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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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ein paar Fragen, okay?«
    Ich nickte.
    »Du hast keinen Facebook-Eintrag. Twitterst du?«
    »Äh – nein.«
    »Chatroulette?«
    O Gott. Wurde man da aus dem PC heraus erschossen? »Nein. Nein, tut mir leid.«
    »Hast du Boulevard-Erfahrung?«
    »Äh … ich versteh die Frage nicht ganz?«
    »Bunte oder BILD? Gern auch im Ausland. Hürriyet? The Sun? Boulevard-Erfahrung ist bei Werbern von Vorteil.«
    Klar hatte ich Boulevard-Erfahrung. War ich nicht vor kurzem erst in der BILD-Zeitung gekommen? Außerdem kannte ich mich mit Königshäusern aus. Letizia war zu mager und Victoria heiratete einen Fitnesstrainer.
    »Gibt’s was Besonderes, was dich abhebt von anderen Bewerberinnen und Bewerbern?«
    Ja, dachte ich. Ihr habt sicher keinen einzigen Bewerber mit einem latenten Katastrophen-Gen. Da geht schon mal der eine oder andere Drucker oder PC futsch. Aber das werde ich euch grade noch auf die Nase binden. Über Schwangerschaften muss man ja auch nicht reden.
    Marc schien sich nicht daran zu stören, dass ich nicht antwortete. »Nächste Frage. Wir essen einmal die Woche zusammen, um das Team-Building zu fördern. Kochen abwechselnd. Würde dir das etwas ausmachen?«
    Nein, natürlich nicht. Ich würde einfach ein Fertiggericht in eine Schüssel umfüllen und als selbst gekocht ausgeben. Warum lernte man in der Schule eigentlich nicht kochen, wenn das mittlerweile als Kernkompetenz galt? Das sagte ich natürlich nicht laut.
    Stattdessen sagte ich: »Nein, im Gegenteil, ich koche sehr gern. Meine indonesischen Reispfannen sind legendär.«
    »Außerdem nehmen wir Ende September als Team am Stuttgarter Firmenlauf teil. Siebeneinhalb Kilometer durch den Schlosspark. Ein Team besteht aus vier Personen. Läufst du mit?«
    »Natürlich«, log ich. »Ich jogge regelmäßig am Blauen Weg.«
    »Letzter Punkt. Feedback. Wir gehen hier sehr offen miteinander um. Jeden Dienstag ist
Jour fixe
für
work in progress
. Jeder berichtet von seinen laufenden Projekten, die anderen sagen ihre Meinung. Das ist manchmal hart, aber immer fair. Setzt Emotionen frei. Und damit Kreativität! Wir brauchen jemand, der mit unserer schonungslosen Offenheit klarkommt. Wir besprechen jetzt, wie wir dich fanden, und weil wir so total transparent sind, bleibst du dabei und kriegst so ein direktes Feedback. Ist das okay für dich?«
    »Total okay«, heuchelte ich. Das klang nach »Deutschland sucht den Superstar«. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Nerven hatte, von Marc Bohlen verrissen zu werden.
    »Also los. Erster Eindruck?«
    Niemand antwortete.
    »Ein bisschen unsicher. Wellensittich statt Tiger. Nicht geeignet für Kundenakquisition«, sagte Marc. »Fachkompetenz? Zu lange aus dem Job draußen. Scheint sich auch nicht besonders für moderne Formen der Kommunikation zu interessieren. Wie will sie da in einer Branche mithalten, die sich dermaßen rasant verändert?« Er machte eine Pause.
    »Teamfähigkeit?«
    »Denke schon«, sagte Daniel.
    »Copytest?«
    »Also, ich fand’s süß, das mit dem Zaubertrick«, sagte Daniel. »Sie hat so was Naiv-Unverbrauchtes. Niedlichkeitsfaktor. Bringt uns vielleicht einen
change of view
. Und ich trau ihr zu, dass sie Emotionen weckt.« Dabei sah er mich mit einem Blick an, den ich nicht richtig deuten konnte.
    Marc warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Sie hat das Thema verfehlt. Wir hatten schon drei Bewerberinnen mit absolut genialen Brezelhymnen. Das Material können wir eins zu eins verwenden, selbst wenn wir sie nicht einstellen.« Er wandte sich an mich. »Eine kam sogar mit One-Man-Band auf dem Rücken und hat eine komplette Show hingelegt.«
    Ich stellte mir den Bäcker in der Backstube vor. Er zwirbelte morgens um vier Brezelärmchen, während er mit dem Fuß fröhlich das Schlagzeug auf dem Rücken bediente und die Brezelhymne sang. Ich war mir nicht sicher, ob das den Brezelverkauf anheizen würde. Sicher nicht bei den Nachbarn.
    »Gesamtnote? Drei minus. Damit ist sie draußen. Sorry. Willst du uns noch ein Feedback zu unserem Feedback geben?« Marc blickte mich nicht an, sondern ließ sich auf einen Stuhl fallen und schenkte sich einen Kaffee ein.
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    Patsy brachte mich wieder zur Tür. »Sei bloß froh, dass es nicht geklappt hat«, raunte sie mir ins Ohr. »Das sind zwei alte Chauvis. Ich such mir auch grad was Neues.« Laut sagte sie: »Tschüss dann und viel Erfolg bei der Jobsuche.«
    »Danke«, murmelte ich und stieg die Treppen hinauf.
    Ich fühlte mich,

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