Brennende Hunde
Behendigkeit erzählte, und abermals ein Stück höher
hinauf, um das ausdrucksvolle Muskelvlies des Bauches zu betrachten, über
welchem – o süße Lust – der Oberkörper eine Brust zu präsentieren wußte, die,
obwohl von Haaren unbesetzt, augenblicklich den fiebrigen Neid eines jeden
Athleten hervorrufen mußte. Was jedoch war die Perfektion dieses Leibes gegen
jenes blondhaarumflossene Engelsgesicht, welches gefällig und im Glanze
vollkommenen Liebreizes auf einem feingliedrigen Halse nichts als Anmut
präsentierte und mit zurückhaltener Genugtuung und glücklich auf sein Spiegelbild
schaute, dabei in das leuchtende Blau der schön geschnittenen Augen sich bis zu
einer Wonne versenkend, die oft der Ohnmacht nahekam?
„Wahrhaftig, ich bin schön“, pflegte Monroe ohne jede
falsche Prüderie zu sagen, um sich unmittelbar nach Abschluß seines Rituals,
als Tribut des Geschauten, auf den Boden zu ergießen.
An diesem Tage jedoch fiel der Ritus aus. Monroe war
nicht in Stimmung, sich am Anblick seines perfekt gewachsenen Körpers zu
erfreuen; eine anonyme Morddrohung, die er in der Post entdeckte, war ihm
gründlich auf den Magen geschlagen. Panik hatte ihn erfaßt. Zwei Stunden später
hielt seine Limousine vor dem Sadie’s, wo er sich mit Dess verabredet hatte.
Ohne Einleitung kam Monroe direkt auf den Punkt.
„Das habe ich heute mit der Post bekommen“, sagte er und
reichte dem anderen ein Blatt Papier mit einem ausgefüllten Kreuzworträtsel.
Dess warf einen Blick auf Monroes rotlackierte
Fingernägel, dann schaute er aufs Kreuzworträtsel. Die von Monroe eingefügten Buchstaben
in den farbig hervorgehobenen Feldern ergaben den Lösungssatz: Tod kommt bald.
„Sie sollten diese Drohung ernstnehmen und Kalifornien
für eine Weile verlassen“, sagte Dess und gab dem Popstar das Blatt mit dem
Kreuzworträtsel zurück.
„Das Land verlassen?“ entgegenete Monroe. „Ich hab‘
Konzerte zu spielen. Ich kann nicht einfach verschwinden. Schon gar nicht
jetzt, da mich die Presse im Auge behält.“
„Wenn Sie es nicht tun, werden Sie sterben. Es gibt
keinen Grund, an der ernsthaften Absicht des Täters zu zweifeln.“
„Scheiße!“ heulte Monroe auf. „Wer ist dieser Kerl? Und
warum will er mich töten?“
„Weil er Ihre Musik nicht ausstehen kann, würde ich
sagen. Oder genauer: weil er Rock’n’Roll im allgemeinen nicht mag.“
„Oh, echt? Das ist ja wirklich klasse. Ich für meinen
Teil kann Baseball nicht leiden. Aber schreibe ich deswegen Morddrohungen an
Brad Penny oder Jeff Kent?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Dess. „Tun Sie’s?“
Monroe lachte hysterisch. Dann faßte er Dess mit den rotlackierten
Fingern seiner Rechten am Arm und sagte: „Finden Sie diesen Kerl! Sagen Sie mir
die Summe, die Sie verlangen, aber finden Sie ihn!“
***
Wenngleich man das Gemüt des Lieutenants als
gleichbleibend entspannt bezeichnen konnte, weil er betreffs seines Lebens
keinerlei Illusionen mehr hegte, so gab es dennoch Tage, an denen er sich am
liebsten einen Bart stehen lassen wollte. Er war auf dem Weg zu seinem Büro
gewesen, als Ramon ihn im Korridor abfing, um dem Lieutenant mitzuteilen, der
Chef wolle ihn sehen. Malvick machte kehrt und klopfte eine Minute später an
die Bürotür seines Vorgesetzten, Captain Frank Looney. Er betrat dessen
akribisch aufgeräumtes Büro, das den kalten Glanz eines OP-Raums besaß, und
fand Looney im Gespräch mit einer korpulenten Frau in einem viel zu grünen
Kostüm. Unter dem eng gespannten Rock quoll das Fleisch enorm dicker Schenkel
hervor. Die Füße der Frau steckten in mausgrauen Seniorenschuhen, obwohl die
Person nach Malvicks Schätzung höchstens vierzig Jahre alt war. Zwischen ihren
Lippen hielt sie eine schwarze Zigarettenspitze, in der die Zigarette fehlte. Ihr
Haar trug die Frau zu einem strengen Knoten gebunden, und der Lieutenant bemerkte,
daß sie den Geruch von saurer Milch verströmte; unwillkürlich zuckte seine Nase
zusammen.
„Lieutenant Malvick“, sagte Looney“, das ist Dr.
Chairman, die Profilerin, die uns die Bundesbehörde schickt. Sie beide werden
von jetzt an zusammenarbeiten.“
Malvick warf einen weiteren Blick auf Dr. Chairman und
schwieg. Er war der Meinung, ihm klebte schon genug Scheiße am Schuh, und jetzt
hatte der große Polizeigott in seiner unendlichen Weisheit auch noch beschlossen,
ihm ein weiteres Handicap aufzubürden – eine Bürde von schätzungsweise 120 Kilo
Gewicht.
„Was ist mit
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