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Brennende Hunde

Brennende Hunde

Titel: Brennende Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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deren Anflüge von Größenwahn in regelmäßigen Abständen
für Schlagzeilen sorgten.
    „Okay, du hältst diesen Song also für Schrott. Darf ich
fragen, was kein Schrott für dich ist?“ fragte der Sänger, dessen Name, wie
Izzy sich nun erinnerte, Liam Gallagher war.
    „Alles, was er gemacht hat!“ antwortete Izzy und zeigte
lächelnd auf einen etwa sechzigjährigen Mann, der einen dunkelblauen Samtanzug
trug und aussah, als würde er der nächste James Bond. Sein Auftreten war das
eines Gentlemans, der einem exklusiven Herrenclub seine Aufwartung machte. Alles
an ihm strahlte eine distanzierte Überlegenheit aus. Einst, in den Sechzigern, so
wußte Izzy, war er einer der ganz, ganz Großen gewesen, und sein Talent und
sein Ruhm, seine Magie und Exaltiertheit hatten das Gebaren aller anderen
überstrahlt.
    „Mein Gott!“ sagte Liam. „Ist das etwa …?“
    Izzy nickte. „Ist er! The Legend himself – Mr. P.J.
Proby!“
    Liam Gallagher, der gerade noch streitsüchtig auf Izzy
herabgesehen hatte, erstarrte in Ehrfurcht, und als der Blick des großen Probys
ihn traf, kniete er nieder und neigte sein Haupt. Walt starrte ihn an, ohne zu
begreifen, was soeben geschah. Izzy marschierte zur Stereoanlage, holte die CD
heraus und schob eine andere ein. Er drückte auf Start. Einige Sekunden des
Schweigens, dann setzte die Musik wieder ein. Und plötzlich, brandend wie eine
Tsunami-Welle, die ausnahmslos alles und jeden erfaßte, war die Stimme P.J. Probys
zu hören, erhob sich über den Lärm der Gespräche, über das Klirren der Gläser
und erfüllte die Herzen aller Anwesenden mit Reinheit, neuer Sehnsucht und
Glanz.
    The room was crowdy when I walked in ... I stood there
wearing a foolish grin ...
    „Mein Gott!” stammelte Walt. „Ich habe noch nie eine
solche Stimme gehört!”
    Eine feucht glitzernde Träne löste sich aus seinem Auge
und lief einsam seine Wange hinab. Er spürte, wie ihm kraft dieser Stimme
Absolution erteilt wurde, und fühlte sich an das Gute, das einst in ihm keimte
und lang schon verdorrt war, erinnert. Dies war keine Stimme, sondern eine
Religion. Ein Kosmos, in dem plötzlich alles rein und makellos war.
     
    ***
     
    Das Wesen der Schönheit besteht darin, selten und nicht
von Dauer zu sein. Es ist traurig, doch Schönheit offenbart sich vor allem in
ihrem Verlust. In zweitausend Jahren werden selbst die Deckenfresken
Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle nur noch eine Erinnerung sein.
    Als die letzte Note des Songs von P.J. Proby verklang,
kehrte die Wirklichkeit in die Stadt der Engel zurück und betrat in schweren, genagelten
Stiefeln die Villa. Der Alkohol und die diversen Drogen begannen zu wirken. Niedere
Instinkte blakten in den Seelen der Anwesenden auf, rissen sich frei wie
bissige Hunde, die bemerkten, daß die Tür ihres Zwingers nicht länger
abgesperrt war. Jeder verwandelte sich, schien ein anderer zu werden, degenerierte
zum Anti-Charakter der eigenen Person. Denn obwohl die Menschen sich mit
Heuschreckenplagen, lausigen Fernsehserien und lügenden Politikern, die Kriege
erzwangen, mühelos und wie in Trance arrangierten, gerieten sie mitunter in
Wut, ohne daß der konkrete Anlaß, der diese Wut schürte, zu ermitteln war. Und
mitunter wuchs diese Wut heran bis zum Haß, in dessen Epizentrum larmoyant das
Mitleid für das eigene Ich aufschrie und wie gepeinigt loszuheulen begann. Die
Party, so war es zu spüren, wurde plötzlich vom Ehrgeiz des Todes belebt. Alles
Treiben, alles Amüsieren, alle Gesten und Worte, so erschien es Izzy nun,
dienten nur dem einen Zweck, seine unübersehbare Präsenz zu verhüllen, das
unausweichliche Unheil zu bannen, so als werde ein verstümmelter Leichnam in
bunte, farbige Laken gehüllt, um den Angehörigen seinen Anblick erträglich zu
machen. Einige Gäste brachen nun auf, andere kamen; die Stimmung änderte sich. Aus
freundlichem Lachen war ein schrilles Gelächter geworden. Erinnerungen an
Einsamkeit und Unzufriedenheit rauschten in den Schläfen der zunehmend die
Kontrolle über sich verlierenden Menschen, die weiterhin tranken, weiterhin
Lines durch die Nase einsogen und Tabletten einwarfen, alles mit dem unklaren
Ziel, die schmerzenden Erinnerungen an die Krankheit und Sinnlosigkeit der
eigenen Existenz aus dem Bewußtsein zu bannen. Die Löcher im Kern ihrer Seelen
waren groß und irreparabel, nur das Vergessen und der willentliche Exzeß versprachen
noch Ruhe und Frieden, besaßen die Kraft, das Grauen der eigenen

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