Brennende Sehnsucht
Mit einem Finger schob er sie zurück, ließ seinen Finger an ihrer Schläfe ruhen und zu ihrer Wange hinabgleiten. So eine
einfache, unschuldige Berührung – und welch unmögliches Sehnen rief es in ihr hervor.
Sie hatte sich also nicht getäuscht. Er fühlte, was sie fühlte.
Sie bewegte sich nicht, gab keinen Laut von sich, denn wenn sie es tat, dann würde die Wahrheit, die Realität auf sie beide einstürzen, und sie wollte nur noch einen Augenblick länger alles vergessen können. Nur einen Augenblick, um mit Rafe zusammen zu sein. Seine Dame zu sein, die Frau zu sein, die sie hätte sein können, wäre sie nicht ein solcher Idiot und Feigling.
Seine Hand glitt in ihren Nacken, und seine Stirn senkte sich auf ihre. Sie wartete, wehrte sich nicht. Wie konnte sie fürchten, er würde etwas Unschickliches tun, wenn sich doch alles so richtig anfühlte, wenn sie zusammen waren?
Er küsste nicht ihre Lippen, sondern wandte einfach nur den Kopf, sodass ihre Gesichter Wange an Wange lagen, sein Atem an ihrem Ohr. Sie erschauderte, dann schmolz sie dahin. Und wartete.
Ihr Puls zitterte in ihrer Kehle. Er fand ihn mit seinem warmen Mund, berührte die zarte Haut behutsam mit seiner Zunge. Ihre Schenkel entspannten sich, um dem Druck nachzugeben, der sich zwischen ihnen aufbaute.
Sie schloss die Augen. Und wartete.
Sein Mund wanderte ihren Hals hinab und nach vorn, hinterließ eine Spur federleichter Küsse auf ihrem Schlüsselbein. Sie fühlte seine Bartstoppeln auf der Oberseite ihrer Brüste.
Er vergrub sein Gesicht an ihrem Busen. »Phoebe... Gott, wie soll ich es nur ertragen, wenn du meinen Bruder heiratest?«
Da war der Bann gebrochen. Die Magie floh aus dem Raum, und die kalte Wirklichkeit rauschte herein. Phoebe
keuchte auf, dann schob sie ihn von sich und sprang auf. Sie wandte sich von ihm ab und versuchte ihr erhitztes Gesicht zu kühlen, ihr Blut, ihr zartestes Fleisch.
Rafe richtete sich auf. Sein Atem ging schwer, als wäre er gerannt.
Als wäre er nach Hause gerannt. Als wäre er an einen Ort gerannt, der wahr und richtig war.
Sie drehte sich zu ihm um. Ihre Wangen waren gerötet, und ihre Augen schauten trotzig, als sich ihre Blicke trafen. Sie war zerzaust, und ihre Frisur löste sich auf, lange, honiggoldene Strähnen, die sich in ihrem großzügigen Ausschnitt zu verfangen drohten, sie war einfach herrlich, seine temperamentvolle Dorfschönheit... nur dass sie nicht ihm gehörte.
Und doch gab es noch eine Sache, die er wissen musste. »Warum hast du den Antrag meines Bruders angenommen?«
Ihr Gesicht legte sich in Falten. Sie schaute weg. »Du hast mir nie deinen ganzen Namen genannt. Als mir der Antrag übermittelt wurde, dachte ich...«
Es war alles ein schreckliches Missverständnis. Oh Gott. Sie hatte ja gesagt – zu ihm!
Freude und Triumph jagten einen Augenblick lang durch seinen Körper, bis er sich daran erinnerte, dass sie das Missverständnis nicht aufgelöst hatte.
»Aber du hast später nichts unternommen«, sagte er tonlos. »Weil du gemerkt hast, dass du zufälligerweise einen viel größeren Fang gemacht hast.«
Sie schaute auf ihre Hände hinab. Ihre Knöchel waren weiß von der Intensität, mit der sie sie knetete. »So ist es nicht... nicht ganz so. Der Vikar...«
Rafes Empörung fiel sofort in sich zusammen. »Natürlich. Du wirst gegen deinen Willen dazu gezwungen, die Verlobung aufrechtzuerhalten.«
Phoebe wurde schlecht. Sie schlug die Hände vors Gesicht, bevor er an ihren Augen erkennen konnte, dass sie log. »Ich wünschte... « Ich wünschte, ich hätte dich nie getroffen. Ich wünschte, du wärst kein Lebemann. Ich wünschte, ich wäre kein Feigling.
Er trat um den Stuhl herum und nahm sie in die Arme. »Dich trifft keine Schuld. Du kannst nichts dagegen tun.«
Sie schüttelte heftig den Kopf. Wenn er nicht aufhörte, so nett zu sein, würde sie doch noch mit der Wahrheit herausplatzen, und dann würde er sie so sehr hassen, wie sie selbst es bereits tat.
Erinnere dich... unantastbar.
Sie holte Luft und löste sich langsam aus seiner Umarmung, setzte ein trauriges Lächeln auf. Es würde ihm weniger wehtun, wenn er es niemals erfuhr, wenn er sie für ein Opfer des Schicksals hielt. So war es am besten. Früher oder später würde er eine andere Frau ins Auge fassen und seine Leidenschaft für sie vergessen. Sie würde ihm so vertraut werden wie dieses Sofa, nur ein weiteres Inventarstück von Brook House.
Und genauso respektabel.
»Es tut mir
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