Brennende Kontinente
Männer, zweien von ihnen hatte man Mäntel der Gardisten um die Schultern gelegt; die Kleidung darunter sah zerschlissen und abgetragen aus.
»Kapitän Rudgass! Bardric!«, rief Perdor erstaunt und legte die Feder zur Seite. »Und das muss dieser Draufgänger Puaggi sein.« Er stand auf und eilte um seinen Schreibtisch, streckte die Hand aus. »Ich hatte eben an Euch gedacht. Es freut mich, Euch zu sehen!«
Lodrik lächelte kühl. »Seid Ihr sicher, Majestät?« »Zu mehr als Zweidrittel«, lachte Perdor und schüttelte die Hände der Männer. Er deutete auf die Sessel vor dem Kamin. »Nehmt Platz. Was gibt es Neues über Elenja?« Er orderte heiße Getränke und ein leichtes Mahl für seine Gäste. »Ich möchte alles wissen.« Das Aussehen von Torben gefiel ihm gar nicht. Es war weniger seine dünne Statur als die Leere in seinen Augen. »Oder wäre es vielleicht besser, Euch etwas Ruhe zu gönnen? Es war ein langer Weg aus dem Norden bis zu mir.«
»Nein, das wird nicht notwendig sein«, antwortete Lodrik wie selbstverständlich für alle und sah sich um. »Wo ist Fiorell?«
»Auf einer geheimen Mission, die ihn ordentlich ins Schwitzen bringt, wie ich annehme. Ihr werdet bald mehr darüber erfahren.« Er wartete, bis sie sich gesetzt hatten, und nahm ebenfalls Platz. »Seid Ihr sicher, nicht erst einmal ausschlafen zu wollen?«
»Ganz sicher.« Wieder hatte Lodrik gesprochen. Sotinos nickte trotz der offensichtlichen Müdigkeit in seinem spitzen Gesicht, und Torben blieb apathisch.
Perdor legte eine Hand an die Unterlippe. »Dann fangt mit Eurem Bericht an. Ich hoffe, es ist nichts zu Schreckliches?«
»Ich muss Euch enttäuschen, Majestät.« Sotinos übernahm die Aufgabe, einen Bericht der Vorkommnisse in der namenlosen Stadt zu geben. Als er an die Stelle kam, wo er die untote Varia enthauptete, stockte er.
Perdor hatte aufmerksam zugehört. »Mein tiefst empfundenes Mitleid, Kapitän Rudgass«, sprach er leise. »Es tut mir um Eure Varia unendlich Leid.«
Der Freibeuter hob die Hand, eine müde, abgekämpfte Geste. »Majestät, sie ist nicht vergessen. Ebenso wenig, was über den Tod hinaus von Zvatochna angetan wurde. Ich de meine Varia rächen. Das ist mein einziges Ziel. Vorher sterbe ich nicht.« Er schaute kurz zu Lodrik, danach blickte er in die Flammen.
»Ich erkundete die Stadt und auch den Strand«, sprach Lodrik weiter, als er sah, dass Sotinos mit den Tränen rang.
Er war sich nicht sicher, ob es das Mitleid für den Freibeuter oder die Erinnerungen an das Erlebte war, die ihn plagten. »Es gab keine Spur von meiner Tochter, dafür jede Menge tote Tzulandrier. Am Strand habe ich Abdrücke eines Kiels und von Stiefeln darum herum gesehen. Ich vermute, sie ist mit dem Boot zu einem Schiff gerudert und geflohen, weil sie nach ihrem Erlebnis in Amskwa ahnte, dass es keinen Sinn macht, die Auseinandersetzung mit mir jetzt schon zu suchen.« Er lehnte sich zurück.
»Ich möchte keine Vorhersage abgeben, wohin sie ihr Kurs bringen wird. Eines ist sicher: Aufgegeben hat sie nicht. Sie wird wieder zuschlagen.«
»Was bezweckte sie damit? Mit dem Blut und den Leichen und ...«
»Sie hätte sich ein Heer erschaffen, dem es egal ist, mit wie vielen Pfeilen man es spickt«, sagte Lodrik.
»Ein Heer aus Untoten. Aber ihr Plan ging nicht auf.«
Perdor presste die Lippen aufeinander, schüttelte sachte den Kopf. Er fand es unvorstellbar, wozu Zvatochna in der Lage war. »Ulldrael sei Dank, dass Ihr an der richtigen Stelle wart. Was habt Ihr mit den vielen Leichen getan?«
Lodrik zeigte auf die Flammen im Kamin. »Mitsamt der namenlosen Stadt.«
Stille breitete sich in dem Raum aus, niemand sprach. Die Männer ‐ zumindest drei von ihnen ‐
verharrten im Gedenken an die Freibeuterin aus Tarvin.
Perdor seufzte schwer. »Es fällt mir nicht leicht, doch es müssen Dinge besprochen werden. Der Thron Borasgotans ist nach den letzten Vorkommnissen, die Ihr mir geschildert habt, schon wieder verwaist. Wie lange wird es dauern, bis sich die Adligen geeinigt haben?«
»Zu lange.« Lodrik faltete die Hände. »Ihr solltet im Land sen. Eine Rückkehr muss ihr unmöglich gemacht werden.
»Wahrlich. Nach meinen Erkenntnissen stehen wir vor einem großen Problem. So sehr sich meine Leute in Borasgotan umschauten, es gibt derzeit keinen Adligen, der über genügend Macht besitzt, dass er sich die Krone unwidersprochen nehmen könnte. Der letzte wirklich einflussreiche Adlige war Fjanski, und ihn gibt es
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