Bretonische Brandung
Leforts Tod lag.«
»Inwiefern unruhig?«
»Er hat wenig gesprochen, sagt sie, und ist ständig aufgestanden und herumgelaufen. Gestern Abend hat er wohl mehrfach versucht, jemanden anzurufen, aber es ist ihm nicht gelungen. Seine Frau wusste nicht, wen. Heute war er anscheinend ganz früh auf den Beinen. Um sechs. Eine Stunde früher als sonst.«
»Hm.«
»Noch was?«
»Nein.«
»Ich will wissen, mit wem Le Menn in den letzten Tagen und Wochen telefoniert hat, wir brauchen die Verbindungsnachweise für all seine Anschlüsse.«
»Wir werden auch hier behaupten müssen, dass Gefahr im Verzug ist. Sonst kriegen wir das zum jetzigen Zeitpunkt nicht.«
»Gefahr im Verzug, Riwal. Absolut.«
»Gut. Ich habe eben zudem den Bericht über die Durchsuchung der Häuser der drei erhalten. Auch der Boote übrigens. Bisher wurde nichts Besonderes entdeckt. Aber es wurden die Festplatten aller Computer mitgenommen, wir werten sie nun aus.«
»Und nichts auf den Booten? Karten, Seekarten? Nichts Auffälliges?«
»Nein. Suchen wir etwas Bestimmtes?«
»Sagen Sie, dass ich alle Seekarten sehen will, wenn sie welche finden. Ich will wissen, ob einer, zwei oder alle drei in letzter Zeit wiederholt zu bestimmten Koordinaten auf dem Meer gefahren sind. Keine Ahnung, wie wir das rauskriegen sollen. Wir müssen Glück haben.«
»Heute navigieren alle elektronisch …«
»Ich bin im Bilde.«
»Sie denken wirklich an eine Schatzsuche?«
»Ich denke an alles, was möglich oder unmöglich scheint.«
»Wenn es um ein gesunkenes Schiff geht, das die drei entdeckt haben, und wenn niemand etwas davon wissen sollte, dann werden sie extrem vorsichtig gewesen sein.«
Ein lauter Knall ließ Dupin zusammenfahren. Anjela Barrault hatte die Klappe in der Reling zugeworfen und war schon wieder auf dem Weg in den Fahrstand. Am Heck herrschte ein beachtliches Gewimmel, die Taucher waren dabei, ihre Sachen unter den schmalen hölzernen Sitzflächen zu verstauen.
»Ich melde mich gleich wieder, Riwal. Ich bin auf Drénec.«
»Was machen Sie auf Drénec? Wollten Sie nicht Anjela Barrault sprechen?«
»Ich bin auf ihrem Boot.«
»Sie sind schon wieder auf einem Boot?«
»Ich melde mich, Riwal.«
Dupin hatte fast aufgelegt.
»Warten Sie.«
»Chef?«
»Hat Kadeg etwas über diesen Streit zwischen dem ehemaligen Bürgermeister und Konan rausgefunden, über diese Sache mit irgendwelchen Bergungsrechten?«
»Bellec hat bei der Mairie nachgefragt. Da hat man keinerlei Dokumente über irgendeinen Vorgang gefunden. Und auch Monsieur Tanguy wusste nicht, was Muriel Lefort mit dieser Geschichte gemeint haben könnte.«
Dupin seufzte tief.
»Bis später, Riwal.«
Der Dieselmotor fuhr wieder hoch, das tiefe Vibrieren begann von Neuem, Anjela Barrault legte den Gang ein, und das Boot nahm langsam, dann immer deutlicher Fahrt auf.
Dupin tastete sich zurück zum Fahrstand.
»Hatten Sie Empfang?«
»Ja.«
»Das ist hier draußen immer Glückssache.«
»Was wissen Sie über die Geschäftsbeziehungen zwischen Medimare und dem Institut Marine, Madame Barrault? Über Konflikte, die Leussot und andere Forscher mit dem Institut haben?«
»Eigentlich nichts. Nur dass Leussot und Lefort sich mal geprügelt haben und es unter anderem darum ging. Und dass der Direktor des Instituts ein widerlicher Typ ist.«
»Geprügelt? Leussot hat sich mit Lefort geprügelt? Eine richtige tätliche Auseinandersetzung?«
»Vor dem Quatre Vents. Vor einem Jahr ungefähr. Es war wohl Alkohol im Spiel. Aber ich weiß auch nicht mehr darüber.«
Ihr Blick wirkte auf Dupin noch verschmitzter als bisher.
»Fragen Sie Solenn Nuz.«
»Warum sie?«
»Sie weiß – das meiste.«
»Und das ist allgemein bekannt? Das mit der Prügelei?«
Das hatte noch niemand erwähnt. Jeder hier schien nur das zu erzählen, was ihm in der jeweiligen Situation passte.
»Ich denke schon.«
Dupin überlegte erneut, wie er es fertigbringen könnte, sich in dieser Position Notizen zu machen, er brauchte beide Arme für einen stabilen Halt. Er ließ davon ab.
»Welche Beziehung haben Sie zu Monsieur Leussot?«
Die Frage schien ihr nicht im Geringsten unangenehm zu sein.
»Sagen wir mal so: Sie war mal – eindeutiger, aber das ist sie schon länger nicht mehr. Wir sind Freunde. Die meiste Zeit jedenfalls.«
»Ich verstehe. Ist Leussot ebenfalls Schatzsucher?«
»Bestimmt schaut auch er hin, wenn etwas auf dem Meeresboden liegt. Er ist die ganze Zeit auf dem Atlantik unterwegs. Er hat
Weitere Kostenlose Bücher