Brennendes Schicksal (German Edition)
fiel dem Visconte um den Hals, bedeckte sein Gesicht mit Küssen, doch dann ließ sie ihn los und zog die Augenbrauen hoch.
»Es ist der schönste Ring, den ich je gesehen habe«, sagte sie leise und nachdenklich. »Er erinnert sehr an einen Ring, den eine junge Braut zu ihrer Hochzeit bekommen sollte.«
»So ist es auch gemeint«, bestätigte Angelo und küsste sie zart auf die Stirn. »Bist du auch nicht meine Frau vor den Menschen, so bist du doch mein Weib vor Gott. Nicht die Kirche schließt Ehen, sondern der Himmel. Du bist die Frau, die ich liebe. Du, Laura, bist mein Weib, meine Gefährtin in guten und in schlechten Tagen.«
Tränen stiegen ihr bei diesen Worten in die Augen, und sie sah ihn an, durch den salzigen Schleier hindurch. Noch nie hatte der Visconte so viel Liebe, so viel Vertrauen und Hingabe in den Augen einer Frau lesen dürfen. Dann küsste sie ihn und sagte: »Ja, ich möchte dein Weib sein. Ich werde in guten und schlechten Zeiten zu dir stehen. Das verspreche ich vor Gott.«
Wenig später saßen sie in dem neu eingerichteten Wohnzimmer, das eine Atmosphäre von Behaglichkeit und Eleganz verschaffte, ohne überladen zu wirken.
Der Tisch war nach bester Manier gedeckt, die Gläser erstrahlten im Schein der Kerzen, die auf einem prächtigen Kandelaber mit kristallenen Behängen brannten.
Circe da Volterra reichte die silberne Platte mit den Bratenscheiben, die Schüssel mit geschmorten Artischocken und den Korb mit dem frischen Brot herum. Ein Aufwärter füllte die Gläser mit dunkelrotem Wein, dessen Johannisbeeraroma in die Nase stieg.
Artig entfaltete Laura ihre Serviette und breitete sie dezent auf ihren Schoß aus, dann bediente sie sich anmutig von den Speisen und hob zierlich eine Gabel, ein Instrument, das sie erst in Sie na kennen gelernt hatte. Zu Hause, in der Schänke ihrer Eltern und auch bei Gianna und Mimmo, gab es diese Neuheit noch nicht. Dort aß man mit dem Löffel, schnitt das Fleisch mit dem Messer und brach das Brot mit den Händen.
»Die Bestecke benutzt man von außen nach innen und nicht umgekehrt«, wurde sie von Circe zurechtgewiesen, doch ihr Ton war freundlich.
Es gab nur wenige Korrekturen, in der Tischkonversation jedoch war Laura noch recht ungeübt.
Der Visconte begann ein Gespräch über das Wetter: »Wenn es im Februar Schnee gibt, so heißt das nach alter Regel, dass der Sommer heiß wird.«
»Das ist gut, sehr gut sogar«, erwiderte Laura mit perlendem Lachen. »Ist der Sommer heiß, haben die Leute Durst und besuchen die Schänken.«
Sie hob die Hand und hielt sie verschämt in den Kerzenschein, um den neuen Ring funkeln zu sehen.
Der Visconte lächelte belustigt, aber Circe wies Laura sofort zurecht: »Es ziemt sich nicht für eine Frau wie dich, über Schänken und Wirtshäuser zu sprechen. Auch mit Geschmeide protzt man nicht, selbst wenn es sich um einen so herrlichen Ring handelt, wie du ihn trägst.«
»Verzeiht«, erwiderte Laura. Sie sah ihre Lehrerin eifrig an, hatte sie doch einen regelrechten Ehrgeiz entwickelt, um ihrem Liebsten zu gefallen und es Circe da Volterra recht zu machen.
»Ja, der Sommer wird gewiss prächtig werden, und jeder einzelne Sonnenstrahl wird dafür sorgen, dass der Wein an Süße gewinnt.«
»Wie Recht Ihr habt, Laura«, fuhr der Visconte fort. »Doch nicht nur der Wein wird süßer durch die Sonne, auch auf die Frauen hat ein heißer Sommer Einfluss.«
Laura lachte verschämt, hob die Serviette und tupfte sich geziert damit die Lippen. »Ihr meint, Visconte, die Frauen werden schöner, weil die Hitze ihnen die Wangen rot färbt. Doch ich glaube, auch die Dichter profitieren davon. Man sagt, Petrarca, der größte italienische Dichter, habe in heißen Sommern seine schönsten Werke geschaffen.«
»Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein Gedicht ein, welches Petrarca seiner Geliebten, die, wie Ihr wisst, ebenfalls Laura hieß, in einem heißen Sommer schrieb«, führte Angelo da Matranga das Gespräch fort. »Wollt Ihr es hören?«
Die Damen nickten und sahen ihn aufmerksam an.
Der Visconte legte die Serviette neben seinen Teller, dann hub er an:
»Welch Ideal aus Engelsfantasie
Hat der Natur als Muster vorgeschwebet,
Als sie die Hüll’ um einen Geist gewebet,
Den sie herab vom dritten Himmel lieh?
O Götterwerk! Mit welcher Harmonie
Hier Geist in Leib und Leib in Geist verschwebet!
An allem, was hienieden Schönes lebet,
Vernahm mein Sinn do reinen Einklang nie.
Der, welchem noch der Adel ihrer
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