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Brenntage - Roman

Brenntage - Roman

Titel: Brenntage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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bei Verstand
, sagte der Onkel, und dass wir genau jenen verloren haben und verängstigt durch die Gegend irren, gefangen in einem Labyrinth, dessen Ausgang wir möglicherweise erahnen, jedoch niemals finden werden.
Darauf trinke ich
, zischte der Onkel, und ob ich überhaupt wisse, dass doch der moderne Mensch nächtens immer dann Harndrang verspüre, wenn die Feuer der alten Welt auszugehen drohten.
Wer früher pissen musste, legte nach
, sagte der Onkel,
so einfach war es, wilde Tiere und allerlei Gefahren von sich und seinen Lieben fernzuhalten
.
    Ich musste immer daran denken, wenn ich mich nach Mitternacht erleichterte, dass die Feuer der Brenntage niemals verlöschen dürfen, damit der Mensch überleben kann. Dass die Feuer, wenn sie erloschen, vielleicht all das preisgaben,was die Flammen im Laufe vieler Jahrhunderte verzehrt hatten, dass sich die Geister der verbrannten Dinge und Wesen (hatten meine Kuscheltiere nicht auch eine Seele?) ihren Weg zurück bahnen würden, um uns auf ihre Seite zu ziehen. Ich dachte daran, wie schön es die Menschen doch früher hatten, weil sie kein anderes Leben kannten, und wenn das Oberhaupt einer Sippe starb und mit ihm die weisen Männer und Frauen, lebten auch die Übrigen nicht mehr lange, sie verkrochen sich in ihren Höhlen und verhungerten oder gingen in den nahen Wäldern verloren.
    Und wenn es ihnen gut ging, saßen sie in verschlissenen Fellen um lodernde Feuer und erzählten einander irgendwelche Anzüglichkeiten, wer mit wem und in welcher Höhle sie es gerade trieben, sogar die Kinder durften zuhören, weil es damals noch wichtig war, möglichst früh über alles Bescheid zu wissen. Wie man ein Kind zeugt und welches Tier man wie tötet und wo man welche Pflanzen findet, wie man nach Wurzeln gräbt, welche Beeren, und ob rote Beeren überhaupt genießbar sind, ob all die gelben Früchte tatsächlich vor der Sonne schützen, und welchen Sternen man folgen darf (und welchen nicht) oder wie man sich versteckt (und wo) vor den Ungeheuern der Erde. Ich stellte mir oft vor, wie ich in einer warmen Höhle saß und die anderen schliefen, ich schaute über das Feuer hinweg in die Dunkelheit und überlegte, warum die Menschen die Nächte fürchteten, und dass es dafür bestimmt irgendwann einen plausiblen Grund gab.
    Mein Tagesablauf hingegen war sonnenklar und seit jeher geregelt, ich ging gewissermaßen beim Onkel in die Lehre, etwas anderes kannte ich nicht. Wir standen um sieben Uhrauf, frühstückten mit der Tante, die sich danach üblicherweise noch etwas ausruhte, ein kurzes Nickerchen nur, sie war schließlich nicht mehr die Jüngste. Der Onkel und ich gingen kurz ums Haus,
nach dem Rechten sehen
, wie er es nannte, nie konnte man wissen, was die Nächte mit ihren finsteren Gesellen anstellten oder hier bei uns zurückließen. Wir hielten also die Augen offen, grüßten so manchen schon wachen Nachbarn, der sich kurz am Fenster zeigte, vielleicht eine Pfeife rauchte und den Rauch aus der Nase in den Vorgarten blies, oft genug wälzte sich auch überall träge der Nebel, und keine Menschenseele weit und breit. Hatte es in den letzten Tagen gestürmt, verbrachten wir den Vormittag damit, die Schäden zu beseitigen, wir räumten abgebrochene Äste aus dem Weg, beseitigten tote Vögel und kehrten allerlei Müll auf einen Haufen, Plastiksäcke, Papierknäuel und Pappbecher, so manches hatte sich in den Wipfeln der Bäume verfangen, was die Geister ganz und gar nicht gebrauchen konnten.
    Der Onkel brachte mir schon früh (an Felswänden) das Klettern bei, weil es in unserer Welt undenkbar war, dies abzulehnen,
ein Kletterer kann einem höheren Zweck dienen und so vielleicht für sich und die anderen Buße tun
, meinte der Onkel, aber eigentlich konnte ich auch ohne sein Zutun von frühester Kindheit an klettern. Ich war in der Tat ein echtes Naturtalent und erkannte instinktiv, welche Griffe und Kniffe angezeigt waren, ob und wie weit Äste oder Felsvorsprünge trugen, ich erreichte die entferntesten Winkel und ließ selten etwas in den Baumkronen zurück (was nicht hingehörte). Nur die Birken ließen wir unbehelligt, denn was immer sich auch in ihren Kronen verfing, sie schüttelten es ganz alleine ab und waren stets wie blank geleckt.
Aber die anderen Bäume filtern viele Unglücksraben aus einem Sturm
, sagte der Onkel,
die können wir nicht hängen lassen
, und er wies mit der Hand auf ein nahes Geäst (wo ein lebloser Körper baumelte), und ich lief los, um seinem

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