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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Gesichtszügen, lebendigen Augen, etwas längeren Haaren – vielleicht Mitte, Ende vierzig. Er trug kurze, verschlissene Shorts und eine schwarze offene Jacke mit einem weißen T-Shirt darunter. Die Aufbauten des Bootes sahen aus der Nähe noch unförmiger aus.
    »Ich habe gerade für das Mittagessen gesorgt.«
    Leussot sprach mit einer tiefen Ruhe, die präzise zu der souveränen, sanftmütigen Stärke passte, die er insgesamt ausstrahlte. Auf der lang gezogenen Bank unter der Reling lagen zwei Angeln.
    »Eine Vieille, wunderschön, ein prachtvolles Exemplar, sehen Sie.«
    Leussot hob einen ramponierten Plastikeimer hoch, aus dem eine größere Flosse herauslugte.
    »Diesen Fisch bekommen Sie in keinem Restaurant, in keinem Fischgeschäft, nicht einmal hier bei uns an der Küste, man muss ihn innerhalb weniger Stunden nach dem Fang essen, er verdirbt sonst umgehend. Er ist einer der besten Speisefische der Welt und hier in vollkommen intakter Population zu finden – noch.«
    Auf dem sicher vierzig Zentimeter langen, dickleibigen, grün-orange-rot gefleckten Fisch schimmerten goldene Tupfen und brachen das Sonnenlicht in matten Regenbogenfarben.
    »Imposant.«
    Mehr fiel Dupin dazu leider nicht ein. Die Kavadenn schaukelte genauso wie das Schnellboot, er hatte gehofft, dass es aufgrund der paar Meter zusätzlicher Größe etwas weniger schlimm wäre.
    »Ich habe ein paar Fragen, Monsieur Leussot, Sie wissen, dass wir im Mordfall Lefort, Konan und Pajot ermitteln.«
    »Ich bin im Bilde. Wenn Sie mögen, gehen wir unter Deck, da ist es nicht sehr geräumig, aber wir haben unsere Ruhe.«
    Dupin hatte es als Witz aufgefasst. Doch Leussot schaute auf eine schmale Tür hinter dem Steuer und machte Anstalten, sich in Bewegung zu setzen. Er meinte das ernst.
    »Wenn Sie einverstanden sind, würde ich lieber – an Deck bleiben. Hier draußen an der Luft.«
    Jetzt noch beengt in einer winzigen Kammer zu sitzen war eine traumatische Vorstellung.
    »Gut. Dann kümmere ich mich um den Fisch, während wir uns unterhalten.«
    Das Beiboot war schon wieder fast an der Luc’hed.
    »Was wissen Sie über die Geschäfte des Instituts und Medimare? Sind Sie in irgendeiner Weise an diesen Geschäften beteiligt?«
    »Sie kommen ja direkt zur Sache.«
    Leussot ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Wir haben Hinweise, dass es bei diesen Geschäften nicht mit rechten Dingen zugeht.«
    Dupins Interesse, dieses Gespräch auf offener See möglichst kurz zu halten, war groß.
    Leussot zog die Augenbrauen hoch, sodass sich die tief gebräunte Stirn in Falten legte.
    »Gut. Ich sage Ihnen, was ich denke: Konan und Pajot haben das Institut betrogen, systematisch, immer wieder, zusammen mit dem Direktor, sie machten gemeinsame Sache – aber ich bezweifle, dass es sich um wirklich justiziable Dinge handelt. Das spielt sich alles in Grauzonen ab, man wird den dreien juristisch nichts anhaben können. So sehr manche Forscher im Institut sie auch hassen, sie haben das geschickt angestellt. – Das wäre für mich auch schon die Quintessenz.«
    »Wie kommen Sie zu dieser Quintessenz? «
    Leussot hatte ein langes Laguiole-Messer aufgeklappt, im selben Augenblick machte das Boot eine besonders heftige Bewegung, was die Situation – Leussot kippte halb auf Dupin zu – einen Moment bedrohlich erscheinen ließ. Dupin war zu sehr mit dem Halten des Gleichgewichts beschäftigt, um sich darüber Gedanken zu machen. Leussot bemerkte das Eigentümliche des kleinen Vorfalles und lächelte. Er nahm den großen, glänzenden und immer noch heftig zappelnden Fisch in die linke Hand und machte sich mit geschickten Bewegungen an die Arbeit. Schnell und präzise setzte er das Messer auf der Unterseite des Kopfes an.
    »Es ging auch schon einmal um meine Forschungen. Ja. Das fragen Sie sich bestimmt. Sie kaufen die Ergebnisse zu ganz frühen Zeitpunkten, auf die Gefahr hin, dass sie vielleicht doch nicht so tragfähig sind, wie es zunächst erscheint, zu teils viel zu geringen Preisen. Das Geschäftliche haben natürlich nicht die einzelnen Forscher in der Hand, sie sind am Institut angestellt. Le Berre-Ryckeboerec profitiert von den Deals unter anderem dadurch, dass Medimare das Institut sponsert – für die legendären Drittmittel sorgt.«
    Die Innereien des Fisches fielen in den Eimer. Leussot hatte ihn mit wenigen kunstvollen Handgriffen ausgenommen.
    »Pajot und Konan bekamen Patente zu extrem günstigen Preisen. Das war der Deal. Im Zweifelsfall zum

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