Brennende Schuld
hat das Wasser in die Höhle gedrückt, und beim Rückfluss ist er ins Meer gespült worden. Vermutlich, bevor er verbrannt werden konnte.«
Sie musterte ihn lange und nachdenklich. Offenbar traf sie diese Nachricht. Sie hatte wahrscheinlich mit irgendeiner Beanstandung der Polizei wegen der Sprengungen gerechnet, die sie auf dem Mühlenhügel im Rahmen der Ausgrabungen neuerdings vornahmen, aber nicht mit so einer Geschichte, die ihre wissenschaftlichen Arbeiten in ein skandalöses Licht rücken konnte. Jedenfalls, wenn die Medien erst einmal anfingen, sich die Dinge auf ihre Weise hinzudrehen.
Er hatte sich nicht geirrt. »Morde unter der Totenstadt.« Ihre Lippen formten die Worte betroffen. »Kann ich mir das ansehen?«
»Das können Sie sicher, aber bislang kann man die Höhle nur vom Meer aus tauchend erreichen. Ich würde daher gerne mit Ihnen das Gelände der Nekropolis abgehen, um einen Zugang vom Land aus zu finden.«
»Ich bin mir sicher, dass es keine Verbindung zwischen den Hypogäen und Ihrer Höhle gibt, aber wir können uns morgen gerne gemeinsam davon überzeugen. Würde es Ihnen vormittags passen?«
Costa war einverstanden.
Als er draußen in die Hitze trat, die die Kühle in seinen Kleidern sofort verdrängte, holte er tief Luft und freute sich, dass er Karin noch nicht dazu genötigt hatte, sich aus seinem Arbeitsfeld herauszuhalten, oder sich von ihm zu trennen. Ich will nicht im Schatten sitzen wie diese Frau, dachte er und lief beschwingt die Straße hinunter.
kapitel zwölf
Er hob das Weinglas gegen den Abendhimmel und sah den Hafen und die Gassen von Sa Penya wie durch einen roséfarbenen Weichzeichner. Karin bereitete das Essen zu. Der Duft von gebratenem Schwertfisch, frisch gehackten Kräutern und gepresstem Knoblauch kitzelte seine Sinne.
Er streckte sich und dachte über den vergangenen Tag nach. Sie waren durch seine und Elenas Initiative ein gutes Stück vorangekommen. Im Moment konnte er nichts weiter tun. In der Höhle wimmelte es jetzt von Beamten, die jeden Zentimeter durchkämmten.
Die Blutspuren am Türrahmen wurden bereits im Labor analysiert, er war sich sicher, dass sie vom Seemann stammten. Ebenso wartete er auf das Ergebnis der Analyse, ob die Zeichen mit dem Blut der Verbrannten an den Opferstein gemalt worden waren. Mit den bunten Aufklebern in englischer Sprache konnten sie bisher nichts anfangen, der Surfer tippte auf kostenlose CDs in der Sonntagsausgabe des Diario de Ibiza, der Bischof vermutete Zigaretten, die verteilt worden waren.
In der Nähe des Kühlraums hatte die Spurensicherung die Reste eines Medikaments gefunden, die momentan ebenfalls untersucht wurden.
Eine Taucher-Spezialeinheit, die von Costa bei der Küstenwache angefordert worden war, erforschte die verzweigten Tunnel der Höhle, die kilometerweit ins Innere der Insel führten und teilweise unter dem Meeresspiegel lagen. Ein wahnsinniger Killer oder eine Sekte hatte zwei Menschen auf dem Altar der Opferhöhle verbrannt. Das von Costa gefundene Amulett war auf Fingerabdrücke untersucht, gesäubert und fotografiert worden. Ein großer Abzug lag vor ihm auf dem Tisch. Er nahm das Foto und betrachtete es eingehend. Es stellte einen menschlichen Körper mit den Schwingen eines Vogels dar. »Ägyptisch«, hatte der Surfer vermutet.
Karin kam mit ihrem leeren Glas auf den Balkon. »Das Essen ist gleich fertig.«
Sie küsste ihn, ließ sich ihr Glas nachfüllen und verschwand wieder in die Küche.
Die Geschichte mit Karin hatte auf der Beerdigung seiner Großtante Turia begonnen.
Damals war er für drei Tage von Hamburg aus nach Ibiza geflogen. Beerdigungen waren stets Anlässe, zu denen man sich mit der ganzen Familie traf, auch nachdem seine Mutter mit ihm die Insel verlassen hatte. Diese Beerdigung, auf der er Karin kennen gelernt hatte, war für ihn mehr als nur ein Familienanlass, denn Turia, die Schwester seiner Großmutter Josefa, war seine »Lieblingsomi« gewesen. Mit ihren selbst gemachten Säften und Liebes- und Heiratsrezepten, Geschichten über Kobolde und Geister hatte sie ihn als Kind in den Bann gezogen. Karin war erschienen, um El Cubano zu interviewen. »Das Interview bekam ich nicht«, sagte sie später, »dafür aber seinen Neffen.«
Auf dem Rückflug tauschte er den Platz, um neben ihr zu sitzen. Sie hatte keinen Flug mehr nach Berlin bekommen und musste von Hamburg aus den Zug nehmen. Damals war sie gerade nach Ibiza gezogen und wollte noch irgendwas in Berlin
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