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Brennendes Wasser

Brennendes Wasser

Titel: Brennendes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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Tinook.«
    Es schien ihn nicht zu überraschen, dass plötzlich zwei Fremde vom Himmel fielen, um sein entlegenes Dorf zu besuchen.
    Bei den hier üblichen riesigen Entfernungen flogen manche der Leute schon deshalb hundertfünfzig Kilometer, um ein simples Frühstück einzunehmen. Vielleicht war der außer in Anchorage so rare zwischenmenschliche Kontakt dafür verantwortlich, dass die meisten Einheimischen schon innerhalb der ersten fünf Minuten einer neuen Bekanntschaft erzählten, wie es sie in den Norden verschlagen hatte. Mike berichtete von seiner Kindheit im Dorf, dem Job als Flugzeugmechaniker in Anchorage und der Rückkehr nach Hause.
    Austin erklärte, dass er und Joe Angehörige der National Underwater and Marine Agency seien.
    »Ich hab Sie gleich für Leute von der Regierung gehalten«, stellte Mike fest. »Für Ölmänner oder Jäger sind Sie zu sauber und für Touristen zu selbstsicher. Vor ein paar Jahren ist schon einmal ein Team der NUMA hier vorbeigekommen. Es ging um irgendwelche Forschungen in der Tschuktschensee. Was bringt Sie in das Land der Mitternachtssonne?«
    »Wir führen eine Art geologische Vermessung durch, aber ich muss gestehen, dass wir bislang kaum Erfolg gehabt haben«, sagte Austin. »Wir suchen nach einem Stück Land, das ins Wasser ragt und wie der Schnabel eines Adlers geformt ist.«
    Tinook schüttelte den Kopf. »Das da drüben ist mein Flugzeug. Wenn ich nicht zum Fischen gehe oder dabei helfe, mich um die Rentierherde zu kümmern, bin ich oft in der Luft, aber diese Beschreibung kommt mir nicht bekannt vor. Lassen Sie uns zum Laden gehen. Da können wir einen Blick auf die Karte werfen.« Sie stiegen ein paar wacklige Stufen hinauf und betraten den Holzschuppen. Es handelte sich um eine für Alaska typische Gemischtwarenhandlung, eine Kreuzung aus Lebensmittelgeschäft, Apotheke, Haushaltswaren- und Geschenkartikelladen sowie Ausstatter für das Leben in der Wildnis. Die Kunden bekamen hier Insektensprays, Konservendosen, Ersatzteile für Schneemobile und Videokassetten.
    Tinook suchte eine Wandkarte der Region ab. »Nein, da sieht nichts aus wie ein Adlerschnabel.« Er kratzte sich am Kopf.
    »Vielleicht sollten Sie mal mit Clarence reden.«
    »Clarence?«
    »Ja. Er ist mein Großvater und viel herumgekommen. Außerdem mag er Besuch.«
    Austins Blick schweifte durch den Raum. Er wollte so schnell wie möglich wieder aufbrechen. Während er noch nach einem tunlichst diplomatischen Weg suchte, Tinooks Angebot abzulehnen, ohne den Mann zu brüskieren, fiel ihm ein Gewehr auf, das an der Wand hinter dem Tresen hing. Er trat näher, um es genauer zu betrachten. Es war ein M1-Karabiner, die Einheitswaffe der US-Infanterie im Zweiten Weltkrieg. Kurt hatte schon öfter Gewehre dieses Typs gesehen, aber das Exemplar dort vor ihm befand sich in einem außergewöhnlich guten Zustand.
    »Ist das Ihre Waffe?«, fragte er Tinook.
    »Mein Großvater hat sie mir gegeben, aber ich gehe lieber mit meinem eigenen Gewehr auf die Jagd. Zu dem Ding gibt es eine besondere Geschichte. Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch mit Clarence reden möchten? Es könnte sich für Sie lohnen.«
    Zavala bemerkte Austins wiedererwachtes Interesse. »Ich hätte nichts dagegen, mir noch ein wenig länger die Beine zu vertreten. Zum Glück müssen wir uns keine Gedanken darüber machen, ob wir rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück sind.«
    Joe hatte Recht. Die Tage hier dauerten gegenwärtig mehr als zweiundzwanzig Stunden, und auch nach Sonnenuntergang herrschte allenfalls eine kurze Periode der Dämmerung.
    Mike führte sie über eine schlammige Straße an weiteren Baracken vorbei. Sie sahen einige rundgesichtige Kinder, schlafende Huskys und Gestelle, auf denen rote Streifen Lachsfleisch zum Trocknen in der Sonne lagen. Dann stieg ihr Führer die Treppe zu einer der kleineren Hütten nach oben und klopfte an die Tür. Von drinnen forderte sie jemand zum Eintreten auf. Sie fanden sich im einzigen Raum der Behausung wieder. Es roch nach brennendem Holz und dem Fleischgericht, das auf einem kleinen Herd kochte. Die spärliche Einrichtung des Zimmers bestand ansonsten aus einem Etagenbett in einer der Ecken sowie einem Tisch, über den man ein rotweiß kariertes Wachstuch gebreitet hatte. Am Tisch saß ein Mann, der so alt wie ein Gletscher zu sein schien, und bemalte gewissenhaft eine ungefähr fünfzehn Zentimeter hohe, aus Holz geschnitzte Eisbären-Statuette. Vor ihm aufgereiht standen

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