Brennende Kontinente
geöffnet, vorsichtig zeigten sich hier und da verschreckte und zugleich neugierige Gesichter. Von links näherte sich der Schein vieler Fackeln, die Wache rückte an. Eine angolanische Wache.
»Was ist geschehen?« Der Anführer schaute auf die Toten, dann nickte er seinen Leuten zu. Sie verteilten sich und zogen den Angreifern die Tücher und Umhänge aus.
»Wir wurden angegriffen«, ächzte Prynn und hielt sich die verletzte Stelle. »Meine Männer leisteten Gegenwehr, und HJ Sein Blick fiel auf einen der Getöteten. Unter dem Umhang kamen eine weiße Rüstung und schwarze Haut zum Vorschein. Die Angreifer entpuppten sich als Angorjaner.
»Ich kann Euch sagen, was geschehen ist.« Der Wachführer trat näher. »Ihr wurdet von dieser Wache hier angehalten«, er deutete unter sich auf einen Toten, »und habt Euch geweigert, ihren Anweisungen zu folgen. Es kam zu einem Gefecht, bei dem Ihr als Einziger überlebt habt.« Er zog seine Waffe und richtete sie gegen ihn. »Lasst das Schwert fallen, Prynn Caldüsin. Ich verhafte Euch im Namen des Kaisers wegen mehrfachen Mordes.«
Die Kraft fuhr aus Prynns Körper. Er war in eine doppelte Falle gelaufen, die von Fark sorgsam vorbereitet worden war. So oder so würde er am Strick enden. »Nein«, wisperte er kraftlos. »Nein, so war es nicht. Ich ...«
»Schweigt!«, herrschte ihn der Angorjaner an. »Ich bringe Euch auf eine Galeere, wo Ihr ...« Es zischte, und ein Pfeil bohrte sich schräg von oben in die Rüstung des Anführers. Aufschreiend taumelte er rückwärts und hob ebenso wie Prynn den Blick.
»Nieder mit dem Kaiser!«, rief ein Mann von einem Balkon herab, der noch sein Nachtgewand trug.
»Ich habe genau gesehen, welche Gaunerei da vor sich ging. Freiheit für Prynn Caldüsin!« Er legte ein zweites Geschoss auf die Sehne und spannte den Bogen. »Freiheit für Tersion! Alle Macht Iuwantor!«
Noch mehr Läden und Türen öffneten sich, die bewaffneten Einwohner der Straße quollen hervor und warfen sich auf die überrumpelten Angorjaner.
»Ein Aufstand!« Die Finger des Anführers schlössen sich um Prynns Oberarm. »Ihr werdet Eurer Strafe nicht entkommen«, sagte er mit zusammengepressten Zähnen und rannte los, solange es noch Lücken gab, durch die er der aufgebrachten Menge entfliehen konnte. »Diese Stadt wird dem Feuer übergeben. Freut Euch auf den Anblick, denn es ist Eure Schuld.«
Kontinent Ulldart, Königreich Borasgotan, Vierundsiebzig Warst nordöstlich von Amskwa, Spätwinter im Jahr 1/2 Ulldrael des Gerechten (460/461 n.S.) Vahidin irrte durch die nördlichen Wälder Borasgotans und trug über seiner rechten Schulter eine besondere Last. Sie war nicht wirklich schwer, und dennoch wog seine tote, steif gefrorene Mutter mehr als jedes Gewicht des Kontinents.
Die Geborgenheit, die sie ihm gegeben und die er für unvergänglich gehalten hatte, war an diesem Nachmittag in Amskwa zerschmettert worden. Starke, nie gekannte Gefühle überwältigten Vahidin: Trauer, Wut, Hass, Angst und Verzweiflung mischten sich; in diesem Durcheinander spürte er nichts, weder die tödliche Kälte noch seinen Hunger, noch den Wind.
Er lief unbeirrt geradeaus, als gäbe es ein Ziel, das er erreichen könnte, während sein Verstand in den Ereignissen der jüngsten Vergangenheit gefangen blieb. Gelegentlich entwich ihm ein leises Weinen oder Schluchzen, mehr nicht.
Flügelschlag erklang, über die verschneiten Wipfel der Bäume huschten dürre, lange Schatten. Hoher Herr, wisperte es verzweifelt in seinem Verstand. Hoher Herr, was tut Ihr da? Ihr werdet sterben!
Vahidin antwortete den Modrak nicht. Ein halbes Dutzend umkreisten ihn wie Aasvögel, begleiteten ihn auf Schritt und Tritt und vermochten dennoch nichts auszurichten. Legt auf der nächsten Lichtung eine Rast ein. Wir haben Euch etwas zu berichten, raunten sie. Es geht um das, was Ihr uns aufgetragen hattet.
Vahidin blieb ruckartig stehen. Er erinnerte sich an seine
Worte und den immensen Schwärm Modrak, der nach seiner Rettung in den Himmel aufgestiegen war, um seinen Willen
zu tun. Er würde die Wanderung unterbrechen.
Als sich der Wald lichtete, stand er am Beginn der Tundra. Es gab keinerlei hohen Bewuchs, die Moose und Gräser lagen unter einer Schneedecke und machten das Land, so weit seine Augen reichten, zu einem einzigen weißen Meer. Es war schier unendlich und gnadenlos, die Stürme schufen Berge aus losem Schnee, die sich wie behäbige Wellen auf Unvorsichtige schoben und sie
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