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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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wär’s mit: ›Macht selbst Ihre Zahnlücke strahlend weiß?‹ « Innerlich stöhnte ich. Wie bescheuert konnte man sein?
    Marc sah mich zum ersten Mal richtig an. Er nickte anerkennend. »He, das ist nicht schlecht. Das ist sogar richtig gut! Zahnlücke, Zahnpasta. Ja, wirklich ungewöhnlich! Großes Kindergesicht mit Zahnlücke. Weckt Emotionen! Vielleicht schwäbisch? Zahluck? Weiter. Stell dir vor, wir wären keine Menschen, sondern Tiere in der Wilhelma. Was für ein Tier wärst du dann?«
    Ich schaute ihn verwirrt an. »Äh, ich verstehe nicht ganz …«
    Er seufzte und ich hatte den Eindruck, bereits aussortiert worden zu sein. »Ganz einfach. Ich zum Beispiel bin ein Tiger.« Er nahm die Hände nach oben, streckte den Kopf nach vorn und fauchte. »Ich entwickle den ganzen Tag aggressive Kundenstrategien. Okay. Jetzt du.« Er sah mich erwartungsvoll an.
    Mir fiel sofort ein Faultier ein, das gemütlich am Ast hing und Nostalgie-TV guckte. Ich merkte, wie es tief in meinem Bauch anfing zu grummeln, ein sicheres Anzeichen dafür, dass ich gleich in hysterisches Kichern ausbrechen würde. Reiß dich zusammen, Line, dachte ich, du brauchst diesen Job, oder willst du irgendwann unter der Neckarbrücke schlafen? Ich dachte fünf Sekunden an das Begräbnis von Gustav auf dem Heslacher Friedhof und das Kichern war weg. Leider fiel mir keine Antwort ein. Dann hüpfte das Kichern aus mir heraus und ich sagte verzweifelt: »Äh, ein fröhlicher Wellensittich?«
    Marc und Daniel sahen sich stumm an. Schließlich sagte Marc: »Okay. Lassen wir das. Jetzt bist du dran. Zeig uns, was du draufhast.«
    Endlich konnte ich meinen Trick vorführen! Sicher würde das bei Marc und Daniel Emotionen wecken. Ich holte das Päckchen mit den Spielkarten aus meiner Tasche. Ohne Tisch war es ein bisschen doof, aber es musste eben trotzdem gehen. Ich nahm das Kartenspiel, zählte 21 Karten ab und mischte sie. Ein, zwei Karten fielen herunter, aber das war nicht so schlimm und ich sammelte sie rasch wieder auf.
    »Ich brauche jetzt einen Freiwilligen«, sagte ich eifrig.
    Marc deutete auf Patsy. Die zuckte mit den Schultern.
    »Ich lege die Karten jetzt vor dir aus. Du merkst dir eine Karte. Aber natürlich nicht verraten, welche! Okay. Hast du eine Karte?«
    Patsy nickte stumm.
    Ich legte die Karten in drei Stapeln von jeweils sieben Karten auf den Boden. »In welchem Stapel ist die Karte?«
    Patsy deutete auf den rechten Stapel.
    Ich nahm die Karten wieder hoch und legte sie erneut in drei Häufchen aus. »Und jetzt?«
    Sie deutete auf den mittleren Stapel.
    Ich nahm die Karten auf, blätterte das Häufchen durch und präsentierte Patsy die Herz-Zehn.
    »Und?« Bitte, bitte, liebes Katastrophengen, schlaf weiter! Lass mich nur ein einziges Mal im Stich!
    »Stimmt«, sagte Patsy. Es klang nicht besonders enthusiastisch.
    Genial! Es hatte funktioniert! Ich wartete auf Beifall. Der kam leider nicht. Marc, Daniel und Patsy tauschten wieder Blicke.
    Dann räusperte sich Marc. Daniel konnte offensichtlich gar nicht sprechen. »Sehr hübsch. Bloß fehlt mir da jetzt so ein bisschen die Schlüsselbotschaft. Filterst du die noch? Verdichtest du den Kerninhalt?«
    »Welchen Inhalt?«, sagte ich verwirrt.
    »Der Zusammenhang mit dem Produkt!«
    »Welches Produkt?«
    »Na, die Brezel!«
    Ich verstand gar nichts mehr. Irgendetwas war hier gerade gnadenlos schiefgegangen. Ich spürte, wie mir vom Nacken her die Röte ins Gesicht stieg.
    Zum ersten Mal öffnete Daniel den Mund: »Auf der Postkarte war ein Weblink angegeben. Da hättest du dir einen Copytest runterladen sollen. Die Aufgabe lautete, eine Brezelhymne für die Bäckerinnung Stuttgart zu schreiben. Die sorgt sich um den Verkauf der Laugenbrezel. Aus ungeklärten Gründen werden seit einiger Zeit mehr Laugenweckle als Brezeln verkauft. Wir wollten eine Brezelhymne, um den Verkauf wieder anzukurbeln. Die sollte so einfach und eingängig sein, dass der Bäcker sie frühmorgens frohgemut in der Backstube schmettert, um sich trotz der schrecklichen Arbeitszeit zum Backen zu motivieren, und auch die Bäckereifachverkäuferinnen samt Auszubildenden sollen die Brezelhymne anstimmen, wenn ein Kunde Brezeln kauft, beziehungsweise vor allem dann, wenn er keine kauft, damit er welche kauft.«
    »Es tut mir leid«, sagte ich langsam. »Ich habe keine Brezelhymne dabei.«
    Marc seufzte. »Okay. Lassen wir das mit der Brezel. Die Idee mit der Zahnlücke war ja schon ganz nett. Wir stellen dir jetzt noch

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