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Brennende Schuld

Brennende Schuld

Titel: Brennende Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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Ocker und Purpur bemalt, in ein Feuer aus Aloe-, Zedern- und Lorbeerholz geworfen wurde. Aufgepeitscht von Trommeln, Flöten und dem Geruch verbrannten Fleisches, tanzte die Menge unter der riesigen Statue der Göttin Tanit, die immer neue Opfer forderte.«
    »Und jetzt könnte es sein …«
    »Nein, das ist Unsinn.« Sie war seiner Frage zuvorgekommen.
    »Ich denke, hier spielt jemand Sekte, wenn man das in einem so grauenvollen Zusammenhang sagen kann. Ein aficionado, ein Amateur, jemand, der von grausamen Riten fasziniert ist.« Sie wies auf ein paar blasse Flecken, die Costa niemals aufgefallen wären. »Er hat sich Mühe gegeben. Sogar ocker und purpur.«
    »Jemand, der sich auskennt in punischer Geschichte. Vielleicht ein paar Ihrer Mitarbeiter«, sagte Costa. »Ich habe mindestens fünfzig Personen auf dem Gelände arbeiten sehen. Den Zugang werden wir finden. Liegt doch nahe, dass die hier Sekte spielen.«
    »Unsinn.« Barsch und ungeduldig stieß sie das Wort hervor. »Wenn es einen Zugang gäbe, würde ich ihn kennen. Aber ich schlage vor, Sie überzeugen sich selbst. In zwei Stunden. Ich werde mit Ihnen in die Stollen steigen, teniente. «
    Auf sein Zeichen begleiteten sie zwei Taucher des Küstenschutzes. Er sah ihr nachdenklich hinterher. All das war doch kein Zufall. Wir sind unter der Nekropolis, der Gräberstadt des karthagischen Totenkults und finden hier unten eine karthagische Blutinschrift, die auf Menschenopfer hinweist. Natürlich fürchtet sie die skandalöse Imagezerstörung ihres gerade errungenen Weltgütesiegels von der UNESCO. Würde er bei ihr überhaupt noch Unterstützung finden?
     
    Um halb zwölf parkte Costa seinen Seat vor dem Museum. Er war entschlossen, so lange das Gelände abzusuchen, bis er den Eingang zur Opferhöhle gefunden hatte.
    Er blieb einen Moment auf der Treppe vor dem Eingang stehen und ließ die Hässlichkeit des viereckigen Baus auf sich wirken. Fast alle öffentlichen Gebäude aus der Zeit Francos waren abstoßend, ein architektonisches Monument, das die Verschiedenheit zwischen Regime und Bevölkerung deutlich machte.
    Gegenüber dem Eingang auf der anderen Straßenseite rangierte ein Motorradfahrer seine Maschine in die Lücke zwischen Costas Auto und einem anderen Wagen. Der Auspuff war abmontiert, und das Motorgeräusch glich einer Kettensäge auf Hochtouren. Es war ein Geräusch von Hass, fand Costa. Die Geländemaschine war nagelneu. Irgendwie passte sie nicht zu ihrem Besitzer, einem hageren, ungepflegt wirkenden Mann Ende vierzig. Seine Lederjacke und Kordhose hatten ihre besten Zeiten in den Achtzigern gehabt. Er trug einen altmodischen Sturzhelm, der mit einem Lederriemen unter seinem Kinn befestigt war. Als er ihn abnahm, fielen ihm dünne braune Haare auf die Schultern. Costa war von seinem Gesichtsausdruck unangenehm berührt und hatte plötzlich merkwürdige Assoziationen: ein giftiger Rasputin, ein Charles Manson, der Sharon Tate ihr ungeborenes Kind aus dem Bauch schneidet, nein, der Charon aus dem Kupferstich Goyas, der den schmutzigen, greisen Fährmann der Unterwelt darstellte, wie er die Schatten der Toten über den Grenzfluss setzt. Der Typ starrte ihn auffordernd an, als ob er ihn kannte und eine Begrüßung erwartete. Costa war sich sicher, ihn noch nie gesehen zu haben.
    Seine Gedanken kehrten zu dem Amulett auf dem punischen Opferstein zurück: Hatte man es den Toten als Obolus mitgegeben? Als Fährgeld für die Überfahrt ins Jenseits? Dreh jetzt nicht durch, versuchte er sich zu beruhigen. Nicht jeder seltsame Vogel ist ein Mörder, der mit dem Blut seiner Opfer Hieroglyphen an Wände pinselt.
    Langsam ging er die Stufen zum Museum hinauf.
    Die Luft war von der Mittagshitze erfüllt. Er spürte den Blick des Motorradfahrers in seinem Rücken und drehte sich um. Doch er war verschwunden. Er sah die Straße nach beiden Seiten hinunter – nichts.
     
    Die rothaarige Sekretärin informierte ihn, dass auf dem Gelände gesprengt werde. Aus Sicherheitsgründen sei er verpflichtet, einen Helm zu tragen, wenn er in die Grabanlagen hinabsteigen wolle. Einen Helm? Costa nickte grinsend, denn ihn amüsierte der Gedanke, den Motorradfreak um seinen Kugelhelm zu bitten.
    »Könnten Sie mir liebenswürdigerweise Ihren Helm für eine Grabbesichtigung ausleihen?«, fragte er einen jungen Museumsangestellten, und der reichte ihm eine abgenutzte gelbe Plastikschale, die einen muffig-erdigen Geruch verströmte und ihm schon nach wenigen Minuten den

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