Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
dass ich eine große Macht darstellte, mit der sie sich verbunden fühlten.
Ich nannte mich nun Stefan Ferrenzig, was in jener Gegend ein häufiger Name war. Doch das war nur der erste von vielen Namen, die ich führte. Dreißig Jahre nach meiner endgültigen Heilung wurde ich zu Stefans »Sohn« und nannte mich Peter, und wiederum dreißig Jahre später war ich Karl, und danach Grigor. Man sollte von einem Manne nicht glauben, er lebe zu lang, und ganz bestimmt nicht gar Jahrhunderte! Verstehst du?
Ich vermied es, die Grenze der Wallachei zu überschreiten. Denn es gab in der Wallachei einen, der bereits für seine Stärke und Grausamkeit bekannt war: einen mysteriösen Söldner-Wojwoden namens Thibor, der im Auftrag der wallachischen Prinzen ein kleines Heer befehligte. Und ich hegte nicht den Wunsch, ihn zu treffen, der eigentlich meine Ländereien und Besitztümer in der Horvathei hüten sollte. Nein, ich wollte ihm nicht begegnen, jetzt noch nicht! Oh, ich bezweifelte, dass er mich erkennen würde, denn ich war in höchstem Maße verändert. Doch sollte ich ihm über den Weg laufen, würde ich mich möglicherweise nicht beherrschen können! Was sich als fatal herausstellen mochte, denn während der Jahre meines Heilungsprozesses hatte er nicht geruht und war stark geworden, ja, in der Tat war er die geheime Macht hinter dem Thron der Wallachei. Er hatte seine eigenen Szgany – die Szekely, sehr gut gedrillt, und er befehligte ja außerdem das Heer eines Prinzen, während ich lediglich eine ungeübte Bande von Zigeunern und Bauern anführte.
Nein, meine Rache konnte warten. Was bedeutet für einen Wamphyri schon Zeit?
So wartete ich weitere sechzig Jahre, hielt mich zurück, benahm mich unauffällig und blieb im Verborgenen. Mittlerweile besaß ich eine beträchtliche Streitmacht, Männer, die für Geld kämpften, wilde Söldner, und ich überlegte mir, wie ich diese am besten nutzen könne. Ich war versucht, sie gegen Thibor und seine Wallachen einzusetzen, aber ein offener Kampf entsprach nicht meinen Neigungen. Ich wollte den Hund vor mir auf den Knien sehen, damit ich mit ihm nach meinem Gutdünken verfahren konnte. Ich wünschte kein Aufeinandertreffen auf dem Schlachtfeld, denn ich hatte seine Kraft und Schlauheit aus erster Hand kennengelernt. Möglicherweise hielt er mich mittlerweile für tot. Am besten beließ ich es dabei, denn meine Zeit würde kommen.
Und doch war ich ruhelos, fühlte mich eingepfercht wie ein Stück Schlachtvieh. Dort stand ich nun, leidenschaftlich, stark, ein mächtiger Mann, und ich fand keine Möglichkeit, meine Kräfte zu erproben. Es war an der Zeit, in diese aufgewühlte Welt hinauszuschreiten.
Dann hörte ich von einem großen Kreuzzug der Franken gegen die Moslems. Die Welt befand sich im zweiten Jahr ihres dreizehnten christlichen Jahrhunderts, und zur gleichen Zeit segelte eine Flotte gen Zara. Ursprünglich hatten die Kreuzfahrer vorgehabt, Ägypten anzugreifen, das zu der Zeit das Zentrum der moslemischen Macht war, doch die Heere wurden Opfer einer langen Fehde mit Byzanz. Der alte Doge von Venedig, der die Flotte stellte und selbst ein erbitterter Feind der Byzantiner war, hatte die Landheere zuerst nach Ungarn umgeleitet. Zara, erst kürzlich von den Ungarn erobert, wurde von den Venezianern und den Kreuzfahrern gemeinsam im November des Jahres 1202 zurückerobert und geplündert, und zu dieser Zeit war ich bereits mit einer ausgewählten Schar meiner Anhänger nach dieser bedeutsamen Stadt unterwegs. Der ungarische König, dessen Untertan ich nominell war, glaubte, ich ziehe in seinem Namen gegen die Kreuzfahrer, und legte mir keinen Stein in den Weg. Als ich jedoch Zara erreichte, trat ich in Dienst und Sold seiner Gegner und nahm das Kreuz, wie ich es beabsichtigt hatte.
Mir schien es am besten, in Gesellschaft der Kreuzfahrer in die Welt hinauszuziehen. Doch wenn ich auf baldige Schlachten gehofft hatte, wurde ich enttäuscht. Die Venezianer und die Franken hatten die Beute in der Stadt bereits untereinander aufgeteilt. Sie hatten sich wohl zuerst darum gestritten, aber schließlich geeinigt. Und nun beschlossen der Doge und Bonifazius von Montferrat, der den Zug leitete, den Winter in Zara zu verbringen.
Die eigentliche Absicht und der Zweck dieses vierten Kreuzzugs war natürlich die Zerschlagung der Moslemreiche. Viele Kreuzfahrer jedoch waren der Meinung, Byzanz habe die Christenheit während der gesamten Heiligen Kriege verraten und im Stich
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