Brennendes Schicksal (German Edition)
überschlanken jungen Mann, der ihm so gar nicht ähnlich war, und sagte schließlich, zu Beatrice gewandt: »Ich habe nachgedacht. Und ich stimme dir zu: Orazio ist wohl am besten in einem Kloster aufgehoben. In welchen Orden er eintritt, bleibt sich am Ende gleich. Er wird – wo immer er auch ist – keinen Schaden anrichten. Wird er Geistlicher, so versteht sich von selbst, dass er von seinem Erbe ausgeschlossen wird. Ich werde dem Kloster, das er wählt, dieselbe Summe spenden, die ich für die Mitgift einer Tochter aufgebracht hätte. Damit ist die Sache ein für alle Mal erledigt.«
Er wartete einen Augenblick und sah die flackernden Blicke seiner Gattin mit Genugtuung. Dann fuhr er fort: »Laura ist schwanger. Sie erwartet ein Kind von mir. Ich werde es selbstverständlich anerkennen und es an Orazios Stelle zu meinem rechtmäßigen Erben machen.«
»Was? Wie bitte? Das dulde ich nicht! «, schrie Beatrice und klammerte sich an den Arm ihres Sohnes, der unter der Last wie ein Schilfrohr im Wind schwankte.
Angelo zuckte gleichmütig mit den Achseln. »Ob du das duldest oder nicht, ist mir herzlich egal. Du warst es, die Orazio unbedingt in ein Kloster stecken wollte. Nun, ich bin einverstanden. Soll er mit Gott gehen. Das heißt aber nicht, dass ich die Geschicke meines Hauses nicht im Auge behalte.«
»Das dulde ich nicht!« , schrie Beatrice von neuem und zerrte an Orazio herum. »Sag du doch auch einmal etwas! Dein Vater ist dabei, dich um dein Erbe zu betrügen. Los, sag etwas!«
Orazio sah auf, betrachtete die Szene, als säße er in einer Theateraufführung, und sagte schließlich: »Nun, mir ist es gleich, Mutter. Entscheide du, was du für das Beste hältst.«
»Ha!«, schrie sie und wurde plötzlich abwechselnd blass und rot, sodass Angelo da Matranga einen Schlagfluss befürchtete. Er stand auf, nahm sie beim Arm und wollte sie zu einem Stuhl geleiten, doch sie riss sich los und rannte aus dem Zimmer, während Tränen der Wut über ihr Gesicht strömten.
Orazio aber stand noch immer im Raum, sah sich verlegen um und wusste offensichtlich nicht, was er jetzt tun sollte. Angelo seufzte, dann klopfte er dem Jungen liebevoll auf die Schulter und sagte leise: »Geh und kümmere dich um deine Mutter. Doch einen Satz lass mich dir noch sagen: Ich gebe dir vier Wochen Zeit, zu überlegen, was du wirklich möchtest. Bist du dann noch immer entschlossen, in ein Kloster zu gehen, nun, dann gebe ich dir meinen Segen. Stellst du aber fest, dass das Leben eines Kaufherrn, Ehemanns und Vaters eher deinen Wünschen entspricht, so werde ich alle Vorsorge tragen, dass deine Zukunft gesichert ist.«
Er versuchte, seinem Sohn in die Augen zu blicken, um auf dem Grund seiner Seele nach seinen wirklichen Wünschen und Sehnsüchten zu fahnden, doch die Augen waren leer und trüb wie bei einem Mann, der des Lebens lange schon überdrüssig war.
Er gab Orazio einen leichten Schlag auf die Schulter. »Geh jetzt«, sagte er. »Ich habe noch einige Geschäfte, um die ich mich kümmern muss.«
Als er allein war, schickte er ein Stoßgebet zum Himmel. Es war noch alles andere als sicher, dass Laura tatsächlich in gesegneten Umständen war. Ihre monatliche Unpässlichkeit war ausgeblieben, ihr Busen fühlte sich heiß und schwer an, doch Circe, die sich selbstverständlich auch in diesen Dingen auskannte, hatte gemahnt, noch einmal vier Wochen ins Land streichen zu lassen, bevor die frohe Nachricht verkündet werden sollte.
Angelo da Matranga jedoch hatte keine Zeit, um zu warten. Beatrice drängte beinahe jeden Tag, Orazio nach Florenz ins Kloster zu schicken. Der Visconte hätte seinem Sohn dieses Schicksal, von dem er wusste, dass Orazio es nicht selbst gewählt hatte, gern erspart. Nun, die einzige Möglichkeit, Beatrice aufzuhalten, war wohl die Ankündigung, dass er an Orazios Stelle Lauras und sein Kind als legitimen Erben einzusetzen gedachte.
Doch ungeachtet, wie Beatrice und Orazio letztendlich entschieden, der Visconte war fest entschlossen, seinem jüngsten Nachfolger, gleich, welchen Geschlechts er werden würde, nichts vorzuenthalten, was sein leiblicher Sohn bekommen hätte, schlüge er nicht die geistliche Laufbahn ein. Er würde das Kind nicht nur anerkennen, nein, er würde ihm dieselbe Ausbildung zuteil werden lassen, wie Orazio sie genossen hatte, und natürlich würde er dafür sorgen, dass sowohl dem Kind als auch Laura nach seinem Ableben das gehörte, was ihnen zustand.
Ach, wie sehr er Laura
Weitere Kostenlose Bücher