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Brennende Schuld

Brennende Schuld

Titel: Brennende Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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Juan Fluxa, ein bäurischer, rotgesichtiger Zwerg. Er hatte sich in ein kanariengelbes Lacoste-Polohemd und eine schlecht sitzende blaue Stoffhose gezwängt, die trotz seiner hohen Absätze den Boden des Museums fegte. Fluxa hatte sein Vermögen mit Taxis und Bussen gemacht, vor nicht langer Zeit war er noch Hirte in den Wäldern von San Miguel, der weder lesen noch schreiben konnte. In jungen Jahren, sagte man, sei es sein größtes Talent gewesen, die Konkurrenten schneller zu scheren als seine Schafe. Fluxas Hand ruhte auf dem prächtigen Hintern einer Mulattin aus der Dominikanischen Republik, die ihn um zwei Köpfe überragte. Die Größe störe ihn nicht, belehrte er den Hafendirektor. Im Gegenteil, das, wofür er sie gekauft habe, werde ihm ständig in Augenhöhe präsentiert, grölte er El Cubano lachend entgegen, der ihm, auf ein Handzeichen Josefas hin, den Rücken kehrte.
    Eine Stunde war vergangen. Wo blieb Karin? Costa ging ungeduldig nach draußen. Dort spielte das städtische Blasorchester Stierkampfmusik, und übermütige Kinder zündeten Böllerschüsse. Mit einem Konfettiregen endete die Parade, Straße und Treppe leerten sich nach und nach. Die Geladenen verschwanden im Innern des Museo Monográfico, die Schaulustigen zerstreuten sich.
    Costa hätte gerne ein kühles Bier getrunken. Er blickte über die Straße durch das Fenster des Cafés und sah Charon, der in einer Tasse rührte, ohne den Blick von ihm zu nehmen. Wie kam dieser Kerl dazu, ihn zu beobachten? Einer, der noch nie gearbeitet hat, dachte er grimmig, jemand, der bei seiner Mama lebt und sich die Schuhe von ihr hinterhertragen lässt. Einer, der morgens aufsteht und nichts anderes zu tun hat als seine Maschine putzen, in Kneipen sitzen und sich wichtig tun, während zu Hause das Bett gemacht, das Essen gekocht und seine Wäsche gebügelt wird.
    Er ging die Treppe hinab und über die Straße auf das Café zu, um sich diesen abscheulichen Kerl vorzuknöpfen.
    »Toni, wo willst du hin?« Karins Stimme. »Entschuldige, es hat so lange gedauert, weil ich zu Hause keine Batterien mehr hatte und erst an der dritten Tankstelle welche fand.«
    »Du hast Glück, sie haben noch nicht angefangen.«
    Karin steuerte gleich auf Josefa zu und begrüßte sie herzlich, ein wenig verhaltener dann El Cubano. Sie entschuldigte sich, als sie ihren Chef erblickte und schob sich durch die Menge auf ihn zu.
    »Einige der Stücke hier sind sogar noch älter als du«, brummte Cubano vergnügt und streichelte seiner neunzigjährigen Mutter den Rücken.
    »Aber nicht so gut in Schuss«, erwiderte die Alte.
    Costa grinste über die Doppeldeutigkeit; ein einziges Wort von ihr könnte Cubanos Geschäfte stoppen.
    »Wo ist die Hauptperson?«, fragte sie, während sie in die Menge spähte.
    Sie hatte Recht, wo war eigentlich Laureana Sanchez?
    Er bot seiner Großmutter an, sie zu suchen, und flanierte durch die Räume des Museums.
    Durch die hohen Fenster warf die untergehende Sonne ein warmes Orange auf die steinernen Sarkophage und Statuen. Oft waren Frauen dargestellt, lebensgroß, sitzend, sehr würdevoll, mit meisterhaft aus dem Stein getriebenem Schmuck.
    Ein Serviermädchen kam mit einem Tablett, er nahm ein Glas und trat ins Freie.
    Erst auf den zweiten Blick erkannte er die Frau im Abendkleid an der Brüstung. Laureana. Sie sprach irgendetwas vor sich hin. Er näherte sich ihr leise. Sie schien etwas zu rezitieren. Selbst dicht hinter ihr verstand er kein Wort.
    Er hatte plötzlich die Vision, sie spräche hier im schwindenden Licht zu den vielen tausend Gräbern. Gelehrt, aber einsam. Vielleicht der Preis für einen hohen Anspruch an sich selbst?
    Er hatte einen Witz machen wollen, als er sich anschlich, aber nun war er ihr schon zu nahe auf die Pelle gerückt. Er versuchte, sich wieder ein bisschen zu entfernen.
    » Teniente, was machen Sie hier?« Ihre Stimme klang amüsiert. Sie drehte sich ihm zu.
    »Ein wenig Luft schnappen«, sagte er verlegen. »Drinnen wird ordentlich gepafft.«
    »Ich meine, hier auf der Feier. Sie wollten doch nicht kommen.«
    Sie waren sich so nahe, dass er einen Schritt zurücktrat.
    »Meine Freundin. Karin wollte unbedingt.«
    Sie lächelte verständig. »Und? Gefällt es ihr?«
    »Sie schreibt einen Artikel über Ihre Arbeit und würde Sie gern interviewen.«
    »Lieben Sie sie?«
    Er musterte sie kühl. Er fand, dass ihr diese Frage nicht zustand.
    »Warum verwenden Sie sich für sie?«
    »Sie haben ihre Bitte abgelehnt, und ich

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