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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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denkst du, wir wären da unten so eine Art Entwicklungshelfer, die Schulen bauen, den Leuten zeigen, wie man Brunnen bohrt und so ein Quatsch. Die Amerikaner terrorisieren mit Vorsatz die Bevölkerung, und wir helfen ihnen dabei. Dafür werden wir gehasst. Wo wir hinkommen, fliegen Steine auf uns. Und nicht nur Steine. Nicht von den Taliban, von ganz normalen Frauen und Kindern.

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    Doublette
    Über das neue Handy rief Dengler bei der Zentrale des Car-sharingunternehmens an und meldete den Ausfall des Wagens. Nur eine halbe Stunde später lud ein Abschleppwagen das Stadtmobil auf. Zuvor hatte der Mechaniker sich ratlos über den Motor gebeugt. Die gesamte Elektrik des Wagens sei ausgefallen, sagte er. So etwas habe er noch nicht erlebt. Aber schließlich sei einmal immer das erste Mal, sagte er kopfschüttelnd und montierte eiserne Abschleppbügel unter dem Wagen.
    Zu Fuß ging Dengler ins Bohnenviertel zurück. Er ärgerte sich – über sich selbst, über den defekten Wagen, über das Pech, das ihn bei dieser Operation verfolgte. Die einzige Ausbeute war das Kennzeichen des dunklen Kastenwagens, eine Münchner Nummer, und die undeutlichen Fotos mit der Rückenansicht des Fahrers.
    Martin Klein saß im Basta, wie fast immer an dem kleinen Tisch am Fenster, und las Zeitung. Dengler winkte ihm kurz zu, ließ den Blick durchs Lokal schweifen, doch Olga war nicht da.
    Schlecht gelaunt stieg er die Treppen hinauf in sein Büro. Der Bildschirmschoner seines Rechners verteilte ein flackerndes, milchiges Licht im Raum. Dengler rief das Internet auf, und schon bald hatte er Zugang zu den Fahrzeughalterdaten. Der Kastenwagen war zugelassen auf Hans-Werner Schwerer, wohnhaft in München in der Klarastraße 8. Dengler suchte über Google, was das Netz über diesen Mann zu bieten hatte. Es war nicht besonders viel. Er betrieb in München eine eBay-Agentur. Wer etwas im Internet ver- oder ersteigern wollte, wandte sich an ihn. Er fotografierte die Waren, stellte die Bilder ins Netz, wickelte alles ab, was bei einer solchen Versteigerung zu tun war.
    Dengler griff zum Hörer und rief die Agentur an.
    »Hier ist die eBay-Agentur Schwerer. Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piepston. In dringenden Fällen erreichen Sie mich unter ...«
    Es folgte eine Handynummer.
    Dengler wählte die Nummer, und kurz darauf meldete sich eine männliche Stimme.
    »Schwerer.«
    »Hier ist das Stuttgarter Polizeirevier Innenstadt. Sind Sie der Halter des Wagens M-HL 324?«
    »Ja, das bin ich. Was ist mit dem Wagen?«
    »Wissen Sie, wo sich das Fahrzeug im Augenblick befindet?«
    »Aber ja. Es biegt gerade auf den mittleren Ring ein.«
    »Wissen Sie das genau?«
    »Allerdings. Ich sitze nämlich hinterm Steuer.«
    »Dann ist alles gut. Entschuldigen Sie die Störung.« Dengler legte auf.
    Die Doublette. Der alte Terroristen- und Geheimdiensttrick. Aufwendig, aber immer noch wirkungsvoll. Man stahl einen Wagen und gab ihm das Nummernschild eines tatsächlich existierenden gleichen Fahrzeugtyps. Bei einer Polizeikontrolle würde keine Unregelmäßigkeit auffallen.
    Er lehnte sich in dem alten Schreibtischstuhl zurück. Was hatte er nun in Erfahrung gebracht? Holzer war in einen gestohlenen Wagen gestiegen. Die Identität des Fahrers hatte er nicht ausfindig machen können. Und vor allem hatte er keine Ahnung, wo dieser sich nun aufhielt.
    Das war nicht viel.
    Er überspielte die Fotos auf seinen Rechner, vergrößerte das Foto des Fahrers, das er über den Rückspiegel gemacht hatte, als er an der Weinsteige festsaß, und verschickte es per E-Mail an Sarah Singer.
    Obwohl es fast Mitternacht war, rief er kurz danach Sarah Singer an. Sie war noch wach.
    »Ich habe Ihnen ein Foto geschickt. Es hat keine gute Qualität, aber ich will wissen, ob es Ihr Mann ist.«
    Nach fünf Minuten rief sie zurück.
    »Zuerst dachte ich, es wäre Florian. Die Art, den Kopf leicht nach links zu halten. Die Statur ... Aber, um ehrlich zu sein, man erkennt doch nicht genug. Vielleicht ist er es, aber ich bin mir nicht sicher.«
    Dengler ging in die Küche und nahm eine Flasche Brunello aus dem Regal. Vor dem Bad blieb er einen Augenblick stehen, dann nahm er seine Zahnbürste und steckte sie in die Innentasche seines Jacketts. Kurz danach klopfte er an Olgas Tür. Sie öffnete und freute sich, ihn zu sehen.
    Endlich verbesserte sich seine Laune.

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    Ausgeschaltet
    Der rote Opel mit dem Schriftzug

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