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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Nachteil der Forscher. Natürlich nur, wenn es sich um größere Entdeckungen handelte. Aber wie gesagt: Illegales wird da nicht nachzuweisen sein, ist meine Vermutung«, er verstummte kurz, nahm den Faden aber sofort wieder auf, »ich glaube auch nicht, dass sie den Direktor geschmiert haben, dass er persönlich Geld bekam als Gegenleistung. Auch wenn er ein aalglattes Arschloch ist.«
    Leussot stand auf und ging zum Bug, beugte sich gefährlich weit hinunter und hielt den Fisch ins Wasser – auf eine Art, die deutlich machte, dass die Unterhaltung mit Dupin währenddessen selbstverständlich weiterging. Immer noch zuckte der Fischkörper alle paar Sekunden heftig.
    »Weshalb sind Sie sich da so sicher?«
    »Intuition.«
    Dupin hatte kurz nachfragen wollen, was genau Leussot in Hinblick auf den Direktor mit »Arschloch« meinte, aber eigentlich war es bereits offensichtlich. Leussot kam zurück, legte den Fisch in einen zweiten Eimer und setzte sich wieder.
    »Worum geht es bei diesen Forschungen eigentlich konkret?«
    Dupin hatte sein Heft hervorgeholt. Bereits beim ersten Versuch, etwas zu notieren, wurde ihm klar, dass das hier auf dem Boot keine gute Idee war. Er fuhr dennoch fort, obwohl er schon jetzt wusste, dass er die nächsten Tage rätseln würde, was er hier notiert hatte.
    »Die Meere quellen über vor Schätzen, die von immensem Wert für uns Menschen sind. Wir sollten sie nutzen, bevor wir alles verwüstet haben. Nehmen Sie die großartige Chondrus Crispus, eine Rotalge, die wir gerade erforschen. Ein irres Lebewesen. Wenn sie von Mikroben angegriffen wird, verwandelt sich diese Alge buchstäblich in eine Hochleistungsfabrik für Fettsäureoxide, die man für Medikamente verwenden kann. Bis dato hat man fünfzigtausend Substanzen und Organismen aus dem Meer identifiziert, bei denen man ein therapeutisches Potenzial vermutet. Und das ist nur der Anfang. Viele davon durchlaufen schon jetzt klinische Tests, eine Reihe haben diese bereits bestanden.«
    »Großartig.«
    Dupin war tatsächlich beeindruckt. Er mochte solche Themen, manchmal kaufte er sich naturwissenschaftliche Zeitschriften, die er dann begeistert las, auch wenn er streng genommen fast kein Wort verstand.
    »Das Leben stammt aus dem Meer – die Evolution hatte hier über drei Milliarden Jahre Zeit. Sie hat in den Ozeanen ungleich mehr Formen und Funktionen hervorgebracht als an Land. Die biologische Vielfalt ist immens«, Leussot war ganz in seinem Element, dabei wirkte es kein bisschen wie eine Show, »man schätzt sie auf drei Millionen verschiedene Arten.«
    Leussot machte eine längere Pause.
    »Und gerade in dem Moment, in dem die Menschen beginnen zu begreifen, welch schier unendliche Potenziale die Ozeane bergen, sind sie es selbst, die das alles zerstören. Alles.«
    »Sie meinen die Glénan?«
    »Ich meine das große Ganze. Die Ozeane sind krank.«
    »Und Sie tun etwas dagegen?«
    Einen Moment war Leussot sichtlich aus dem Konzept gebracht, ihm war nicht klar, wie Dupin das meinte.
    »Das tue ich. Ja. Ich handle.«
    Er verstummte noch einmal, aber dann erschien auf seinem Gesicht wieder ein offenes Lächeln.
    »Ja, ich bin ein doppelt, dreifach Verdächtiger. Ich war mit Lefort verfeindet, habe gegen seine zerstörerischen Pläne opponiert, kritische Artikel geschrieben, und ich gehöre zu denen, die von Pajots und Konans Firma betrogen wurden – und ich war vorgestern Abend im Quatre Vents. Sie müssen zugeben, das ist nicht übel.«
    Auf einmal wurde sein Gesicht ernst.
    »Noch jemanden zu finden, der Motive hätte, alle drei zu töten, wird nicht leicht werden.«
    »Wenn Sie jetzt noch zu denen gehörten, die Schatzsuchen betreiben, nach gesunkenen Booten, Münzen, Gold und Silber suchen …«
    Dupin war betont prosaisch geblieben. Er hatte sich vorhin plötzlich an einen Traum erinnert, den er in den wenigen Stunden Schlaf der letzten Nacht gehabt hatte. Es war vollkommen bizarr gewesen. So peinlich, dass Dupin es vorgezogen hätte, er wäre ihm nicht mehr eingefallen. Riwal, Kadeg und er waren alte, abgetakelte Freibeuter gewesen. Mit einer lächerlich kleinen Fregatte, die dafür ein wackeres Dauerfeuer abgab, jagten sie drei stattliche Segelschiffe, überquellend vor gestohlenen Schätzen, die von Lefort, Konan und Pajot geführt wurden. Das Tollste an der kleinen Fregatte war aber gewesen: Sie konnte tauchen. Abtauchen und dann im Höllentempo hier oder dort wieder auftauchen. So brachten sie einen nach dem anderen zur

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