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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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sie so verliebt in den Cadillac sei, aber sie lächelte nur geheimnisvoll und sagte: »Er läßt mir Raum zum Wachsen.«

40
    An einem eisigen, windigen Tag zieht der Herbst in die Stadt. Ian ist festgenommen und des Mordes an meiner Schwester angeklagt worden. Es stimmten zwar weder seine Haarsträhnen noch seine Fingerabdrücke, noch die Teppichfasern mit
denen überein, die in Frannys Wohnung gefunden worden waren, doch er konnte anhand des Klebebands überführt werden. Die chemische Untersuchung ergab eindeutig, daß die Schnittstellen genau zu dem Band paßten, mit dem Franny der Mund zugeklebt worden war. Ian beteuert immer noch seine Unschuld und will nicht sagen, wie er sie ermordet hat. Die genaue Ursache ihres Todes ist nach wie vor unklar. Vielleicht werde ich nie erfahren, wie oder warum er Franny umgebracht hat, und ich frage mich, ob ihre Geschichte auf diese Weise enden wird. Vielleicht gab es gar keinen Grund. Manche Leute morden grundlos, weil sie kein Gewissen haben – die Zeitungen berichten jeden Tag darüber. Mark Kirn sitzt immer noch wegen des Mordes an Cheryl Mansfield in San Quentin, aber ich bezweifle, daß er es wirklich war. Vielleicht hat Ian sie ebenfalls umgebracht. Ich kenne die Antworten nicht, und dabei wird es wahrscheinlich auch bleiben. Inzwischen kann ich das akzeptieren … glaube ich zumindest.
    Seit dem Tag, an dem Ian verhaftet wurde, haben die Anrufe aufgehört, und ich habe auch keine Fotos oder Drohbriefe mehr bekommen. Ein Mantel träger Gelassenheit hat sich über mein Leben gelegt, und M. und ich kommen ziemlich gut miteinander aus. Wir haben ein einzigartiges Arrangement: Er befiehlt, und ich gehorche. Das hat er wohl gemeint, als er damals sagte, ich müßte lernen, mich mit den Männern auseinanderzusetzen. Es ist eine für beide Seiten befriedigende Allianz. Inzwischen habe ich auch das letzte bißchen Kontrolle, das ich mir noch vorbehalten hatte, an ihn abgegeben, und meine einzige Pflicht besteht darin zu tun, was er sagt. Mir ist es recht so. Meine langwierige Suche nach Frannys Mörder hat mich ausgezehrt. Ich fühle mich emotional angeschlagen, verraten von dem einzigen Mann, dem ich je wirklich vertraut habe. Wie konnte ich mich in Ian bloß so täuschen? Jetzt habe ich nur noch den Wunsch, mich in den Kokon von M.s Autorität zurückzuziehen. Ich bin damit zufrieden,
auf Autopilot zu schalten, wenn er als Steuermann meinen Kurs bestimmt. Meine Unterwerfung beschränkt sich weitgehend auf die sexuelle Arena, wobei die Grenzen dieser Arena gelegentlich verschwimmen und sich auf andere Bereiche unseres Lebens ausdehnen. Manchmal fühle ich mich wie ein Mensch ohne eigene Persönlichkeit, jemand mit wenig Gewicht oder Substanz – wie ein kleines Mädchen oder eine Sklavin, deren einzige Pflicht darin besteht, ihrem Vater oder Meister zu gehorchen und Freude zu bereiten. Mit der Zeit fällt es mir immer leichter, dieser Rolle zu akzeptieren. Soll doch zur Abwechslung mal ein anderer die Verantwortung für mich tragen. Zwar verdanke ich meinen Seelenfrieden – den ich zum ersten Mal seit Frannys Tod wieder genießen kann – einem Verlust an persönlicher Macht, aber das ist ein Verlust, mit dem ich leben kann.
    Allerdings bin ich nicht der einzige Mensch, der seine Macht abgibt. In seiner Liebe zu mir hat auch M. auf einen Teil seiner Macht verzichtet. Anfangs hielt ich es für einen Trick, einen weiteren Versuch, mich zu täuschen. Er ist auf eine so verabscheuungswürdige Art mit Franny umgegangen, daß ich ihn nicht für fähig hielt, sich zu ändern, geschweige denn, einen anderen Menschen zu lieben. Aber sein Verhalten sagt mir etwas anderes. Wir unterhalten uns oft bis tief in die Nacht hinein, und bei diesen Gesprächen, die nie bei Tageslicht stattfinden, öffnet er sich mir, teilt seine Gefühle mit mir, erzählt mir von seinen Schwächen, seinen wunden Punkten – von allem, was ihn menschlich macht – und entblößt vor mir seine Seele. Ich bin die Hüterin dieses Wissens. Er vertraut darauf, daß ich sorgsam damit umgehe, und vielleicht macht ihn das verletzlicher als mich. Zumindest sind wir einander ebenbürtig.
     
    Ein häßlicher anthrazitfarbener Himmel hängt über der Stadt. Die Wolken ziehen schnell dahin, und ein steifer Wind
peitscht den Regen schräg nach unten und läßt ihn die Rinnsteine der Innenstadt überfluten. Papierfetzen, Kaugummipapier, Zigarettenkippen und abgebrochene Zweige werden in dem dreckigen Wasser hin und

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