Brennende Sehnsucht
Ärmel zupfte. Rafe drehte den Kopf, und seine Augen blinzelten heftig, er versuchte, zu Bewusstsein zu kommen, aber was mochte er sagen, bevor er alle Sinne beisammen hatte?
Phoebe sprang auf und schob sich zwischen Rafe und den Fremden. »Sir, ich bitte Euch, ihn jetzt nicht mit Fragen zu belästigen. Wir haben heute Nacht eine Menge durchgemacht.«
Der Mann runzelte die Stirn. »Rafe ist ein Freund. Aber Euch kenne ich nicht.«
»Ich? Ich bin...« In diesem Augenblick wäre eine durchdachte Geschichte Gold wert gewesen. »Ich bin seine Schwester, wer sonst?«
Der Mann sah sie misstrauisch an. »Ich kenne Rafe seit gemeinsamen Schultagen. Er hat nie eine Schwester erwähnt.«
Oh Gott. Nicht nur ein Freund. Ein guter Freund. »Also... ich... ich lebe meist auf Brookhaven.«
Er kniff die Augen zusammen. »Wie ist Euer Name?«
Lady. Rafes Schwester wäre Lady Irgendwas, oder nicht? »Ich bin Lady Nan-« Nein, viel zu gewöhnlich. »Dei-« Oh Gott, nein. Deirdre würde sie umbringen! »Tess-« Verflixt, noch schlimmer!
»Lady Nanditess?«
Phoebe reckte das Kinn. »Eine Familientradition.«
Der Mann zog eine Augenbraue hoch, als würde er mit einem Mal verstehen, warum die Familie sie die ganzen Jahre versteckt gehalten hatte. »Ah, ja.« Schließlich zuckte er die Achseln, da er weder ihre Aussage bestätigen noch sie einer Lüge überführen konnte. »Wie kann ich Euch helfen, Lady Nanditess? Soll ich zwei Zimmer für die Nacht besorgen?«
Phoebe hielt sich zurück, um sich nicht erleichtert die Stirn zu wischen. »Ja... vielen Dank... äh...«
Der Mann verneigte sich. »Verzeiht. Ich bin Somers Boothe-Jamison.«
Da sie nahe daran war, vor Erschöpfung und der Sorge, dass Rafe noch nicht wirklich wieder bei Bewusstsein war, in Ohnmacht zu fallen, nickte sie hoheitsvoll und bedeutete dem Mann mit einer Handbewegung zu gehen. »Wenn es Euch nichts ausmachen würde... die Zimmer?«
Als er gegangen war, setzte sie sich neben Rafe und untersuchte im Schein eines kleinen Kerzenleuchters, der in der Mitte des Tisches stand, seine Verletzungen. Er hatte eine hässliche Beule und eine Schnittwunde, die heftig geblutet hatte, aber nicht besonders groß und auch nicht sehr tief war. Sein Puls erschien ihr stark und regelmäßig, und seine
Hautfarbe normalisierte sich von Sekunde zu Sekunde. Sie umschloss sein Gesicht mit den Händen.
»Rafe, Liebling, wach auf. Bitte, wach auf.«
Er zuckte hin und her, und seine Augenlider flatterten, aber er wurde nicht richtig wach. Außer sich vor Sorge bemerkte Phoebe kaum, als Mr Boothe-Jamison mit ein paar Männern zurückkehrte, um Rafe auf sein Zimmer zu helfen.
Es stellte sich heraus, dass es »ihr« Zimmer war. Mr Boothe-Jamison zuckte entschuldigend die Achseln. »Es gab nur noch dieses eine Gästezimmer. Ich habe noch eines im Dachgeschoss für Eure verletzten Diener besorgt, aber ich dachte, dass Ihr vielleicht lieber in seiner Nähe bleiben wollt.«
»Ja, danke.« Phoebe wusste, dass sie unhöflich kurz angebunden war, noch dazu, da er so freundlich gewesen war, aber wenn sie diese ganzen Leute nicht bald aus dem Zimmer scheuchte, würde irgendjemand mit Sicherheit Rafes Murmeln verstehen und erkennen, dass er immer wieder sagte: »Phoebe, wo bist du?«
Sie scheuchte die Menge aus dem Zimmer, versprach Mr Boothe-Jamison, ihn mit Rafe zu besuchen, sobald dieser sich hinreichend erholt hatte, und ihm das Versprechen abzunehmen, dass er sein Bestes tun würde, um sofort einen Arzt für Rafe und die Diener zu besorgen. Das verbrauchte den letzten Rest an Kraft, der Phoebe geblieben war.
Als die Tür endlich ins Schloss fiel, lehnte sie sich mit dem Rücken daran und atmete tief ein. Dann eilte sie an Rafes Seite, um ihm das Haar aus der Stirn zu streichen, seine Schläfe zu befühlen und sich im Allgemeinen zu versichern, dass er tatsächlich noch lebte und in Sicherheit war.
Schließlich schluchzte sie entsetzt auf und presste ihre zitternden Hände an ihre brennenden Augen. Endlich kamen die Tränen der Reaktion auf die Ereignisse und der Erschöpfung,
und sie rutschte neben dem Bett auf den Fußboden, umschlang mit den Armen ihre Knie und weinte aus vollem Herzen.
Irgendwann beruhigte sich ihre Atmung, und sie hatte keine Tränen mehr. Sie wischte sich mit ihrem zerschlissenen, schmutzigen Kleid die Augen, dann betrachtete sie es voller Abscheu. Das Kleid einer Verführerin, das Rafes Bruder in verrückter Leidenschaft hatte entflammen lassen sollen.
Sie
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