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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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der Behörden kannte, dann er. Er wusste, wie begeistert das BKA Daten speicherte und alle möglichen Datenbanken anlegte. Und dieses neue System – diese Möglichkeit, soziale Netzwerke zu erfassen -würde für die Polizeiarbeit einen Quantensprung bedeuten. »Klar gibt es Gründe«, sagte Jakob leise. »Ganz tolle Gründe. Du weißt doch, welcher Innenminister diese neuen Pässe eingeführt hat?«
    Natürlich wusste Dengler das. Während einer Kommandierung zur Sicherungsgruppe hatte er den Mann sogar einige Male bewacht. Abend für Abend hatten sie ihn in Berlin in die Paris Bar chauffiert, wo er bis spät in die Nacht echsengleich und allein vor einem Bierglas saß. Jeder Kollege hatte versucht, sich vor diesem Job zu drücken.
    »Und weißt du auch«, fuhr Jakob fort, »dass dieser Minister jetzt bei zwei Firmen dick im Aufsichtsrat sitzt, die diese Pässe beziehungsweise die Geräte dafür herstellen? Und in eine dieser Firmen hat er sich sogar eingekauft.«
    Dengler fühlte sich seinem Sohn unterlegen. »Wir leben hier nicht in einer Bananenrepublik«, hörte er sich unwirsch sagen, aber es klang nicht überzeugend. Er hatte keine Lust auf eine weitere Diskussion. Jakob war einfach zu weit gegangen. Wütend steckte er Olgas Pass ein und stampfte hinauf in sein Büro.
    Doch schon auf der Treppe fing er an zu grübeln. Als er oben die Tür aufschloss, war er längst nicht mehr wütend auf Jakob.
    Was hatte der Junge da gesagt? Es reicht völlig, wenn man das Gerät nur ganz kurz einschaltet, hatte Jakob gesagt.
    Dengler blieb stehen. Zog die Tür wieder zu. Lief wieder hinunter in die Bar. Jakob saß blass auf seinem Stuhl. Der kahlköpfige Kellner stand an der Espressomaschine und schäumte Milch auf für einen neu erschienenen Gast.
    »Ich muss noch einmal an diese Maschine«, sagte Dengler und deutete auf die Mikrowelle.
    Der Kellner nickte und servierte den Kaffee.
    Dengler öffnete die Klappe der Mikrowelle und legte das neue Handy hinein.
    Jakob starrte ihn an, der kahlköpfige Kellner starrte ihn an und der neue Gast an der Theke auch.
    Dengler schloss die Klappe der Mikrowelle.
    Es war plötzlich vollkommen still im Basta.
    Dengler schaltete die Mikrowelle ein und sofort wieder aus. Dann öffnete er die Tür und nahm das Telefon wieder heraus. Er versuchte das Handy zu aktivieren.
    Das Gerät rührte sich nicht.
    »So funktioniert das also«, sagte er.
    »Ja, aber das habe ich dir doch gesagt«, sage Jakob leise. »Deshalb brauchst du doch dein Handy nicht zu schrotten. Das ist jetzt ein für alle Mal hin.«
    »Dein Handy. Gib mir dein Handy«, sagte er zu seinem Sohn, ohne den Blick von seinem zerstörten Handy zu wenden, nur die geöffnete Hand ihm hinhaltend.
    Misstrauisch legte Jakob ein älteres Funktelefon auf den Tisch.
    »Aber das kommt jetzt nicht in die Mikrowelle!«
    Dengler wechselte den Chip aus. Aber es änderte sich nichts. Auch in Jakobs Telefon blieb er ohne Funktion.
    Der Junge sammelte seine Sachen ein, stand auf und schlenderte betont langsam zur Tür.
    »Ich muss in die Schule zurück«, sagte er.
    Er sah Dengler mit unsicherem Blick an.
    »Bist du mir noch böse?«
    Dengler hob den Kopf und schaute Jakob an. »Was? Böse?
    Weshalb?«
    »Wegen Olgas Pass ...«
    »Nein, nein – das war großartig. Ganz großartig. Vielen
    Dank!«
    Jetzt begriff Jakob gar nichts mehr. Kopfschüttelnd öffnete
    er die Tür des Basta. Der kahlköpfige Kellner klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
    * * *
    Dengler hastete hinauf in sein Büro.
    Eilig griff er den Telefonhörer und wählte die Nummer von Hauptkommissar Weber. Er wurde dreimal verbunden, dann hatte er ihn in der Leitung.
    »Sie bearbeiten immer noch den Fall mit den beiden Brandleichen?«
    »Ja. Und leider wissen wir immer noch nicht viel mehr.«
    »Haben Sie schon einmal an Strahlen gedacht?«
    Pause.
    »Mikrowellen – zum Beispiel.«
    Pause.
    Dann sagte Weber: »Dengler, sind Sie jetzt auch unter die Irren geraten? Heute Morgen war eine ganze Gruppe dieser Sorte hier auf dem Präsidium, die mir alle weismachen wollten, dass die Männer von den Strahlen der Stuttgarter Handy-Sendemasten umgebracht wurden. Gestern lauerte mir eine alte Frau auf, die mir etwas über die Aura ihrer Nachbarin erzählte, mit der sie Menschen töten würde. Ich bekam E-Mails ...«
    »Was ist mit den Funktelefonen der Toten? Wenn es Strahlen waren, sind die Chips und die Elektronik zerstört. Äußerlich wird man ihnen wahrscheinlich aber nichts ansehen.

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