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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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die nächsten Tage voll untätiger Spannung. Sie verfolgte die Nachrichten, las dieKommentare, die die US-Regierung lobten, weil diese sich zu nichts »hinreißen« ließ, und wartete ab. Erst als sie den Kanzler vor die Presse treten und die »uneingeschränkte Solidarität mit den USA« verkünden sah, wusste sie, dass sie Arbeit bekommen würde. Endlich.

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    Verfolgung
    Fast zwei Stunden saß Georg Dengler unter dem beleuchteten Fernsehturm hinter dem Steuer des Stadtmobils und wartete. Warten war er gewohnt. Bei solchen Überwachungen glitt er in ein merkwürdiges Zwischenstadium zwischen Wachen und Träumen. Auch heute wieder. Obwohl er ahnte, wer in dem Kastenwagen neben Klaus Holzer saß, war er ruhig und konzentriert. Es war wie immer in solchen Fällen so, als reduziere er seine Lebensenergie auf ein Minimum, wie eine Echse, die ihren Herzschlag senkt, um eine Trockenzeit oder einen bitteren Winter zu überstehen. Nur seinen Wahrnehmungsapparat regulierte er nicht herunter, er sah und hörte alles, was in seiner Umgebung vor sich ging, und daher war er sofort hellwach, als der schwarze Wagen auf dem Parkplatz auftauchte, nur kurz hielt, um Klaus Holzer aussteigen zu lassen, und gleich weiterfuhr.
    Dengler schoss drei Bilder von dem Auto, dann folgte er ihm. Holzer kannte er. Ihn würde er wiederfinden. Aber den Fahrer des schwarzen Wagens wollte er unbedingt kennenlernen.
    Mit ihm hatte er einiges zu bereden.
    Der dunkle Wagen bog nach links in Richtung Degerloch ab. Dengler folgte ihm. Wieder einmal verfluchte er die knallrote Farbe des Stadtmobils, aber immerhin war es nun ganz dunkel. Dengler hoffte, seine Zielperson würde die Verfolgung nicht bemerken.
    In Degerloch bog der Wagen nach rechts ab, fädelte sich in die Neue Weinsteige Richtung Stadtmitte ein. Dengler blieb zwei Wagen hinter ihm.

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    Vierter Bericht: Kandahar
    Wir durften nicht einmal allein, ohne amerikanische Aufsicht, ihre Gefangenen bewachen. Ich wurde ein paarmal zusammen mit einem Kameraden eingeteilt, ich darf den Namen nicht sagen. Aber es war mein Buddy, mein engster Partner. Wir schoben zusammen Wache in Kandahar. In einem Gefangenenlager. Da sammelten die Amerikaner alles, was ihnen so in die Hände fiel. Drum herum ein großer Zaun. Und wir zu zweit immer auf und ab patrouilliert. Eines Abends ruft uns ein amerikanischer Offi zier und erzählt uns, er hätte hier einen deutschen Gefangenen. Den wollten wir natürlich sehen. Er geht mit uns an den Zaun, deutet auf eine der Gestalten, die da drin auf dem Boden kauern.
    »That's him. That's the German guy.«
    Wie guckten uns den Kerl an. Langer Bart wie ein Afghane. Sah ziemlich mitgenommen aus. Es war ja eiskalt dort, und die Gefangenen mussten praktisch auf dem Boden schlafen. Ohne Decken. Einmal hab ich auch gesehen, wie die Amerikaner sie fütterten. Anders kann ich das nicht nennen. Sie warfen Brotlaibe über den Zaun. In den Dreck. Es war wie im Zoo.
    In den Augen des Langbärtigen glimmte so was wie Hoffnung auf, als er uns sah. Vielleicht erkannte er die deutschen Farben, die an unseren Ärmeln aufgenäht waren.
    »Falsche Seite ausgesucht«, sagte mein Buddy. »Guck wieder auf den Boden.«
    Später ließen wir ihn zu unserem Lkw kommen. Ein paar Amerikaner brachten ihn uns gefesselt und warfen ihn vor uns auf den Boden. Mein Buddy schnappte ihn sich, zog ihn an den Haaren hoch.
    »Weißt du, wer wir sind, du Arschloch?«, schrie er ihn an.
    Der Kerl schwieg.
    »Wir sind die deutsche Kraft!«, schrie mein Buddy.
    Dann rammte er den Kopf des Kerls auf den Boden.
    Ich hatte das Gefühl, ich müsste auch etwas tun, und gab ihm einen Tritt in die Seite.

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    Zweiter Angriff
    Der schwarze Wagen ließ sich in dem Verkehrsfluss der Stadt leichter verfolgen. Allein durch seine Größe konnte Dengler ihn gut im Auge behalten. Der Wagen blieb inmitten der endlosen Karawane, die auf der Neuen Weinsteige hinunter in die Stadt fuhr. Unterhalb der Straßenbahnhaltestelle Bopser scherte der dunkle Wagen plötzlich in eine freie Haltebucht ein. Dengler blieb nichts anderes übrig, als das Überwachungsobjekt zu überholen. Er versuchte den Fahrer zu identifizieren, als er auf gleicher Höhe war, doch die Scheiben waren getönt. Er konnte nichts erkennen.
    Dengler fluchte leise vor sich hin. Plötzliches Halten war das übliche Mittel, Verfolger abzuschütteln. Es funktionierte, wenn der Verfolger selbst nicht halten konnte und dadurch gezwungen war,

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