Brennende Hunde
es leid, in der
Furcht vor dem Zugriff eines Killers zu leben.“
„Versuchen Sie, nicht dran zu denken. Konzentrieren Sie sich
nur auf die Show.“
Dess versuchte, zuversichtlich zu klingen, doch sein
Instinkt legte Widerspruch ein. Irgend etwas Schreckliches würde geschehen. Ein
weiteres Mal ging er im Kopf alle Maßnahmen durch. Hatte er irgend etwas
übersehen oder vergessen? Hatte man wirklich an alles gedacht? Er hoffte es,
aber die dunkle Vorahnung wollte nicht weichen. Er verließ Monroes Garderobe,
um Buck und Deadhead zu suchen. Besser, er stattete sie und Eddy mit Schußwaffen
aus.
Während Dess durch die langen Flure der Hollywood Bowl in
Richtung Bühne lief, dachte er an McCullum, der sich in diesem Moment etwa achtzig
Meilen entfernt in einer spartanisch ausgestatteten Blockhütte befand. Dess
hatte ihn sehr früh an diesem Morgen abgeholt und aufgefordert, etwas Kleidung
und eine Zahnbürste einzupacken. McCullum war alles andere als begeistert
gewesen, L.A. zu verlassen. Doch Dess hatte ihm noch einmal deutlich vor Augen
gerufen, daß er, wenn er bliebe, ein zu leichtes Ziel für den Mann mit der
Halbglatze abgeben würde. McCullum hing an seinem Leben, also gab er klein bei.
Dess hatte außerdem darauf bestanden, daß auch Rita McCullum die Stadt für ein
paar Tage verließ, und so hatte Martha Daggin, McCullums Sekretärin, einen
Flieger nach Miami für die Frau des Plattenbosses gebucht. Beide waren sie also
jetzt in Sicherheit, der irre Klassikliebhaber kam nicht mehr an sie ran und
würde sich etwas einfallen lassen müssen. Dess hoffte darauf, ihm eine Falle
stellen, ihn aus der Reserve locken zu können. Jetzt aber konzentrierte er sich
auf den bevorstehenden Abend. Wenn er Musik, wie Monroe sie machte, auch nicht
ausstehen konnte – er hatte seinen Auftrag angenommen, und anders als McCullum
war der Sänger kooperativ. Dennoch: Dess hatte ein schlechtes Gefühl. Wie
Tiere, die eine sich bevorstehende Katastrophe frühzeitig spüren, so sagte auch
ihm ein sechster Sinn, daß sich etwas anbahnte, das weder er noch Looney oder
Malvick würden abwenden können.
***
In der Brusttasche seines Entführers hatte Riley die
Schlüssel für seinen eisernen Halsring gefunden, sich befreit und bis zum Dodge
vorwärtsgeschleppt. Hinter dem Steuer mußte er feststellen, daß im Zündschloß
kein Zündschlüssel steckte. Riley fluchte. Er blickte zu dem Irren hinüber, der
soeben auf die Beine gelangte und nach dem Jagdgewehr griff. Riley rutschte vom
Fahrersitz ins Freie und stöhnte laut auf. Die Schußwunde in seinem
Oberschenkel blutete stark, doch jetzt war keine Zeit, sich darum zu kümmern.
Er humpelte um die Motorhaube herum, als der Irre zu
schießen begann. Eine Kugel fuhr dicht neben Riley in die Motorhaube.
„Fick dich!“ rief er und lief, so schnell es seine
Verletzung erlaubte, im Schutze des Wagens davon. Hinter ihm knallten die
Schüsse, aber die Kugeln trafen ins Leere. Riley hatte Glück, das Gelände war
hügelig und von Sträuchern bewachsen. Schnell war er für den anderen nicht mehr
zu sehen.
Das Jagdgewehr angelegt, hielt der Mann mit der Halbglatze
vergeblich Ausschau nach Riley.
„Du hast keine Chance!“ rief er in die Stille hinein. „Du
bist verblutet, ehe du eine Ortschaft erreichst!“
Riley kauerte hinter einem Busch und hörte die Stimme. Er
zog sein T-Shirt aus und riß es mit Hilfe seiner Zähne in Streifen. Dann band
er sich das Bein oberhalb der Schußwunde ab. Er schaute sich nach etwas um, daß
ihm als Krücke dienen konnte, fand aber nichts. Was würde der Irre nun tun? Riley
entschied, daß es das Beste wäre, sich hinter dem Busch verborgen zu halten und
abzuwarten. Wieso mußte ausgerechnet ihm diese Scheiße passieren? Hätte der
Irre sich nicht einen anderen Rockstar rauspicken können, einen Typen wie
Monroe zum Beispiel, der in den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit der
noch viel größere Abschaum und Verführer der Teenager war? Was war an jenem Tag
in seiner Villa geschehen? Er wußte es nicht. Angepißt von der Vorstellung, auf
McCullums Geheiß in Kürze zu einer anderthalbjährigen Welttournee aufbrechen zu
müssen, hatte er beschlossen, zuvor noch eine kurze Auszeit zu nehmen. Er
hatte, einige Tage, bevor ihn dieser Irre kurzerhand gekidnapped hatte, das
Personal für eine Woche beurlaubt und seinen alten Kumpel Izzy Goodlight, der
früher mal bei den Bad Jokes den Baß bedient hatte und nun bei ihm als Gesellschafter
und
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