Brennendheiße Sehnsucht
große Ölgemälde mit dem gelben Tulpenfeld kam wunderbar zur Geltung.
„Man möchte hineingehen und einen Strauß pflücken“, meinte Callum, der ihren sicheren Blick bewunderte. Die Bilder in Jingala würden ihr zweifellos gefallen. „Gelb ist Ihre Lieblingsfarbe, nicht wahr?“
„Woher wissen Sie das?“
Er blieb vor ihrer wertvollsten Skulptur, einem vergoldeten Bronzepferd, stehen. Als geübter Reiter erkannte er mühelos, wie gut die Proportionen und die Bewegung getroffen waren.
„Diese Plastik hat mich etwas mehr als sechs Monatsgehälter gekostet“, gestand sie, „aber es hat sich gelohnt.“
„Wenn Sie sie jemals verkaufen wollen, haben Sie einen Interessenten.“
Amber schüttelte entschieden den Kopf.
„Aber Sie reiten?“ Callum sah zu ihr hinüber. Das Scheinwerferlicht fing sich in ihrem feurigen Haar, das ihr locker auf die Schultern fiel.
„Oh ja. Ich liebe Pferde. Als Kind war ich Mitglied in einem Ponyclub. Mein erstes eigenes Pony bekam ich mit sechs Jahren.“
„Reiten Sie immer noch?“ Callum nahm ein Riechfläschchen aus Jade in die Hand, betrachtete es eingehend und stellte es wieder hin. Das Fläschchen gehörte zu einer kleinen Sammlung ähnlicher Objekte. „Neunzehntes Jahrhundert?“
Amber nickte. „Ich habe es in Hongkong gekauft. Leider reite ich nicht mehr so viel, wie ich möchte. Mir fehlt die Zeit dazu, aber ganz aufgeben würde ich es nie.“
„Sehr gut.“ Es klang, als wäre er sonst enttäuscht gewesen.
Die üppigen Pflanzen auf dem Balkon – überwiegend Philodendren, Palmen und Farne – wurden ebenfalls gewürdigt. Danach bat Amber ihren Gast, auf dem neuen zartgelben Ledersofa Platz zu nehmen. Sie verspürte nicht die geringste Lust, ihn zu verabschieden. Stattdessen waren sie nach kürzester Zeit in eine angeregte Unterhaltung vertieft.
Wie sie selbst, war er ein Einzelkind. Zu seiner Mutter hatte er kaum noch Kontakt, aber das schien ihn nicht sonderlich zu bedrücken. Er hatte ihr immer noch nicht verziehen, dass sie mit einem andern durchgebrannt war. Dabei ging es ihm offenbar weniger um sich selbst als um seinen Vater, den er sehr geliebt hatte.
„Ich wollte, er wäre noch bei mir“, sagte er im Lauf des Gesprächs.
„Mir geht es ebenso“, gestand Amber. „Ich hätte meinen Dad auch gern wieder.“
Sie erfuhr, dass Callum noch einen Onkel hatte, den jüngeren Bruder seines Vaters, der ebenfalls auf der Ranch arbeitete.
„Eliot verlor seine erste Frau durch Brustkrebs“, berichtete er. „Ein harter Schlag für uns alle. Caroline war ein wunderbarer Mensch … und so tapfer. Sie hätte es verdient gehabt, den Kampf zu gewinnen. Anfangs fürchteten wir, Eliot würde sich etwas antun …“
„Sie meinen Selbstmord?“
„Genau das meine ich. Doch dann, vor etwa zwei Jahren, tauchte Janis in seinem Leben auf. Sie ist einige Jahre älter als ich und sieht sehr gut aus … auf eine etwas exaltierte Art. Bald nach der Hochzeit wurde sie schwanger und brachte einen Sohn zur Welt. Er heißt Marcus … nach meinem Vater. Dad und Eliot standen sich sehr nah, mehr wie Vater und Sohn als wie Brüder. Das lag an dem erheblichen Altersunterschied und ihrem gegensätzlichen Charakter. Dad war stark, ein richtiger Pionier. Ich liebe Eliot, aber er hat seine Probleme.“
„Trotz der neuen Frau und des Babys?“, fragte Amber. „Er müsste doch stolz und glücklich sein.“
„Natürlich ist er stolz und glücklich“, erwiderte Callum mit einer leichten Schärfe in der Stimme. „Niemand hatte damit gerechnet, dass er jemals wieder heiraten würde.“
„Was bedrückt Sie dann?“ Amber beobachtete, wie er die Stirn runzelte. Er war wirklich attraktiv! Je öfter sie ihn ansah, je besser gefiel ihr dieser harte, dynamische Mann.
„Wirke ich bedrückt?“
„Ihr Onkel und seine zweite Frau sind kein Traumpaar, nicht wahr?“
„Gibt es überhaupt Traumpaare?“, fragte er zurück. „Man wünscht es sich, aber sie sind nur eine Illusion. Janis hat große Schwierigkeiten, eine normale Beziehung zu ihrem Sohn herzustellen.“
„Oh, das tut mir leid.“ Amber war voller Mitgefühl. „Könnte es sich dabei um postnatale Depression handeln? Das kommt häufiger vor und muss unbedingt behandelt werden. Die Heilungsaussichten sind gut.“
Callum strich sich durch das dichte schwarze Haar. Es geriet dadurch in leichte Unordnung, was seinen Charme erhöhte. „Glauben Sie etwa, wir hätten nicht alles versucht? Janis will sich nicht helfen
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