Brennendes Schicksal (German Edition)
Mienen,
Der Himmel nie in ihrem Aug’ erschienen,
Entweiht vielleicht mein hohej Lied durch Scherz.
Der kannte nie der Liebe Lust und Schmerz,
Der nie erfuhr, wie süß ihr Atem fächelt,
Wie wundersüß die Lippe spricht und lächelt.«
Der Visconte verbeugte sich leicht, nahm Lauras Hand und führte sie zu einem Kuss an seinen Mund.
In dieser Manier zog sich das Essen hin, und Angelo da Matranga konnte nicht anders, als das Wunder, welches Circe da Volterra an Laura verbracht hatte, zu loben.
Nach dem Mahl wurde Laura beauftragt, in der Küche nach den Vorbereitungen für das Abendessen zu sehen.
»Nun?«, fragte Circe da Volterra, als sie mit dem Visconte allein war.
»Ich bin begeistert. Ihr habt wirklich ausgezeichnete Arbeit geleistet. Doch sagt mir eines: Ich möchte Laura nicht verbiegen. Sie soll bleiben, wie sie ist. Leidet sie auch nicht unter dieser Erziehung?«
Circe da Volterra schüttelte den Kopf. »Oh, nein, im Gegenteil. Sie ist eine eifrige Schülerin. Ich schleife nur an ihrer Oberfläche. Den Kern, Visconte, lasse ich unberührt.«
Angelo da Matranga lächelte zufrieden. »Gut, so soll es auch sein. Aber ich bitte Euch sehr, dafür zu sorgen, dass Laura stets Freude an allem hat. Und – vor allem -, dass sie so bleibt, wie sie ist.«
»Gewiss, Visconte. Aber ich denke, bis zum großen Ball nach den Passionsspielen wird sie so weit sein, dass die ganze Stadt den Atem anhält.«
»Oh, das befürchte ich auch«, gab der Visconte zu und dachte dabei an Beatrice.
Achtes Kapitel
Aus allen Gassen und Durchgängen strömten die Menschen auf die Piazza del Campo und füllten sie mit Lärm und Geschrei. Die Ellbogen angewinkelt, drängelten sie sich über den muschelförmigen Platz, an dessen tiefstem Punkt, genau vor dem Rathaus, das Passionsspiel stattfinden sollte.
Weinbauern aus der Umgebung waren mit Weib, Kind und Kegel angereist, Olivenhändler hatten ganze Familien mit Großeltern im Schlepptau, Handwerker zerrten ihre Ehefrauen hinter sich her, während sie die Gesellen vor sich wie Schilde in die vorderen Reihen drückten. Gassenjungen wieselten wie Ratten zwischen den Beinen der Schaulustigen umher, stets darauf bedacht, hier und da etwas zu stehlen, das nicht angenäht oder -genagelt war.
Mägde hatten sich in ihre schönsten Kleider geworfen und die Haare mit bunten Bändern geschmückt, Ammen mit prallen Miedern hatten sich bei den Wäscherinnen eingehakt, Wasserträger boten laut ihre Ware an, Knechte schielten nach den Brüsten der Ammen, und die jungen Handwerker schauten sich nach zukünftigen Bräuten um. Es herrschte ein ohrenbetäubender Lärm, in dem selbst die Glocken der Kathedrale untergingen. Alles schob und drängelte, sodass diejenigen, die ganz vorn an der hölzernen Absperrung standen, befürchten mussten, zu Tode gedrückt zu werden.
Selbst aus den Fenstern der Patrizierhäuser hingen Menschen. Sie standen in den Türen, hockten auf Simsen, Fässern, auf Balken oder gar auf dem Boden.
Vorn aber, in der Nähe der Bühne, hatte man Bänke aufgestellt, auf denen die Reichen der Stadt während der Aufführung sitzen sollten. Diener standen in der Nähe und hielten Körbe am Arm, die mit Erfrischungen gefüllt waren. Die Frauen trugen kostbare Kleider, die mit Perlen oder gar Juwelen bestickt waren. Golddurchwirkte Stoffe schimmerten in der Sonne, sündteurer Schmuck glänzte in weit ausgeschnittenen Dekolletees, und selbst in den kunstvollen Frisuren schimmerten Edelsteine und goldene Spangen. Mit hoch erhobenem Kopf ließen sich die Damen zu ihren Plätzen begleiten, musterten dabei aus Luchsaugen die Konkurrentinnen, rümpften beim Anblick eines besonders großzügigen Ausschnitts die Nase, um im nächsten Moment mit einem Aufschrei des Entzückens eine Freundin zu begrüßen. Seidenstoffe knisterten leise, Samt rauschte, Brokat schliff über den gepflasterten Boden, Organza und Taft bauschten sich raschelnd im Wind und wurden übertönt vom Klimpern zahlloser Armreifen. Rosenwasser mischte sich mit Sandelholzduft und Pfirsichkernöl, bleiche Wangen waren mit einer dicken Fettpaste zum Erröten gebracht, Kohlestriche betonten sorgsam gezupfte Brauen, Lippenrot und weißer Puder brachten Augen zum Strahlen.
Leiber drängten sich an Leiber, ein schwerer Geruch nach Schweiß und anderen Ausdünstungen, nach den Düften der Frauen und den Gerüchen der Gerber lag wie eine dichte Wolke über dem Platz. Die Menge wogte und drängte wie ein vielköpfiges,
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