Brennendes Schicksal (German Edition)
kniete sie vor dem Altar und berichtete der Madonna alles, was ihr das Herz bedrückte. Ganz versunken war sie, sodass sie nicht einmal den Bischof bemerkte, der durch die Sakristei das Kirchenschiff betrat und inne hielt, als er sie da knien und inbrünstig beten sah.
Langsam kam er näher, wartete ein wenig neben ihr, ohne dass sie ihn bemerkte, dann legte er ihr sanft eine Hand auf die Schulter.
»Meint Ihr nicht, dass Ihr Euer Herz in der Beichte erleichtern solltet?«, fragte er dann, setzte seine mildtätige Bischofsmiene auf wie andere Leute eine Mütze und faltete die Hände fromm vor seinem runden Bauch.
Beatrice sah hoch und glotzte den Bischof an, als wäre er der heilige Geist.
»Nun?«, drängte der fromme Mann und hoffte auf eine rasche Entscheidung, denn heute hatte die Witwe Baldini eine frische Hammelkeule auf dem Markt erstanden, die, mit Lavendel und Honig gewürzt, wohl schon auf dem Herdfeuer schmorte.
»Meine Seele ist rein wie frisch gefallener Schnee, Hochwürden«, meinte Beatrice.
Der Bischof lächelte und tätschelte ihr die knochige Schulter. »Nun, gewiss. Ihr seid eine gottesfürchtige Frau. Doch auch in Eurer Seele brennt der Stachel des Bösen, fürchte ich.«
Beatrice schnellte hoch, stand beinahe schon drohend vor dem Bischof. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Ich? Nichts, rein gar nichts. Man hört eben so dies und jenes.«
»Was habt Ihr gehört?«
Sie schob den Kopf nach vorn und versprühte einige Spucketröpfchen. Der Bischof wich zurück. Hätte ich doch nur den Mund gehalten, dachte er und seufzte.
»Also?«
Beatrices Stimme wurde drohend.
»Ich bin an das Beichtgeheimnis gebunden«, versuchte der Bischof sich herauszureden. »Aber Orazio war bei mir. Er wollte wissen, was geschähe, würde er von seinem Entschluss, in einen Orden einzutreten, Abstand nehme. Ihr müsst ihm wohl erzählt haben, in solch einem Falle wäre ihm das Fegefeuer gewiss. Inzwischen hörte ich, Ihr hättet Eure Meinung geändert und wolltet Orazio nun im Handelshaus seines Vaters unterbringen, damit er es eines Tages übernehmen könne. Der junge Mann war bei mir und suchte meinen geistlichen Rat.«
»Kümmert Euch um Eure Angelegenheiten, Bischof, und lasst meinen Sohn in Ruhe.«
»Mit dem größten Vergnügen, Viscontessa, doch ich habe Pflichten gegenüber den Mitgliedern meiner Gemeinde. Wer meine Hilfe sucht, dem wird sie zuteil.«
Der Bischof betrachtete die Veränderung, die sich plötzlich in Beatrices Gesicht abzeichnete, mit Misstrauen. Auch ihr Ton war um vieles freundlicher, als sie weitersprach.
»Nun, Bischof, jeder trifft einmal die falschen Entscheidungen. Wie Ihr bestimmt wisst, ist die Geliebte meines Mannes, die Sängerin Laura, in guter Hoffnung. Ich dachte, es wäre an der Zeit, dass ich mich ein wenig um sie kümmere. Immerhin gehört sie beinahe zur Familie.«
Der Bischof runzelte die Stirn und glaubte, sich verhört zu haben. »Was hat das mit Orazio zu tun?«
»Oh, nichts, rein gar nichts. Ich dachte nur, dass es sich für eine Familie unseres Landes gehört, in schweren Zeiten zusammenzuhalten. Wir sollten jetzt beieinander sein. Orazio ist noch jung. Wenn er möchte, kann er später noch immer die Laufbahn eines Geistlichen einschlagen.«
Der Bischof verstand noch immer nicht genau, was das eine mit dem anderen zu tun hatte, aber er bekam langsam Hunger und ließ die Sache auf sich beruhen.
»Es freut mich zu hören, dass Ihr gegen Laura keinen Groll hegt. Es gehört zum allgemeinen Brauch, dass ein Mann sich eine Kurtisane hält. Selbst der Papst ist in dieser Hinsicht kein Unschuldslamm.« Er keckerte ein verständnisvolles Lachen, dann segnete er die Viscontessa und machte sich aus dem Staub.
Beatrice aber blieb noch eine Weile vor der Madonna stehen und führte ein stummes Zwiegespräch mit ihr. Ihr Gesicht glättete sich dabei immer mehr, und als sie schließlich die Kirche verließ, lag eine stille Freude über ihren Zügen.
Sie eilte durch die Gassen von der Kathedrale bis hinüber zur Kirche der heiligen Katharina, der Schutzpatronin des Stadtstaates Siena.
Ihr weiterer Weg führte sie an das Ufer des kleinen Flusses Arbia. War es Zufall, dass ihr eine schwarze Katze dabei über den Weg lief? Nun, Beatrice glaubte nicht an Zufälle. Die schwarze Katze war ein Wink des Schicksals. Vor allem, da sie von ganz allein zu ihr gelaufen kam und sich schnurrend an ihren Röcken rieb.
Beatrice sah sich um. Sie war ganz allein. Niemand außer der schwarzen
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