Brennende Fesseln
Moment geht die Tür auf. M. stellt mich einem großen, stattlichen Mann vor. Er hat ein rundes, freundliches Gesicht und eine gesunde Farbe. Seine Aufmachung wirkt lässig, er trägt eine braune Kordhose und ist barfuß.
»Ihr kommt gerade rechtzeitig«, sagt er, und wir folgen ihm durch den mit Teppich ausgelegten Gang, dann eine Treppe hinauf. Das ganze Haus besteht aus Redwood-Holz und Glas. Die Einrichtung ist spärlich, aber elegant. »Wir wollten gerade anfangen.« Er führt uns in ein großes Zimmer, in dem eine Couchgarnitur aus schwarzem Leder steht. Wir setzen uns, und während wir uns unterhalten, kommt eine nackte
Frau ins Zimmer. Alles, was sie anhat, sind hochhackige rote Schuhe. Sie ist keine schöne Frau – vielleicht Ende Vierzig, zehn bis fünfzehn Pfund zu schwer, zu viel Make-up –, aber sie wirkt sehr gelassen. Sie trägt ein schwarzes Nietenhalsband, das aussieht wie ein Hundehalsband, und sie geht direkt auf den Mann zu, kniet vor ihm nieder und senkt den Kopf. Er ignoriert sie, und M. folgt seinem Beispiel. Quer über ihre Pobacken und Oberschenkel verlaufen dicke rote Striemen.
»Ich sehe, daß Sie ihre Abzeichen bewundern«, sagt unser Gastgeber, während er sich vorbeugt und die Schultern der Frau liebkost. »Ich war gerade mit ihrer Züchtigung fertig, als ihr gekommen seid.« Zu der Frau sagt er: »Steh auf. Geh hinüber, damit sie dich aus der Nähe sehen können.«
»Ja, Meister«, sagt sie und steht auf.
»Meister?« flüstere ich und sehe M. an, aber er ignoriert mich.
Sie kommt zu uns herüber und lächelt, als wäre sie stolz auf die Striemen. Sie dreht sich um, damit wir sie besser sehen können.
»Sehr schön«, sagt M. und fährt mit der Hand an ihrem Oberschenkel hinunter.
Ich frage M. im Flüsterton: »Warst du mit Franny hier?«
Er nickt.
An mich gewandt, sagt die Frau: »Ich freue mich, daß Sie kommen konnten, auch wenn Sie nicht mitspielen werden.«
Nervös sehe ich sie an. Ich frage mich, was sie wohl mit »spielen« meint.
»Wir fangen jetzt an«, sagt der Mann und erhebt sich aus seinem Stuhl. Nachdem er ein weißes Tuch auf dem Boden ausgebreitet hat, winkt er der Frau. Sie legt sich auf den Rücken. Ihre Brüste, die dünne Dehnungsstreifen bis zu den Brustwarzen haben, fallen zur Seite. Ihr kurzes, lockiges Haar hat einen rötlich-goldenen Farbton, genau wie ihre Schambehaarung. Sie schließt die Augen und beginnt tief zu atmen, als
würde sie meditieren. Der Mann setzt sich neben sie und öffnet einen kleinen Lederkoffer. Ich sehe eine Reihe von Stahlnadeln.
M. wirkt überrascht und scheint sich seltsam unbehaglich zu fühlen. Er flüstert mir zu: »Damit habe ich nicht gerechnet – ich dachte, er würde uns bloß eine Peitschen- und Fesselszene vorführen.«
Wir sehen zu, wie er die Haut über ihrer Brust zusammenschiebt und eine Nadel durch eine dünne Schicht Fleisch schiebt. Ich höre sie stöhnen.
»Tief durchatmen«, sagt der Mann in beruhigendem Tonfall zu der Frau. »Entspann dich einfach.« Mit diesen Worten schiebt er eine weitere Nadel durch ihre Haut, diesmal an der anderen Brust. Dann streichelt er ihre Stirn. Sie öffnet die Augen und sieht ihn lächelnd an. Auf ihren Brüsten bilden sich Blutstropfen.
»Und das soll ein Spiel sein?« flüstere ich M. zu, während sie mit einer weiteren Nadel durchstochen wird.
M. lehnt sich näher zu mir herüber. Leise sagt er: »Für manche Leute ja. Wie du siehst, genießt sie es. Schau einfach zu – wahrscheinlich wird er auf ihrer Brust ein Muster aus Nadeln stecken.«
Aber das tut er nicht. Er greift erneut in den Koffer und zieht unter einem Stück Stoff ein schimmerndes Messer hervor. Es sieht aus wie ein chirurgisches Skalpell. Ich weiß, was er gleich tun wird, und halte vor Anspannung die Luft an. Ich werfe einen schnellen Blick zu M. hinüber. Er hat sich kaum merklich vorgebeugt. Sein Gesichtsausdruck wirkt mißtrauisch.
Mir wird übel. Ich stürze aus dem Haus und bleibe vor der Tür stehen, um erst einmal tief Luft zu holen. Nach ein paar Minuten kommt auch M.
Er sagt: »Man nennt das Scarification . Du brauchst dir keine Sorgen um sie zu machen – er wird nicht tief schneiden. Und die Narben verschwinden mit der Zeit wieder.«
Die kalte Luft pfeift durch meine Jacke. Ich bekomme eine Gänsehaut. »Warum hast du mich hierhergebracht?«
»Um dir zu zeigen, wie sie miteinander spielen.«
»Warst du mit Franny auch deswegen hier?«
»Nein. Franny war nie als Beobachterin
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