Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennende Schuld

Brennende Schuld

Titel: Brennende Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
Vom Netzwerk:
Gebüsch«, wies sie die Arbeiter an. Dann wandte sie sich ihm wieder zu. »Eine Bitte: Wenn Sie mit der Spurensicherung fertig sind, würde ich gerne einen Blick auf das Originalamulett werfen. Es könnte ein äußerst seltenes Einzelstück sein.«
    Costa versprach es. »Was machen Ihre Leute eigentlich da?«, fragte er im Gehen.
    »Eine alte Finca. Wir legen sie frei. Sie gehört nicht auf das Gelände und wird in ein paar Wochen abgerissen.«
    »Darf ich sie mir einmal ansehen?«
    Sie machte eine einladende Bewegung mit der Hand, ging aber voraus, ohne auch nur einen Moment im Reden innezuhalten.
    Das Haus war halb in der Erde versunken. Jahre von heißen Sommern und regnerischen Wintern hatten die Mauern durchlässig gemacht und ihre Farbe dem Braun der Erde angeglichen. Das Einzige, was das Gemäuer zusammenzuhalten schien, waren die Pflanzen, die sich an allen Durchlässen festklammerten, als wollten sie es nicht gehen lassen. Das Dach war voller wilder Blumen, die Fenster mit Bougainvilleen zugewachsen. Der Ort hatte eine schläfrige Magie, die Costas Sinne betäubte.
    Die Stimme der Archäologin holte ihn zurück: »Der letzte Bauer lebte vor zweihundert Jahren hier. Er starb eines überaus unnatürlichen Todes, was die abergläubischen Ibizenker, die bis heute noch keine wahren Katholiken sind, der Tatsache zuschrieben, dass das Haus auf den Gräbern der Phönizier gebaut wurde. Seitdem wollte niemand mehr einziehen.«
    »Sie haben nichts dagegen, wenn ich es mir mal von innen anschaue?«
    »Nur zu. Ich muss Sie aber jetzt alleine lassen. Im Büro des Museo Arqueologico wartet eine Menge Arbeit auf mich. Kommen Sie dort vorbei, falls Sie noch Fragen haben.«
    Kaum ausgesprochen, ging sie schon eiligen Schrittes den Hügel hinab.
    Im Innern der Finca war es erfrischend kühl. Er erkannte sofort das typische ibizenkische Wohnhaus, auch wenn die Mauern teilweise zerfallen waren: die Innendecke aus Stämmen des phönizischen Wacholderbaumes, der früher überall auf der Insel gewachsen war und den die Einheimischen Sabinas nennen, die Veranda, das Wohnzimmer, die Küche mit der steinernen Feuerstelle, über der stets ein großer Kessel hing, in dem die typischen Eintöpfe sofrít oder guisat vor sich hinköchelten, der Stall als Teil des Hauses und die Zisterne, in der sich im Winter das Regenwasser für den Sommer sammelte. Er nahm die Holzbedeckung ab, beugte sich über das Rund und spähte in die schwarze bodenlose Tiefe. Feuchte, kalte Luft stieg ihm entgegen. Costa nahm einen handgroßen Stein und ließ ihn in die Zisterne fallen. Er zählte eine Sekunde, was etwa eine Fallstrecke von zehn Metern bedeutete. Costa war alarmiert, nicht wegen der Tiefe des Brunnens, sondern weil der Stein mit einem blechernen Geräusch aufgeschlagen war. Er war auf Metall gelandet, und das konnte heißen, dass der Brunnen, der über der Opferhöhle lag, als Einstieg benutzt worden war. Dass sie von der Höhle aus keinen Lichtschein gesehen hatten, widerlegte die Möglichkeit nicht, denn die Öffnung war abgedeckt gewesen.
     
    In der Via Punica gegenüber dem Gelände der Nekropolis war ein Café. Auf dem Weg dorthin telefonierte er mit dem Surfer, um die Überwachung der Finca anzuordnen. Vier Mann in Sechsstunden-Schichten sollten ab sofort die Finca nicht mehr aus den Augen lassen. Idealer Stützpunkt war das alte Observatorium auf der Spitze des Mühlenhügels, das seit Jahren stilllag und einen guten Überblick über das Gelände bot.
    Der Surfer wollte dort ab sofort vier zuverlässige Beamte postieren. Er sollte auch die Leute informieren, die in der Höhle nach dem Ausgang suchten. Die Sanchez würde er vorerst nicht von seiner Entdeckung in Kenntnis setzen. Je weniger Personen davon wussten, desto besser.
    Die erste Flasche Wasser stürzte er in einem Zug herunter und bestellte sich gleich eine weitere. Das Kratzen in seiner Kehle ließ nach, und sein Kreislauf stabilisierte sich. Während er die Entspannung in seinem Rücken genoss, schaute er sich um. Es war mittlerweile zwei Uhr, Siesta. Im hinteren Teil des Raumes saß eine Mutter mit ihrem Kind. Am Tisch vor der Bar bestellten drei Bauarbeiter das Tagesmenü, und an einem Fenstertisch diskutierten zwei Langhaarige über eine CD von Hed Kandy.
    Ihm fiel ein, wie unwohl er sich da unter der Erde gefühlt hatte. Lebendig begraben – der Albtraum des 19. Jahrhunderts. Ihm kam eine vage Erinnerung an seine früheste Kindheit. War es jemand, der nicht begraben werden

Weitere Kostenlose Bücher