Brennende Sehnsucht
Mehr noch, er erwartete allen Ernstes von ihr, dass sie log, um sich einen Marquis zu angeln und mit ihm ins Bett zu gehen. Legte er überhaupt Wert auf die Reihenfolge, in der die beiden Dinge passierten?
Wie kannst du es wagen, mich für mein fehlgeleitetes Herz derart hart zu verurteilen? Wenigstens habe ich aus Liebe gesündigt!
Doch laut sagte sie nur: »Ja, Papa.«
Er schnaubte. Offensichtlich war er mit ihrer wohlanständigen Sanftmut zufrieden. »Nun, niemand soll behaupten, dass ich Leistung nicht anerkenne. Du hast einen weiten Weg hinter dich gebracht von dem wilden und ausschweifenden Kind, das du einst warst, meine Liebe.«
»Habe ich das?« Wer war sie jetzt? Die wilde, ungezähmte, sinnliche Phoebe der Vergangenheit oder die keusche, anständige, fehlerlose Phoebe von heute? Der eine Mann wollte die eine Frau, der andere die andere.
Ich vermisse dieses Mädchen.
Ich vermisse mich selbst.
Aber dieses Mädchen würde niemals die Herzogin von Brookmoor werden.
Rafe stand im Begriff, das Unverzeihliche zu tun, und er wusste es. Als er seine Abreise vorbereitete, kümmerte er sich selbst um das kleinste Detail seiner Angelegenheiten. Er wollte nichts zurücklassen, dessentwegen er jemals würde zurückkehren müssen.
Das Spiel um Phoebes Herz war eine sichere Sache – so sicher, dass er irgendwie dabei verlieren würde. Aber er verspürte
zu großen Schmerz, als dass es ihm etwas ausmachte. Der Teufel auf seiner Schulter hatte gesprochen, und er hatte zugehört – er hatte vor, seine letzte Chance bei ihr zu nutzen.
Wenn sie ihn annahm, würde er seinen Bruder auf immer verlieren.
Wenn sie ihn zurückwies, würde er Calder ebenfalls verlieren, denn es wäre ihm niemals möglich, sich seiner Zukunft hier in England zu stellen – sein Leben im Haus seines Bruders zu verbringen und ihm dabei zuzusehen, wie er glücklich an der Seite seiner reizenden neuen Frau lebte.
Eines war noch zu tun. Er stand an seinem Ankleidetischchen und schaute auf den Siegelring hinab, der so sehr ein Teil von ihm war wie der Finger, an dem er die letzten zwanzig Jahre gesessen hatte.
Es gab keine Möglichkeit, von diesem Betrug an seinem Bruder wieder zurückzukehren, keine Möglichkeit, jemals nach Hause zurückzukehren.
Der Siegelring fiel auf einen Kristallteller und klang dabei wie eine Glocke.
Die Stimme in seinem Kopf klang entsetzt.
Was tust du da? Bist du verrückt? Du bist ein Marbrook! Das ist das Einzige, was dir geblieben ist!
Es war egal. Sein Herz war aus seiner Brust gerissen, war ein Gefangener in den Händen eines anderen, und er konnte es nicht einmal bedauern. Wenn je eine Frau wert gewesen sein sollte, dass ein Mann seine Seele für sie gab, dann war es Phoebe. Der Schmerz, ohne sie zu leben, für den Rest seines Lebens mit diesem Loch in seiner Brust zu atmen, zu essen und zu schlafen war mehr, als er ertragen konnte. Sie erwiderte seine Liebe. Daran musste er glauben. Er könnte der Mann sein, den sie wollte – er musste es glauben, oder er würde sterben.
Er rieb sich mit dem Handballen über die Stelle, wo sein Herz einst gewesen war. Der Schmerz ließ nicht nach, die Not wurde nicht geschmälert.
Es gab keine andere Möglichkeit.
Wenigstens hatte diese Tortur ein Ende – egal wie es ausging.
Dreiunddreißigstes Kapitel
D er Lakai trug die übliche blau-schwarze Uniform, die Kutsche, die vor Brook House auf der Straße stand, war eine, die sie auch schon zuvor benutzt hatten. Nichts ließ Phoebe Verdacht schöpfen, als sich ihr behandschuhte Finger aus dem dunklen Kutscheninneren entgegenstreckten.
Und doch wusste sie es im selben Augenblick, in dem sie ihre eigene behandschuhte Hand in seine legte.
Sie versuchte, sich loszureißen, doch Rafes Finger umschlossen ihre Hand, und er zog sie unbarmherzig hinein.
Vielleicht kletterte sie auch freiwillig hinein. Es war ja nicht so, als könnte sie einen klaren Gedanken fassen, wenn Rafe sie berührte.
Wie auch immer, sie fand sich jedenfalls im dunklen Innern einer Kutsche allein mit einem Mann wieder, mit dem sie nicht allein sein sollte. Er hatte sie im selben Moment losgelassen, als der Verschlag sich geschlossen hatte, aber sie konnte die Hitze seiner Finger noch immer an ihren spüren. Ihr Magen zog sich zusammen, und sie rutschte unbehaglich hin und her. Allein in seiner Nähe zu sein hatte eine äuϐerst beunruhigende Wirkung auf die Region zwischen ihren Schenkeln. Jeder Stoß und Schlag der Kutsche drohte ihre Verfassung zu
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