Brennende Kontinente
eine Fracht anvertrauen.« Perdor siegelte den Brief und schob ihn hinüber. »Esst in Ruhe zu Ende, ruht Euch aus und bringt ihn nach Ulsar, seid so freundlich.«
Es war Sotinos ein wenig peinlich, immer dann angesprochen zu werden, wenn er den Mund voll Essen hatte. »Euer Vertrauen ehrt mich. Es wird eine Zeit dauern, bis ich in die Hauptstadt...«
»Würde es mit einem Schiff schneller gehen?«, unterbrach ihn der König und lächelte verschmitzt.
»Ich hätte noch eines im Hafen dümpeln, das ich derzeit nicht benötige. Irgendein Palestaner hat es vergessen. Es wäre der Lohn für Eure Mühe, die Ihr auf Euch genommen habt.«
»Ihr könntet mich bei dieser Gelegenheit nach Rogogard bringen«, fügte Torben hinzu, der seinen Teller ebenfalls geleert hatte. Mit einem Mal brannte etwas mehr Leben in seinen Augen. »Ich möchte dort ein neues Schiff auftun und Vorbereitungen treffen, bis wir etwas Neues von Zvatochna gehört haben.«
»Und mich könntet Ihr nach Ulsar fahren.« Lodrik hob die Hand. »Ich bin sicher, dass die Winde uns günstig gesonnen sind.«
Sotinos starrte den König an. »Ihr wollt mir ein Schiff anvertrauen?«
»Nein. Schenken, Commodore. Samt der Mannschaft, bis Ihr eine bessere gefunden habt.« Perdor freute sich über den Unglauben des Offiziers. »Ich bin kein Kenner von großen Booten, aber ich habe gehört, es sei sogar flusstauglich. Damit gelangt Ihr bis in die Nähe der tarpolischen Hauptstadt.«
»Danke, Majestät! Ich bin überwältigt!«, stammelte Sotinos.
»Jetzt seid Ihr doch Commodore«, meinte Torben mit einem Grinsen, auch wenn man ihm ansah, dass es ihm nicht leicht fiel.
Perdor warf Lodrik einen abschätzenden Blick zu. »Ihr werdet nicht versuchen, Eurer Gemahlin die zusätzliche Aufgabe auszureden?«
»Sie wird mich um meine Meinung bitten, Majestät. Und
ich werde sie ihr sagen.«
»Dann seid nicht zu kritisch, ich bitte Euch.« Er wunderte sich, als Lodrik plötzlich den Kopf zur Fensterfront drehte und seinen Oberkörper aufrichtete. Als er dem Blick folgte, erschrak er und langte nach der Schnur, mit der er seine Bediensteten und die Wache rief. Draußen, vor dem Schloss, hatten sich drei Modrak eingefunden.
Einer saß auf dem Kopf einer Statue, ein Zweiter hockte auf dem Geländer der Gartentreppe, und der Letzte presste sein schauriges Gesicht mit den großen, purpurn leuchtenden Augen gegen das Glas. Das totenkopfhafte Gesicht verfolgte die Vorgänge im Zimmer, der Regen rann über sein Antlitz und machte es bizarr fließend, als sei es verwischt und ohne klare Linien. Lodrik hielt die Schnur fest, ehe Perdor sie ziehen konnte. »Nicht, Majestät. Das sind Boten.«
»Es sind Spione, die für Vahidin schnüffeln«, entgegnete der König flüsternd und ohne sich abzuwenden. Der Anblick war zu unheimlich und zu bedrohlich für ihn, um die Wesen aus den Augen zu lassen. Er stand behutsam auf; Sotinos und Torben erhoben sich von ihren Sitzen, die Hände der Seeleute langten nach den Waffen.
»Überlasst das mir.« Lodrik schritt langsam auf das Fenster zu, und der Modrak wich vor ihm zurück. Tu mir nichts!, hörten die Männer die angstvolle Bitte des Wesens in ihren Köpfen. Ich weiß, was du vermagst. Wir sind Überbringer, man darf uns nichts tun.
Lodrik stieß die Flügeltür auf, kühler, feuchter Wind fuhr in
das Arbeitszimmer; Kerzen flackerten, Papiere raschelten, und Vorhänge schwangen im Luftzug. Er trat den Modrak entgegen und kümmerte sich nicht um den Regen, der ihn traf. »Was will Vahidin?«
Der Hohe Herr sandte uns, um dem Dicken, der Modrak zeigte an ihm vorbei auf Perdor, einen Vorschlag zu unterbreiten. Er hüpfte rabengleich zur Seite und duckte sich vor Lodrik unterwürfig zusammen. Er lässt ausrichten, dass er und die Tzulani ihre Hilfe im Kampf gegen die Trau anbieten, die seine Mutter getötet hat. Zvatochna darf nicht länger leben, soll ich Euch sagen. Lodrik schaute zu den anderen beiden Modrak, die regungslos im strömenden Regen verharrten. Wüsste er es nicht besser, hielte er sie für Statuen. »Wie soll diese Unterstützung aussehen?«
Er wird Euch unterrichten, sobald er Zvatochna sicher ausfindig gemacht hat, und einen Ort vereinbaren, wo Ihr Euch mit ihm trefft. Gemeinsam zieht Ihr sodann gegen sie aus.
»Sag die Wahrheit!«, grollte Lodrik und sandte eine kleine Woge aus Angst gegen den Modrak. Aufkreischend faltete dieser seine Schwingen auseinander und hielt sie abschirmend vor sich, konnte jedoch gegen das
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