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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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keuchend, deute ich zur Straße. »Jemand ist mir gefolgt«, stoße ich atemlos hervor.
    Er blickt die Straße hinauf, kann aber niemanden entdecken. »Bist du sicher?« fragt er.
    Ich nicke schwer atmend, während ich den Sicherheitsverschluß wieder auf die Tränengasdose schraube. M. schlingt die Arme um mich und hält mich fest. Ein paar Minuten später schlendert ein Junge vorbei. Er ist vielleicht siebzehn oder achtzehn, trägt Kopfhörer und lauscht der Musik aus seinem Walkman.
    »Da hast du deinen Verfolger«, sagt M. lachend. »Siehst du? Bloß ein Teenager. Deine Phantasie ist mir dir durchgegangen. Es ist bloß ein Junge.«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein«, sage ich. »Da war noch jemand. Ich bin mir ganz sicher. Es war Ian. Ich weiß, daß er es war.« Ich erzähle M., was heute passiert ist und was ich unter Ians Bett gefunden habe.
    M. läßt mich los und tritt stirnrunzelnd einen Schritt zurück. Er steht mit dem Rücken zu der Lampe über der Eingangstür, und sein Gesicht liegt im Schatten. »Mein Gott, Nora! Das war aber gefährlich! Warum hast du mich nicht angerufen? Ich wäre doch mit dir hingefahren. Noch besser wäre
es gewesen, du hättest die Sache der Polizei überlassen.« Ich höre den Ärger in seiner Stimme, sehe ihn in seinem Gesicht.
    »Ich mußte es einfach wissen«, sage ich. »Ich wollte endlich sicher sein.« Abrupt dreht er sich um und geht ins Haus. Offenbar ist er immer noch wütend. Ich folge ihm. »Du klingst schon wie Joe«, werfe ich ihm vor. »Der sagt auch immer, ich soll mich aus der Sache raushalten.«
    »Vielleicht solltest du auf ihn hören.« Er schweigt eine Minute, schüttelt dann den Kopf und berührt leicht meine Hand. »Nora, manchmal bist du wirklich unmöglich. Was, wenn Ian dich überrascht hätte?«
    »Hat er aber nicht.«
    »Nein, aber es hätte passieren können. Er hätte dir etwas antun können.« Er nimmt mich in die Arme und drückt mich an sich. »Weißt du denn nicht, wieviel du mir bedeutest?«
    Sein warmer Körper preßt sich an meinen. Ich spüre, wie er schaudert, es ist nur ein ganz leichtes Zittern, aber ich habe sofort ein schlechtes Gewissen. Die Tiefe seiner Gefühle rührt mich. Mir war nicht bewußt, daß ich ihm soviel bedeute. Noch vor einem Monat hätte ich nicht geglaubt, daß er zu solch intensiven Regungen fähig ist.
    »Tut mir leid«, sage ich. »Ich schätze, es war dumm von mir, allein hinzufahren. Aber nachdem ich einen weiteren Brief bekommen hatte, wollte ich einfach etwas unternehmen, ich wollte mich nicht so als Opfer fühlen.«
    M. führt mich ins Wohnzimmer, und wir setzen uns auf die Couch. Ein paar Minuten lang hält er mich einfach fest, umarmt mich zärtlich. Ich spüre seinen warmen Atem wie eine Feder über meinen Hals streichen. Schließlich sagt er ganz leise: »Du hast etwas in mir angerührt, Nora, wie noch niemand vor dir. Ich weiß nicht einmal genau, warum. Ich weiß nur, daß es so ist. Ich liebe dich, und ich möchte dir alles über mich und mein Leben erzählen. Ich möchte alles mit dir teilen. Das ist ein völlig neues Gefühl für mich.«

    Er spricht die Worte gegen meinen Hals, unsere Körper sind noch immer fest aneinandergepreßt. Ich kann sein Gesicht nicht sehen, aber ich höre den sanften Herzschlag in seiner Brust, spüre, wie er sich mir zuwendet. Er faßt an mein Kinn, hebt meinen Kopf und sagt: »Du veränderst mich, Nora.« Er lächelt zärtlich – ein Ausdruck, den ich bei ihm erst wenige Male gesehen habe – und fügt hinzu: »Ich glaube, es ist eine Veränderung zum Guten.«
    Ich lege den Kopf an seine Brust und kuschle mich noch näher an ihn. Wir atmen synchron, meine Brust hebt und senkt sich im Einklang mit seiner. Nach einer Weile flüstert er traurig: »Nie sagst du meinen Namen. Nie.« Ich schweige ein paar Minuten, weil ich völlig verwirrt bin und nachdenken muß. Was hat das alles zu bedeuten? Er bittet mich, sein Leben mit ihm zu teilen, was noch vor ein paar Monaten undenkbar gewesen wäre. Aber jetzt spüre ich, wie etwas in mir weich wird, wie sich ein warmes Gefühl in meinem Herzen ausbreitet. Ich habe immer geglaubt, daß Ian der Mann ist, für den ich bestimmt bin. Ist es möglich, daß es die ganze Zeit M. war? Kann es sein, daß ich mehr für ihn empfinde als sexuelle Anziehung? Möglich ist es, denke ich und sage ganz weich: »Michael.«
    »Das klingt schön«, sagt er, und ich lächle. Die Vorstellung, mit ihm zusammenzuleben, läßt plötzlich eine Welle der

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