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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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nur auf 107 gekommen.«
    »Ich verstehe.«
    »Da vorn liegt übrigens auch ein Schiffswrack, nicht tief, man kann es vom Boot aus sehen. Ein stolzes Schiff. Eine große griechische Brigg, die Pangolas Siosif. Alle ertrunken. 1883.«
    Dupin hätte fast laut »wo?« gerufen.
    »Sie wollten sich in einem Sturm hierherretten. Genau das wurde ihnen zum Verhängnis. Das sind die Glénan. Das ist so vielen passiert. Wussten Sie, dass sich die Seelen und Geister der Ertrunkenen seit ewigen Zeiten in der Baie de Trépassés versammeln, der »Bucht der Verblichenen«? Und einmal im Jahr, an Allerseelen, huschen sie als flüchtige Gischt über die Wellenkämme. Weiße Tupfer. Noch weit entfernt von der Bucht sind schauerliche Rufe zu hören.«
    Das hatte Dupin noch nicht gewusst. Aber es war eine gute Geschichte.
    Während sie sprach, hatte Anjela Barrault beharrlich einen bestimmten Punkt vor sich fixiert. Jetzt begann sie das Boot zu drehen. Sie waren nur noch fünfzehn Meter von dem auch hier karibisch anmutenden Strand entfernt.
    »Wir können unser Gespräch gleich weiterführen. Das hier dauert nicht lange.«
    Vorsichtig lockerte Dupin seine Haltung im Türrahmen und tastete sich zur Reling.
    »Ich muss ein paar Telefonate führen.«
    »Gehen Sie nach vorn, da ist es nicht ganz so laut.«
    Der Motor befand sich im Leerlauf, durch die Auswurfrohre plätscherte das Wasser unaufgeregt dahin.
    Anjela Barrault ging zum Heck und klappte mit routinierten Bewegungen eine Art Tür in der Reling auf. Die Gruppe der Taucher war bereits nahe herangekommen.
    Dupin stellte sich in die eng zulaufende Spitze des Bugs. Hinter ihm lagen das öde, bei Flut nicht sehr große Quignénec und die beiden angrenzenden kleinen Inseln, die die Kammer Richtung Südosten abschlossen, vor ihm ein atemberaubendes Panorama des ganzen Archipels. Er holte sein Handy heraus.
    »Riwal?«
    »Ich hatte es eben versucht, Chef, Sie hatten wieder keinen Empfang. Wo sind Sie?«
    »Ist Le Menn aufgetaucht?«
    »Nein.«
    »Was ist mit der Großfahndung?«
    »Die Personenbeschreibung ist bereits über alle Radiosender gegangen. Alle Hebel sind in Bewegung gesetzt. Und wir haben schon mit seiner Frau gesprochen und uns alles erzählen lassen. Jedes Ritual. Wo er für gewöhnlich tankt, einen café trinkt, seine Zeitungen kauft, alles … Bellec und ein Kollege fahren gerade diese Orte ab.«
    »Und seine Kontakte zu den drei Toten?«
    »Seine Frau bestätigte, dass er Leforts Arzt war. Und dass sie sich an zwei, drei Male erinnert, die er vergangenes Jahr mit Lefort unterwegs war. Zuletzt bei der Transat Concarneau. Am Tag des Regattastarts. Im April.«
    Dupin erinnerte sich – vor allem auch, weil er wieder tagelang keinen Parkplatz gefunden hatte –, es war eines der großen Feste der Stadt. Nicht so groß und bedeutend wie das Festival des Filets Bleus, aber doch richtig groß. In den Tagen vor dem Regattastart war die Stadt ein einziger Festplatz mit bunten Ständen und Buden. An den Quais lagen alle teilnehmenden Boote, auf Schildern wurden die Mannschaften vorgestellt – große Helden. Hunderte kleine Wimpel schmückten die Straßen der Innenstadt. Man spürte die Stimmung. Es war eine der härtesten Regatten der Welt – von Concarneau einmal quer über den ganzen Atlantik bis nach Saint-Barth; das Besondere war, dass alle Teilnehmer exakt das gleiche Boot fuhren, es keinen Vorteil beim Material gab, Riwal erläuterte es jedes Mal aufs Neue im Detail und ausführlich: eine Figaro Bénéteau.
    »Aber seine Frau glaubt nicht, dass sie richtig befreundet waren. Manchmal hat er sich wohl auch von Lefort distanziert.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Er billigte Leforts Verhalten gegenüber Frauen nicht. Und kürzlich waren sie sich wohl auch uneinig, als es um Leforts neue Glénan-Pläne ging, erinnert sich seine Frau.«
    Interessant. Angeblich kannte keiner die neuen Pläne, abgesehen vom Stadtrat, aber alle sprachen darüber.
    »Hatte er Kenntnis von diesen Plänen?«
    »Seine Frau meinte, ja, Lefort hätte ihm vor ein paar Monaten davon erzählt.«
    »Und was genau hat er ihm erzählt?«
    »Das wusste sie nicht.«
    »Und weswegen war ihr Mann dagegen?«
    »Sie weiß nur, dass er es ökologisch für bedenklich hielt.«
    »Und seine Beziehungen zu Konan und Pajot?«
    »Sie konnte nicht sagen, ob er Konan und Pajot kannte. Wenn, dann auf alle Fälle nicht gut. Sie sagte, ihr Mann sei seit gestern sehr unruhig gewesen. Sie nahm an, dass das an der Nachricht von

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