Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
seltsamerweise auch seine unerschrockenen Augen, in denen sich der Mondschein spiegelte.
Thibor ertappte sich dabei, wie er sich eine hellere Beleuchtung wünschte. Es lag etwas in den Zügen des anderen, das ihn abstieß. Er sah vor sich einen verformten Schädel und wunderte sich, dass dieser ihn nicht weiter beunruhigte. Doch eine geheimnisvolle Kraft bannte ihn und zog ihn an wie einen Falter die alles verschlingende Flamme. Er wurde gleichzeitig angezogen und abgestoßen.
Als ihm bewusst wurde, dass er unter einen eigenartigen krankhaften Bann geriet, richtete er sich zur vollen Größe auf und zwang sich zum Sprechen: »Teilt Eurem Herrn mit, dass ich Wallache bin. Ich komme, um mit ihm bedeutsame Dinge zu besprechen.«
Der Mann im Umhang trat näher heran und nun beschien der Mond sein Gesicht. Es war das Gesicht eines Mannes und kein bloßer Schädel, aber etwas Wölfisches lag in diesen Zügen, eine beinahe abartige Länge der Kiefer und der Ohren.
»Mein Herr nahm das bereits an«, sagte er, und eine gewisse Härte schlich sich in seinen Tonfall ein. »Aber es spielt keine Rolle – was sein muss, wird sein, und Ihr seid nur ein Bote. Bevor Ihr jedoch von diesem Punkt hier weitergeht, denn hier ist die Grenze, muss mein Herr sichergehen, dass Ihr aus freiem, eigenem Willen kommt.«
Thibor hatte seine Selbstbeherrschung wiedergefunden. »Niemand hat mich hier heraufgeschleift«, schnaubte er.
»Doch Ihr wurdet gesandt …?«
»Ein starker Mann kann nur dorthin ›gesandt‹ werden, wo er sich hinbegeben will«, antwortete der Wallache.
»Und Eure Männer?«
»Wir gehören zu Thibor«, sagte der Gebeugte. »Wo er hingeht, da gehen auch wir hin – aus eigenem Willen!«
»Sogar zu jenem, der Wölfe ausschickt, um seine Befehle auszuführen«, fügte Thibors zweiter Begleiter hinzu.
»Wölfe?« Der Fremde runzelte die Stirn und hielt den Kopf fragend ein wenig schräg. Er sah sich aufmerksam um, und dann lächelte er amüsiert. »Ihr meint die Hunde meines Herrn?«
»Hunde?« Thibor war sicher, Wölfe gesehen zu haben. Jetzt jedoch erschien ihm diese Vorstellung lächerlich.
»Jawohl, Hunde. Sie kamen mit mir heraus, denn es ist eine schöne Nacht. Doch sie sind nicht an Fremde gewöhnt. Sie sind nach Hause gerannt.«
Thibor nickte, und nach einer kleinen Weile sagte er: »Also seid Ihr gekommen, um uns auf halbem Weg zu treffen. Ihr wollt uns begleiten und uns den Weg zeigen.«
»Nein.« Der andere schüttelte den Kopf. »Arvos kann das ganz gut. Ich kam lediglich, Euch zu begrüßen und zu sehen, wie viele Ihr seid – und um sicherzugehen, dass Eure Gegenwart hier nicht erzwungen wurde. In anderen Worten, dass Ihr aus freiem Willen gekommen seid.«
»Ich wiederhole es noch einmal«, knurrte Thibor, »wer könnte mich zwingen?«
»Oh, es gibt Zwang und Druck …« Der Mann zuckte die Achseln. »Aber wie ich sehe, seid Ihr niemandes Knecht.«
»Ihr erwähntet unsere Anzahl.«
Der Mann im Umhang zog die Augenbrauen hoch. Sie liefen in der Mitte spitz zu wie Hausgiebel. »Wegen Eurer Unterbringung«, antwortete er. »Warum wohl sonst?« Und bevor Thibor etwas darauf sagen konnte: »Jetzt muss ich vorausgehen und alles vorbereiten.«
»Es wäre mir peinlich, wenn wir Eurem Herrn zu sehr zur Last fallen«, sagte Thibor schnell. »Es ist schon schlimm genug, als ungebetener Gast zu erscheinen, doch schlimmer noch, falls andere ihre angestammten Quartiere räumen müssten, um Platz für uns zu schaffen.«
»Oh, es gibt Platz genug«, erwiderte der Mann. »Und Ihr kommt auch nicht ganz unerwartet. Zudem ist das Haus meines Herrn eine Burg, beherbergt jedoch weniger Menschenseelen als Ihr hier seid.« Es war, als hätte er Thibors Gedanken gelesen und die Frage beantwortet, die er im Sinn gehabt hatte.
Nun neigte er den Kopf in Richtung des alten Zigany. »Lasst Euch jedoch warnen! Der Pfad an der Klippe entlang ist unsicher und ein wenig gefährlich. Achtet vor allem auf herabstürzendes Gestein!« Und noch einmal verabschiedete er sich von Thibor: »Auf später dann!«
Sie sahen ihm nach, wie er sich umdrehte und den ›Hunden‹ seines Herrn folgte, den engen Pfad entlang, der den mit Steinen übersäten Hang empor verlief.
Als er im Schatten weiter oben verschwunden war, packte Thibor Arvos beim Hals. »Keine Gefolgsleute?«, zischte er dem alten Zigeuner ins Gesicht. »Keine Diener? Was sollte das – seid Ihr nur ein kleiner Lügner, oder seid Ihr etwa ein ganz großer Lügner? Der
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