständig ist. Ich kenne ihn zwar schon über zehn Jahre, aber wir hatten außerhalb der Arbeit nie miteinander zu tun. Er ist ein älterer, sehr kompetenter Mann, der mir in der Vergangenheit schon bei mehreren Artikeln geholfen hat. Ich warte, bis der Anruf an seinen Schreibtisch durchgestellt wird. Das Telefon läutet mehrmals, ehe sich eine ausdruckslose, gelangweilte Männerstimme mit »Byatt« meldet.
    »Pete, hier ist Nora Tibbs.«
    Er schweigt einen Moment. Dann fällt ihm wieder ein, wer
ich bin. »Nora! Wie geht es Ihnen? Wann können wir denn wieder mit Ihnen rechnen?«
    »Bald«, antworte ich. »Pete, ich wollte Sie um einen Gefallen bitten.«
    Nach kurzem Schweigen sagt er: »Was kann ich für Sie tun?«
    »Erinnern Sie sich an den Mansfield-Mord?«
    »Die Frau von Channel Three? McCarthys Freundin? Natürlich.«
    »Erzählen Sie mir davon. Über den Typen, der sie umgebracht hat.«
    Ich höre einen Stuhl ächzen und stelle mir vor, wie er sich zurücklehnt und eines der Ablagefächer als Fußstütze benutzt. Ich habe ihm viele Male dabei zugesehen. »Mark Kirn«, sagt er. »Ein richtiger Psychopath. Ein Exfreund von ihr, der nicht von ihr lassen konnte und sie ständig belästigte. Ein echter Spinner. Sie hat sich eine richterliche Verfügung besorgt, um ihn sich vom Leibe zu halten, aber das hat offenbar nicht geklappt. Als er sie weiter belästigte, zeigte sie ihn an. Er bekam zwei Jahre auf Bewährung, glaube ich. Vielleicht waren es auch drei. Zusätzlich wurde ihm zur Auflage gemacht, sich einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Es hat nicht viel genützt – schließlich hat er sie auf dem Parkplatz des Senders erstochen. Mit acht oder neun Stichen, glaube ich.«
    »Wie hat er sie belästigt?« frage ich.
    »Das Ganze liegt schon ein paar Jahre zurück«, antwortet er zögernd. Er denkt eine Weile nach, dann sagt er: »Wenn ich mich richtig erinnere, hat er sie immer wieder angerufen und ihr seine unsterbliche Liebe und Ergebenheit verkündet. Schließlich mußte sie ihre Nummer ändern lassen. Und er ist ihr durch die ganze Stadt gefolgt. Wo auch immer sie für eine Story recherchierte, tauchte er auf. Meistens hat er sich dabei ziemlich zum Narren gemacht. Er fotografierte sie, machte Hunderte von Bildern und schickte sie ihr. Als sie ihn ignorierte,
fing er an, ihr Drohbriefe zu schicken. Er brach sogar ein paarmal in ihr Haus ein. Zumindest behauptete sie das. Er selbst streitet alles ab. Bis heute beteuert er, unschuldig zu sein. Er sagt, man habe ihm die Sache angehängt, ein anderer ihrer Freunde habe sie umgebracht. Er behauptet, es sei Ian gewesen. Die beiden haben sich mal geprügelt, als Kirn das Paar in ein Restaurant verfolgte. Die Polizei hat das überprüft, aber sie haben Ian nie ernsthaft verdächtigt. Die Beweise sprachen eindeutig gegen Kirn. Es hat zwar niemand gesehen, wie er sie umgebracht hat, aber das Messer war voll von seinen Fingerabdrücken. Und es gab einen Zeugen, der aussagte, ihn ein paar Minuten nach dem Mord auf dem Parkplatz gesehen zu haben.«
    Während er spricht, beschleicht mich ein vages Gefühl des Unbehagens. Ian hat mir nie von den Unschuldsbeteuerungen des Mannes erzählt, ebensowenig wie von der Prügelei. »Danke«, sage ich und lege auf, bevor er mir irgendwelche Fragen stellen kann.
     
    Mein Wagen steht in der Garage, aber ich beschließe trotz des heißen Wetters, zu Fuß in die Innenstadt zu gehen, um meinen Kopf wieder freizubekommen. Wenn ich zügig gehe, brauche ich etwa eine Stunde bis zur Second Street. Ich habe also gerade noch genug Zeit, um es bis halb sechs ins Paragon zu schaffen, wo ich mit Joe Harris verabredet bin.
    Ian. Ich denke an Ian.
    Ich gehe durch die Bahnunterführung und dann weiter in Richtung Zentrum.
    Als ich im Paragon eintreffe, wartet Joe bereits auf mich. Ich bin von dem langen Marsch erhitzt und gehe geradewegs zur Toilette, um mir das Gesicht zu waschen. Nach der körperlichen Anstrengung fühle ich mich leicht überdreht. Wieder denke ich an Ian.
    Ich setze mich, und plötzlich sprudelt alles aus mir heraus,
was in den letzten Tagen passiert ist. Dabei spreche ich so schnell, daß ich nach kurzer Zeit selbst das Gefühl habe, wirres Zeug zu reden.
    »Langsam, Nora. Immer mit der Ruhe. Wovon sprechen Sie

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