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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erstickten oder erstarren ließen.
    Vahidin zögerte. Da hinaus wagte sich höchstens das Volk der Jengorianer, Nomaden im Eis, die das Weiße Meer und seine Eigenheiten kannten. Nur so war es ihnen in der Vergangenheit immer wieder gelungen, den Verfolgungen durch die vielen Arrulskhan und anderen Herrscher zu entgehen. Sie hatten einen legendären, nicht immer guten Ruf erlangt.
    Er legte seine Mutter sanft in den Schnee. Die gebogene Form, die ihre Leiche angenommen hatte, schuf den Eindruck, sie habe sich unter der Fichte zum Schlafen hingekauert. »Was habt ihr zu berichten ?«, fragte er, ohne sich nach seinen Helfern umzudrehen. »Habt ihr sie getötet?«
    Die Modrak landeten direkt hinter ihm am Waldrand und sanken auf die Knie. Hoher Herr, drang der Chor aus unhörbaren Stimmen unmittelbar in seinen Verstand, wir haben sie verfolgt, wie Ihr uns aufgetragen hattet.
    »Ihr solltet sie töten!« Wütend fuhr er herum, und wieder schössen ihm Tränen in die Augen. Die warme Flüssigkeit zeichnete eine Spur in die Schicht aus Eis und Schnee, die sich auf seinen Wangen gebildet hatte.
    Es ist uns nicht möglich, zischelten die Modrak. Sie ist zu
    mächtig. Wir können uns ihr nicht nähern, die Furcht, mit der sie sich gegen uns verteidigt, zerstört uns. Es ist wie bei dem einstigen Hohen Herrn. Beide können es. Sie neigten die kahlen Häupter, die Augen leuchteten weniger purpurn als sonst.
    Verzeiht uns, Hoher Herr.
    »Nein, ich verzeihe euch nicht. Versucht es so lange, bis ihr einen Weg gefunden habt!«
    Es sind bereits siebzehn von uns gestorben. Es wird niemals gelingen. Nicht ohne Hilfe, lautete die furchtsame Antwort. Sie ist fort, sie hat die Fremden getötet und ist mit einem Schiff davongefahren. Wir wagten nicht, ihr zu folgen, weil...
    »Was soll ich mit Dienern wie euch?« Vahidin ballte die Fäuste. »Verschwindet!«, schrie er seine Enttäuschung hinaus, und um ihn herum vergilbten die Nadeln der Fichten, regneten braun und vertrocknet zu Boden. Die Modrak drückten sich vom verschneiten Boden ab und flatterten hastig davon. »Geht alle«, raunte der Junge und sank neben Aljascha nieder. Er blies den Schnee von ihrem Gesicht, berührte die eiskalten Wangen und richtete ihre roten Haare, so gut es ging. Dann zog er seine Knie heran, legte den Kopf darauf und schloss die Augen. Nach seiner Rettung hatte er verstanden, dass Aljaschas Tod nicht Lodrik zuzuschreiben war. Lodriks Macht, die er zu spüren bekommen hatte, war eine andere als seine Magie. Beide Künste brachten den Tod, aber sie liefen unterschiedlich ab. Er konnte nichts dagegen bewirken, wie ein Schwert, das nach dem Wind schlug. Er vermochte es nicht und die Modrak auch nicht.
    Seine Halbschwester hatte die Mutter vergiftet, die Gründe
    verstand er nicht. Noch nicht.
    Wie sehr hatte sich ihre gemeinsame Mutter auf das Treffen gefreut, wie groß waren ihre Erwartungen gewesen ‐ und
    wie tödlich war diese Zusammenkunft für sie verlaufen!
    Seine Gedanken verschwammen, er konnte sich nicht mehr auf eine Sache konzentrieren. Dafür klapperten seine Zähne, sein gesamter Körper geriet ins Zittern, während sich eine unendliche Müdigkeit in seinem Verstand ausbreitete.
    Der Schlaf fiel mit Macht über ihn her, raubte ihm die Kraft. Langsam kippte er zur Seite, fiel halb auf Aljascha und driftete in traumlose Dunkelheit...
    Wie durch Watte vernahm er Stimmen, die in einer nicht verständlichen Sprache redeten. Vahidin fühlte Wärme, roch Feuer und Essen, durch die geschlossenen Lider hindurch sah er die Helligkeit der Flammen. Gelegentlich wurde sie verdunkelt, vermutlich bewegten sich Menschen um ihn herum. Seine Augen wollten sich nicht öffnen. Er war zu schwach, um irgendein Körperteil zu bewegen.
    Da spürte er eine Hand an seinem Unterkiefer, man öffnete ihm sanft den Mund und flößte ihm heiße Suppe ein. Sie schmeckte ungewohnt, nach vielen Kräutern und Fleisch. Vahidin schluckte gehorsam, er benötigte Kraft.
    Löffel um Löffel fand den Weg in seinen Mund, und die Stimmen um ihn herum unterhielten sich dabei leise. Inzwischen unterschied er zwischen Männern und Frauen; eine von ihnen schien zu ihm zu sprechen. Er hörte sie lauter als die anderen, dann streichelte jemand seinen Schopf und drückte seine Hand. Vahidin schlief ein und träumte, da Mutter sei, die sich um ihn kümmerte. Das Ritual wiederholte sich mehrmals. Vahidin wusste nicht, ob in der Zwischenzeit Tage oder Stunden vergangen waren.
    Endlich fühlte er

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