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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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erben. Und der Kunstverein auch. Ein ganzes Haus.«
    Es war keine Frage. Madame de Denis antwortete auch nicht.
    »Drei von vier Immobilien gehen nicht an seinen Sohn.«
    »Drei von fünf.«
    »Fünf?«
    »Das Hotel.«
    »Ja, natürlich. Dennoch, das ist eine Überraschung.«
    »Ich erwarte Loic und Catherine Pennec heute um 15 Uhr, zur Eröffnung des Testaments. Mit den anderen Begünstigten werde ich für morgen früh Termine machen.«
    »Weiß Loic Pennec davon? Ich meine, hat Monsieur Pennec Ihnen gegenüber geäußert, dass sein Sohn Kenntnis hat von diesen Verfügungen des Testaments?«
    »Das vermag ich Ihnen nicht zu sagen. Über so etwas haben wir nicht gesprochen.«
    Madame de Denis dachte nach.
    »Er hat mir nie gesagt, dass sein Sohn die Bestimmungen kennt. Aber wissen Sie, das sind nicht die Angelegenheiten einer Notarin.«
    »Was meinen Sie, was sagt Ihnen Ihr Gefühl? Wenn ich das so fragen darf.«
    »Ich vermag das wirklich nicht zu sagen, Monsieur le Commissaire. Und ich fühle mich unwohl bei dem Gedanken, dass mein Gefühl bei dieser Frage eine Rolle spielen würde.«
    »Das verstehe ich, Madame. Von wann stammt das Testament?«
    »Pierre-Louis Pennec hat es vor zwölf Jahren niedergelegt. Ich habe es für ihn aufgesetzt. Seitdem ist es unverändert geblieben.«
    »Gibt es nur dieses eine Exemplar, hier bei Ihnen?«
    »Ja, nur dieses. Selbstverständlich angemessen aufbewahrt, im Haustresor wie alle wichtigen Unterlagen.«
    »Und was für ein Brief ist das, den er an Madame Lajoux geschrieben hat?«
    »Ich kenne seinen Inhalt selbstverständlich nicht. Ein persönlicher Brief.«
    »Das Ehepaar Pennec wird nicht sehr glücklich sein über dieses Testament.«
    »Es sind noch zwei weitere Verfügungen zu erwähnen. Die eine betrifft einen Schuppen. Im hinteren Teil des Grundstücks von Delons Haus liegt ein großer Schuppen, fast ein kleines Haus. Um den gab es einmal Streit zwischen Pennec und seinem Sohn, zu der Zeit, als das Testament abgefasst wurde. Der Sohn hatte dort ein Lager eingerichtet für seinen Honig. Sie wissen ja sicher von dieser Unternehmung Loic Pennecs?«
    »Nicht viel, nur dass er sich mal als kleiner Unternehmer versucht hat. Er wollte wohl bretonischen Honig verkaufen, miel de mer .«
    »Mehr weiß ich auch nicht, Monsieur le Commissaire.«
    »Gibt es denn noch Geschäfte? Wird das Lager noch genutzt?«
    »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich weiß nur, dass Pennec Delon diesen Schuppen zur Verfügung stellen wollte – er liegt ja in seinem Garten. Wie der Sohn mit seinem Honig da überhaupt reinkam, kann ich Ihnen nicht sagen. Es gab eine Auseinandersetzung, und Pierre-Louis Pennec hat das Gebäude dann doch seinem Sohn überlassen, aber das Testament sieht vor, dass es nach seinem Tod an Delon geht. Am liebsten hätte sein Sohn damals auch direkt Delons Haus bekommen und es zum Geschäft umgebaut. Ich weiß das nur, weil die Bestimmung im Testament auf diesen Streit zurückgeht.«
    »War es ein schlimmer Streit?«
    »Monsieur Pennec war sehr entschieden. Ihm war wichtig, dass diese Bestimmung des Testaments eindeutig und unumstößlich ist.«
    »Und die zweite Verfügung? Sie sprachen von zwei Verfügungen.«
    »Die zweite ist schon dreißig Jahre alt. Sie schließt seinen Halbbruder vom Erbe aus. Gänzlich.«
    »Davon weiß ich bereits. Kennen Sie den genauen Grund?«
    »Nein. Überhaupt nicht. Darüber weiß ich gar nichts. Die Verfügung lag zunächst bei meinem Vorgänger, ich habe sie mit den Akten übernommen. Die Verfügung ist auch nur ganz knapp. Sie stellt in einem Satz den Ausschluss fest.«
    Kommissar Dupin verfiel in ein kurzes Schweigen.
    »Wussten Sie von Pierre-Louis Pennecs Gesundheitszustand?«
    »Was meinen Sie?«
    »Er hatte nur noch kurz zu leben. Es war wohl ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte. Die Arterien waren vollkommen verstopft. Er war am Montag dieser Woche bei Docteur Garreg und hätte sofort operiert werden müssen, aber er hat es kategorisch abgelehnt. Er wusste, dass das seinen baldigen Tod bedeutete.«
    Madame de Denis schüttelte fast unmerklich den Kopf.
    »Nein, das wusste ich nicht. Ich hatte ihn länger nicht gesehen. Und ich habe davon auch nichts gehört.«
    »Er hat es wohl niemandem erzählt. Soweit wir zurzeit wissen.«
    Madame de Denis runzelte die Stirn, sie sprach langsam.
    »Das, wenn ich das sagen darf, Monsieur le Commissaire, klingt doch seltsam. Pierre-Louis Pennec erfährt, dass er nur noch wenige Tage zu leben

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