Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
musste Ilya zuerst britischer Staatsbürger werden. Das war kein Problem, denn sollte sich die Gelegenheit ergeben, hatte er das ohnehin vorgehabt, aber er musste noch ein Vertragsjahr beim Institut ableisten, und danach ein weiteres Jahr in Bukarest, bevor er den Posten annehmen konnte.
Dieses letzte Jahr in Rumänien wurde ein trauriges, gerade weil es das letzte war. Aber gegen Ende seiner Verpflichtungen dort war Ilya doch froh gewesen. Der Krieg hatte zehn Jahre zurückgelegen, und die Luft in den sich wieder belebenden Städten – der Smog Londons und der ständige Nebel in Bukarest – hatte seiner Gesundheit nicht gut getan. Auch der saure Geruch zerfallender alter Bücher in Bibliotheken und Kursräumen war seiner Atmung nicht gerade zuträglich. Seine Gesundheit hatte auf jeden Fall ein wenig gelitten.
Sie hätten sofort nach Beendigung seiner Tätigkeit nach England zurückkehren können, doch ein Arzt in Bukarest hatte ihm davon abgeraten. »Bleiben Sie noch den Winter über«, hatte er empfohlen, »aber nicht in der Großstadt. Gehen Sie hinaus aufs Land! Lange Spaziergänge in der sauberen frischen Luft – das ist es, was Sie benötigen! Abende am offenen Kamin und einfach das Leben genießen. Wenn man weiß, dass draußen Schnee liegt, und es drinnen schön warm hat, kann das sehr angenehm sein. Sie gewinnen an Lebensfreude.«
Es schien ein guter Rat zu sein.
Ilya sollte seine Tätigkeit im Außenministerium erst Ende Mai aufnehmen. So verbrachten sie Weihnachten mit Freunden zusammen in Bukarest, und dann, das neue Jahr hatte kaum begonnen, nahmen sie den Zug nach Slatina unter den Alpen. Tatsächlich stand die Stadt am Hang der Vorberge, doch die Einwohner sagten für gewöhnlich, sie lebten »unter den Alpen«. Dort mieteten sie so etwas wie eine alte Scheune, ein Stück entfernt von der Straße nach Pitesti, und richteten sich rechtzeitig ein, bevor die ersten schwereren Schneefälle des jungen Jahres einsetzten.
Ende Januar waren die Schneepflüge am Werk und befreiten die Straßen vom Schnee. Ihre blauen Auspuffgase hingen beißend in der scharfen eiskalten Luft, und die Menschen liefen bis an die Ohren vermummt herum. Sie wirkten eher wie wandelnde Kleiderbündel.
Ilya und Georgina rösteten Kastanien über einem prasselnden Kaminfeuer und schmiedeten Pläne für die Zukunft. Bislang hatten sie noch keine Kinder haben wollen, denn ihr Leben war einfach zu unruhig verlaufen. Doch nun … nun war der richtige Zeitpunkt gekommen.
Sie hatten es tatsächlich bereits zwei Monate zuvor probiert, aber Georgina war sich noch nicht sicher. Allerdings hegte sie die Hoffnung …
Am Tag hielten sie sich in der Stadt auf, soweit es der Schnee gestattete, und nachts waren sie hier in ihrer ›Bruchbude‹, lasen oder liebten sich ganz entspannt auf dem Boden vor dem Kamin. Meist bevorzugten sie das Letztere.
Innerhalb eines Monats, nachdem sie Bukarest verlassen hatten, ließ Ilyas Reizhusten stark nach und seine frühere Kraft kehrte zurück. In typisch rumänischem Eifer genoss er es, diese Kraft an Georgina auszulassen. Der Aufenthalt hatte sich zu zweiten Flitterwochen entwickelt.
Mitte Februar war das Unmögliche Wirklichkeit geworden: drei aufeinanderfolgende Tage mit klarem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Und fast der gesamte Schnee schmolz. Am Morgen des vierten Tags sah es überall wie im Vorfrühling aus.
»Noch zwei oder drei Tage schönes Wetter«, raunten die Ortsansässigen weise, »und dann werdet Ihr hier Schnee erleben, wie Ihr ihn noch nie gesehen habt! Also genießt das Wetter, solange es hält!« Ilya und Georgina hatten beschlossen, genau das zu beherzigen.
Im Laufe der Jahre war Georgina unter Ilyas Anleitung zu einer recht guten Skifahrerin geworden. Es mochte lange dauern, bis sie wieder eine Gelegenheit zum Skifahren hatten. Hier unten in der Steppe waren vom Schnee nur große graue Haufen neben den Straßen verblieben, doch ein paar Kilometer weiter, an den Alpenhängen, lag noch reichlich davon.
Ilya mietete ein Auto für ein paar Tage – einen verbeulten alten Käfer – und zwei Paar Ski, und gegen 13.30 Uhr an jenem schicksalsträchtigen vierten Tag waren sie in die Berge gefahren. Zum Mittagessen hielten sie an einem winzigen Gasthaus am Nordende von Ionesti an, bestellten Gulasch, das sie mit starkem Kaffee hinunterspülten, und beendeten die Mahlzeit mit einem Glas Slibowitz für jeden, um sich ›den Mund auszuspülen‹.
Danach fuhren sie weiter hinauf
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