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Brezeltango

Brezeltango

Titel: Brezeltango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Kabatek
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meinem Kleiderschrank, riss ihn auf, fegte wahllos Wäsche und T-Shirts aus den Fächern und durchwühlte dann den Haufen auf dem Boden.
    »Hast du sie noch alle?«, rief ich wütend.
    »Des isch doch a Agentur, oder? Mei Ex isch au en ’r Agentur gwä. Kuhl, Line! Des isch d’ Hauptsach!« Er zog ein Breitripp-Unterhemd aus dem Berg, das nicht aussah, als ob es sich daran erinnerte, dass es einmal weiß gewesen war.
    »Du bist ja verrückt!«, rief ich.
    »Net verrickt! Vintitsch Luk! Push-up dronder!«, befahl Harald.
    Da mir sowieso nichts Besseres einfiel, ließ ich das Handtuch fallen und zog Höschen, BH und Breitripp-Hemd an. »Bei Vintage Look kann man auch schon mal in der Unterhose aus dem Haus, oder?«, fragte ich.
    In dem Moment klingelte es. »Das Taxi«, rief Lila. »Ich sag ihm Bescheid, dass es noch dauert.« Sie war schon halb aus der Tür.
    »Welches Taxi?«, brüllte ich ihr hinterher.
    »Dein Taxi. Wie willst du es sonst schaffen?«
    Lila hatte recht. Mittlerweile war es fünf nach halb neun. Harald wühlte wieder in den Klamotten und streckte mir einen pinkfarbenen Jeans-Minirock mit Blümchen entgegen, den ich eigentlich irgendwann mal Lena vererben wollte. Ich schlüpfte hinein. Harald sah mich prüfend an. Dann zog er den schwarzen Ledergürtel aus seiner Jeans und legte ihn mir um. Selbst im ersten Loch rutschte er mir beinahe von der Hüfte.
    »So kann ich doch nicht zu einem Vorstellungsgespräch gehen«, jammerte ich.
    »Doch! So setsch di ab. Von dr Konkurrenz!«
    »Aber ich bin nicht enthaart! Weder auf den Beinen noch unter den Achseln!«
    »Des isch die Charlotte Rosch em Fernsäh au net gwä.«
    »Aber meine Knie! Die sind grün und blau!«
    »No häldsch halt dei Dasch drvor. On du wirsch ja wohl ama Disch hocka firs Interview. Jetz fähld no a Sonnenbrill, on Sprengrstiefel drzu.«
    Ich schnappte meine Angelina-Jolie-Sonnenbrille und meine Tasche und drückte Harald einen Kuss auf die Backe. »Ich hab keine Springerstiefel. Aber danke. Das war wirklich sehr nett von dir.«
    »Koi Ursach. Viel Glick.«
    Im letzten Moment fielen mir die Spielkarten ein. Ich stopfte sie noch in die Tasche, rannte hinunter und fuhr in meine Flip-Flops. Lila stand an der Tür, einen Lippenstift in der Hand.
    »Lippen breit machen!«, bellte sie und malte mir die Lippen an. »Und jetzt raus mit dir! Du schaffst das!«
    »Danke! Was hätte ich ohne dich … ohne euch nur gemacht! Ihr habt wirklich was gut bei mir!« Ich sprang in das Taxi, das mit laufendem Motor vor der Tür wartete. »Ich muss nach Cannstatt. Nürnberger Straße. So schnell wie möglich! Ich hab ein Vorstellungsgespräch. In zehn Minuten!«
    Ich lehnte mich zurück und schloss erschöpft die Augen. Ich war schon wieder total verschwitzt, aber wenigstens hatte ich jetzt noch ein bisschen Zeit, um zur Ruhe zu kommen und mich innerlich vorzubereiten. In dieser Sekunde klingelte mein Handy. Nein, ich würde jetzt nicht rangehen. Ich musste mich sammeln! Und wenn der Kaiser von China höchstpersönlich anrief! Ich warf einen Blick auf die Nummer. Katharina. Ich musste wissen, wie es Lena ging.
    »Hallo, Katharina. Alles in Ordnung mit Lena?«
    »Morgen, Line. Lena ist in der Schule. Es geht ihr gut. Den Umständen entsprechend, meine ich. Ich … ich …« Sie brach hilflos ab.
    »Katharina, es ist grad ziemlich schlecht, ich bin auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch. Kann ich dich später zurückrufen?«
    »Ich wollte dich fragen … Kann ich dich heute Nachmittag treffen? Irgendwo, wo es ruhig ist? Ich wollte sowieso nach Stuttgart, um für Salos Geburtstag einzukaufen.« Sie heulte los wie ein Schlosshund.
    Auch mir steckte ein Kloß im Hals. Das konnte ich jetzt gerade wirklich nicht brauchen. »Sicher, nach meinem Vorstellungsgespräch habe ich Zeit. Vielleicht im Eiscafé
Fragola
am Bismarckplatz?«
    »Mir wär’s irgendwo in der Stadt lieber, dann muss ich nicht extra in den Westen.«
    »Dann im Café
Eberhard
? Da kann man schön draußen sitzen.«
    Wir verabredeten uns für die Nachmittagszeit. Dann sah ich, dass ich noch eine SMS von Leon bekommen hatte. Leon, war das nicht mein Freund, der gerade mit meiner powackelnden Erzfeindin im Schwarzwald turtelte? Später. Ich stopfte das Handy in die Tasche und versuchte den hektischen Morgen und alles, was gestern geschehen war, komplett auszublenden. Rote Perle. Ich bin gaaanz ruhig. Wenn nur der Zaubertrick klappte!
    Das Taxi hielt vor der Agentur in Cannstatt. Eine Minute nach

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